Zermürbt von Krise und CoronaAutohaus Lüttgen schließt nach über 90 Jahren

Schon Jahrzehnte ist das Autohaus Lüttgen an der Odenthaler Straße in Bergisch Gladbach eine bekannte Adresse.
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Bergisch Gladbach – Im Betrieb des Autohauses Lüttgen in Bergisch Gladbach gehen bald die Lichter aus. „Das ist ein schwerer Gang“, sagte gestern Geschäftsführer Markus Lüttgen. Das Familienunternehmen, das seit 1928 die Marke Ford vertreibt, werde bis Mitte des Jahres schließen. 45 Beschäftigte sind von der Geschäftsaufgabe betroffen.
„Wir haben unseren Optimismus verloren.“
„Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen am Automobilmarkt haben wir kein Geschäftsmodell für uns gefunden“, erläutert Lüttgen. „Wir haben auch unseren Optimismus verloren.“ Denn die Verunsicherung am Fahrzeugmarkt nehme Jahr für Jahr zu. „Wir haben 2018/2019 auf Wachstum gesetzt und noch mal investiert. Leider war dann schon vor der Pandemie der Vertriebsrückgang spürbar“, beschreibt der Unternehmer die wirtschaftlich schlechte Lage.
Die Beschränkungen der Corona-Pandemie hätten die negativen Zahlen weiter verstärkt. Lüttgen beziffert den Vertriebsrückgang des Autohauses, das die Marke Ford – bis vor einigen Jahren auch Fiat und Alfa Romeo – vertreibt, auf 20 Prozent. Im Dezember sei klar gewesen: „Bevor es noch schlimmer wird, ziehen wir die Reißleine.“ Direkt nach den Weihnachtsfeiertagen hat die Unternehmensleitung die Belegschaft über die Betriebsschließung informiert.
Besuch der Vize-Präsidentin der Ford Motor Company
Als einer der zehn ältesten Ford-Händler Deutschlands hat sich das Autohaus Lüttgen in Bergisch Gladbach einen Namen gemacht. Seit 1928 ist der Betrieb Partner des Autoherstellers. Im Herbst 2015 ließ es sich Elena Ford, Ur-Ur-Enkelin des Unternehmensgründers Henry Ford, nicht nehmen, das Gladbacher Autohaus zu besichtigen. Sie wollte vor Ort sehen, wie die damals neue weltweite Strategie für die Automarke mit Einrichtung der Ford-Stores ankommt. Für Lüttgen war dies ein persönlicher „Ritterschlag“ von der Vize-Präsidentin der Ford Motor Company. Viele Jahre war das Autohaus auch Treffpunkt des Junge Unternehmer Club Bergisch Gladbach, kurz JUC. Lüttgen war im Vorstand des Clubs, der bis 2018 bestand.
„Wir sind dabei, für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter beruflich eine neue Perspektive zu finden“, sagt der Firmenchef seine Unterstützung für die Belegschaft zu. Die 45 Beschäftigten seien etwa zur Hälfte im kaufmännischen Bereich und im Kfz-Handwerk tätig. Die Kündigungsfristen vor allem für langjährig Beschäftige würden eingehalten.
„Alle Verträge mit Kunden und mit Lieferanten werden erfüllt“, versichert Lüttgen. „Mehr als 200 Autos, die von Kunden bereits bestellt worden sind, werden wir auch ausliefern.“ Auch der Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen, die am Autohaus stehen, laufe so lange weiter. Der Servicebetrieb in der Werkstatt werde als erstes, wahrscheinlich schon in den nächsten Wochen, eingestellt. Die Kunden sollen kurzfristig über die Veränderungen informiert werden.
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Bis dann letztlich der gesamte Betrieb stillsteht, werde wohl ein halbes Jahr vergehen, schätzt Lüttgen. Der 52-jährige Diplom-Kaufmann ist gemeinsam mit seinem Bruder Michael Lüttgen Inhaber des Autohauses. 1994 trat Markus Lüttgen in das Familienunternehmen ein und übernahm vier Jahre später die Geschäftsführung. Firmengründer ist sein Großvater Jean Lüttgen. Dessen Vater Josef Lüttgen begann zur Jahrhundertwende mit einer Huf- und Wagenschmiede.
Das Autohaus Lüttgen ist im Jahr 2015 einer der ersten in Deutschland eingerichteten Ford-Stores gewesen. Davon sind bundesweit etwa 90 geplant worden.