Pilotprojekt gestartetSchulexpress ersetzt in Bergisch Gladbach das Elterntaxi

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Eine Lehrerin und ein Polizist helfen Grundschülern über die Straße.

Lehrerin Regina Lühr und Bezirkspolizist Achim Flocke weisen beim Probelauf des Schulexpress in Bergisch Gladbach auf Gefahren im Straßenverkehr hin.

Das Pilotprojekt „Bus mit Füßen“ in Bergisch Gladbach, das Kinder sicher zu Fuß zur Schule bringen soll, ist gestartet.

Der erste Schulexpress in der Stadt läuft. Das Pilotprojekt, das Kinder sicher zu Fuß zur Schule und wieder nach Hause bringen soll, ist am Dienstag an der Grundschule In der Auen in Refrath gestartet. Ziel ist es, dem Verkehrschaos entgegenzuwirken, das jeden Tag entsteht, weil Eltern ihre Kinder im Auto zur Schule bringen. Ein Probelauf zeigt: Ein bisschen muss noch nachgebessert werden. Und es wird immer unvorhersehbare Situationen geben.

Das Prinzip: Eine kleine Schülergruppe läuft wie ein Linienbus nach einem Fahrplan feste „Haltestellen“ an. Das sind acht vorher festgelegte Sammelpunkte in einem Radius von rund zwei Kilometern rund um die Grundschule In der Auen.

Selbstständigkeit der Kinder soll gestärkt werden

Sie sind mit gelben Aufklebern in Form von Füßen sowie Schildern an Laternen gekennzeichnet. „Wer zu Fuß geht, ist schon groß“, bestärkt Schulleiter Anton Pezl die Kinder zu Beginn des eigens initiierten Projekttags zum Thema Verkehrssicherheit.

„Unsere Intention ist es, die Selbstständigkeit der Kinder zu stärken“, ergänzt Pezl im Interview mit dieser Zeitung. Ihm fallen noch andere Vorteile ein: Ein klassenübergreifendes Kennenlernen kann zu neuen Freundschaften führen. Die Kinder bewegen sich schon morgens und können sich später in der Schule besser konzentrieren.

Kinder gehen hintereinander. Geführt werden sie von zwei Eltern.

Beim Probelauf üben die Kinder, die Strecke zur KGS In der Auen zu Fuß zu gehen.

„Wenn wir nur fünf Eltern dafür gewinnen könnten, loszulassen, wäre schon viel gewonnen“, sagt der Schulleiter. Er schätzt, dass von den 166 Schülern an seiner Grundschule etwa 40 von den Eltern vorgefahren werden.

Auch am Dienstagmorgen ist das wieder zu beobachten. Ab 7.50 Uhr, kurz vor Unterrichtsbeginn, geht es los. Auf der engen Schwerfelstraße parken Eltern im absoluten Halteverbot vor dem Schultor, steigen aus, um den Ranzen ihres Kindes noch bis zum Eingang zu tragen. Andere lassen ihre Kinder sogar auf offener Straße aussteigen.

Über die angespannte Verkehrslage beklagen sich schon seit Längerem die Anwohner von Schwerfelstraße und Asternstraße . Sie befürchten durch den zum Schuljahresbeginn in Betrieb gegangenen Erweiterungsbau und die damit steigenden Schülerzahlen, dass die Hol- und Bringverkehre noch weiter zunehmen.

Nicht alle Strecken eignen sich für den selbstständigen Schulweg

Monika Kellermann, Schulpflegschaftsvorsitzende, betrachtet das Modell als einen Schulversuch, um gefährliche Situationen zu entzerren. „Es ist ein Angebot an die Eltern, keine Verpflichtung“, betont sie. Allerdings seien längst nicht alle Strecken für den eigenständigen Schulweg geeignet. Manche Kinder wohnten weiter weg.

Kellermann hofft aber, dass betroffene Eltern ihre Kinder trotzdem nicht mehr am Schultor abgeben, sondern stattdessen an einer der Haltestellen. In den ersten zwei Wochen begleiten noch Eltern den „Bus auf Füßen“. Dann sollen sich die Kinder zusammen auf den Weg machen.

Beim Testlauf ist die Gruppe von Erst- und Zweitklässlern sehr motiviert: „Mir macht der Schulweg Spaß, wenn ich ihn mit meiner Freundin gehen kann.“, „Dann habe ich mal Ruhe vor meinen Geschwistern“, „Wir können ungestört quatschen, ohne Eltern und Lehrer“, lauten die Kommentare der Kinder.

Darunter ist ein Mädchen, das mit dem Auto gebracht wird. „Bei unseren Arbeitszeiten geht das gar nicht anders“, erzählt ihr Vater. Er habe aber auch Angst, dass seiner Tochter auf dem Schulweg etwas zustoße. „Man muss ja nur die Zeitung aufschlagen, um zu erfahren, was alles Schlimmes passieren kann“, meint er.

Ein Auto parkt auf den gelben Fußabdruck-Aufklebern 

Bei dem Probelauf trifft die Schülergruppe in der Ackerstraße auf ein unerwartetes Problem. Ein Auto parkt auf der Markierung, die den Kindern signalisieren soll, dass sie an dieser Stelle auf die andere Straßenseite wechseln sollen. So sind die beiden gelben Fuß-Aufkleber verdeckt. „Das müssen wir noch nachbessern“, verspricht Mobilitätsmanager Jonathan Benninghaus. An diesen Querungspunkten sollen Halteverbotszonen eingerichtet werden: „Aber das geht leider nicht von heute auf morgen.“

Eine zweite Irritation taucht am Startpunkt der Route an der Ecke Ackerstraße/Am Eichenkamp auf. Im „Haltestellenplan“ —bereits als Prospekt gedruckt und an alle verteilt — ist die Laterne, die als Treffpunkt ausgewählt wurde, auf dem Plan mit der Nummer 12 ausgezeichnet, trägt aber tatsächlich die Nummer 13. Außerdem steht diese Laterne, an der das Haltestellenschild angebracht ist, nicht wie ausgezeichnet vor dem Haus mit der Nummer 51,sondern vor der Hausnummer 57.

An der GGS Hebborn, der zweiten Schule im Stadtgebiet, an der das Schulexpress-Modell umgesetzt wird, verzögert sich der Starttermin, berichtet Benninghaus. Grund seien die Bauarbeiten an der Sofortschule, die dort noch liefen. Es bestehe die Option, das Angebot bei Interesse auf andere   Schulstandorte auszuweiten. Wie hoch genau die Kosten sind, dazu gibt es gestern keine Auskunft. Vor einem Jahr wurden die Ausgaben für beide Schulen in Refrath und Hebborn auf 4500 Euro geschätzt.

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