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Straßennamen in Bergisch GladbachAktivisten geben beim Hindenburgplatz nicht nach

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Kriegerdenkmal

Nicht nur der Name des Hindenburgplatzes ist Stein des Anstoßes, sondern auch das martialische Kriegerdenkmal. Dies soll bei der Neugestaltung beachtet werden.

Bergisch Gladbach – Vor etwa zwei Wochen hat eine Gruppe junger Aktivisten das Namensschild des Hindenburgplatzes in Bensberg überklebt. „Patricia-Wright-Str.“ war dort plötzlich zu lesen. Nicht ganz legal natürlich, die Aktion, postwendend ließ die Stadt das Hinweisschild entfernen und verwies auf einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 2013, den umstrittenen Namen beizubehalten.

Symbolkraft entwickelt die aktuelle Initiative dennoch. Bekannte Kulturschaffende wie Georg Becker, Klaus Hansen, Klaus Wohlt und Axel Becker springen den jungen Leuten bei und wollen die Debatte um die Benennung geschichtsträchtiger Plätze in Bergisch Gladbach wieder eröffnen. „Gefreut habe ich mich, als ich das überklebte Straßenschild Hindenburgplatz sah“, sagt Georg Becker. „Gefreut darüber, dass junge Leute ein politisches Thema aufgreifen. Lassen wir uns zusammentun und uns gemeinsam dafür einsetzen, dass eine Änderung der Namen erfolgt.“

Erklärtafel am Straßenschild reicht den Kritikern nicht

Zwar ist mittlerweile ein Hinweis auf die historische Rolle Hindenburgs und ein QR-Code mit Informationen an dem Schild angebracht worden. Doch ein QR-Code, so Becker, käme bei vielen gar nicht an, und das Schild könne nicht annähernd die Problematik beschreiben.

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Zu lesen ist dort: „Seine (Hindenburgs, d. Red.) Mitwirkung an der Machtübertragung an Hitler 1933 ist Anlass kritischer Diskussionen.“ Das ist den Kritikern viel zu dürftig.

Die Frage der Benennung war erstmals aufgekommen im Zusammenhang mit einer Diskussion über die Neugestaltung der Innenstadt im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes Bensberg (InHK), bei der es auch um den den angrenzenden Deutschen Platz ging. Das will Georg Becker aufgreifen: „Der Deutsche Platz hieß bis zur Machtergreifung Hitlers und der Nationalsozialisten Friedensplatz. Warum ist er danach nicht wieder so genannt worden?“

Becker verweist auf die französische Partnerstadt Bourgoin-Jallieu, die aus ihrem Kriegerdenkmal ein Friedensdenkmal geschaffen hat, hergestellt aus dem Stein des alten Denkmals. „Das sieht zwar ein bisschen kitschig aus, aber ist eine überzeugende Geste. So etwas könnte ich mir auch in Gladbach vorstellen.“

Bereits im Dezember 2020 hatte Klaus Hansen in einem Brief an die Vertreter aller Parteien des neuen Stadtrates und Bürgermeister Frank Stein für eine Wiederaufnahme des Themas plädiert mit Hinweis auf die veränderten Mehrheiten in dem politischen Gremium. Hansen: „Auch wenn die Umbenennung nicht einfach werden sollte, weil die hier wohnenden Menschen überzeugt werden müssen, könnte der Stadtrat ein Zeichen des Friedens zu setzen, statt die Würdigung des Krieges und des Kriegers durch die Ehrung des Militaristen und Monarchisten beizubehalten. Das gilt übrigens auch für das Tannenberg-Straßenschild in der unmittelbaren Nähe des Beit-Jala-Platzes.“

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Sein Vorschlag: Ein neuer Name für den gesamten Park drumherum, einschließlich der beiden Plätze. Das Minimum aber sei die Aufstellung klar formulierter und historisch korrekter Tafeln.

Initiative zur Umbenennung gab es schon in den 90er Jahren

Dies fordert auch die Erinnerungspolitische Initiative BGL, wie sich der lose Zusammenschluss junger Gladbacher Bürger nennt. „Der Brief von Georg Becker hat uns sehr gerührt, weil er noch mal die historische Kontinuität der Debatte um den Platz aufzeigt“, sagt Sprecher Alex. Er verweist auf verschiedene Initiativen seit den 1990er Jahren, darunter eine Arbeit von Schülern und Schülerinnen eines Bergisch Gladbacher Gymnasiums, die eine historische Arbeit über den Hindenburgplatz verfasst haben. „Leider blieben diese trotz ihrer guten Argumente und praktischen Ideen immer wieder ungehört.“

Der Sprecher setzt Hoffnungen auf Bürgermeister Frank Stein und die Politiker. Die Pressestelle der Stadt bestätigt auf Anfrage: Stein wird – nachdem er bereits Anfang Februar seine Bereitschaft zur Kontaktaufnahme signalisiert hat – noch einmal aktiv auf die Initiativgruppe der jungen Leute zugehen, um auch sie anzuhören und mit ihnen ein Gespräch führen zu können.

Umstrittene Straßennamen im Kreis

In der Publikation „Heimat zwischen Sülz und Dhünn, Heft 27, schreibt Karl Heinz Fröhlingsdorf über die Vereinnahmung von öffentlichem Raum am Beispiel der Nationalsozialisten: „So wurde die heutige Hauptstraße schon 1934 nicht nur für das Teilstück Wilhelmstraße, sondern einschließlich der bisherigen Gronauer Straße und der Wipperfürther Straße zur Adolf-Hitler-Straße, was jedoch in der Öffentlichkeit nicht unumstritten war.

Ebenfalls nach einer „Parteigröße“ benannt wurde die in dieser Zeit angelegte Dr.-Robert-Ley-Straße zu Ehren des Reichsorganisationsleiters der NSDAP und Leiters der Deutschen Arbeitsfront, der durch seinen Geburtsort persönliche Beziehungen zum Bergischen Land hatte. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde die Adolf-Hitler-Straße schon 1945 in Hauptstraße umbenannt, ebenso die Dr.-Robert-Ley-Straße in Dr.-Ferdinand-Schmitz-Straße, die heute den Namen Jakob-Kirch-Straße trägt.

Einige andere Straßen hat ihre „nationalsozialistische Vergangenheit“ erst 1989/1990 im Zuge einer umfassenden Diskussion eingeholt: die Heinrich-Lersch-Straße, umbenannt in Eintrachtstraße, die Rückampstraße, umbenannt in Johann-Bendel-Straße, und den erst 1965 benannten Carl-Diem-Weg, der nun „Am Stadion“ heißt.

Zuletzt hatte es vergleichbare Debatten etwa um die Ernst-Moritz-Arndt-Straße in Refrath und die Agnes-Miegel-Straße in Bensberg gegeben; der eine ein radikal antisemitischer Historiker, die andere Dichterin, die Adolf Hitler treu ergeben war. In beiden Fällen lehnte der Stadtrat die Umbenennung ab. (eck)

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