Was aus dem Widerstand gegen die Fällung von Bäumen entstand, ist heute eine etablierte Institution im Rheinisch-Bergischen Kreis.
Seit 50 JahrenDer Naturschutzverein ist das schlechte Gewissen von Rhein-Berg

Das Apfelfest des RBN ist wie ein großes Familientreffen für Naturschützer.
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Bei Asterix und Obelix treffen sich die Druiden einmal im Jahr, um die besten ihrer Zunft zu küren. Dann wird – husch – ein Blumenstrauß gezaubert, oder es wird ein Pulver in die Luft geworfen und es fängt an zu regnen. So etwas können die Mitglieder und Freunde des Rheinisch-Bergischen Naturschutzvereines (RBN) nicht. Aber sie alle gehören einer ganz besonderen Sorte von Experten an: Wer einen Fachmann für Bienen, Kröten, Uhus oder Flusskrebse sucht, der ist dort genau richtig. Im April 1975 wurde der RBN in Overath-Klef gegründet. Die Fällung von 14 Kastanien rund um die Overather Kirche war damals der Anlass der Vereinsgründung.
Heute, 50 Jahre später, ist der RBN eine Institution mit einer Bedeutung weit über den Kreis hinaus. Keine wichtige Baumaßnahme im Kreis, zu der der Verein nicht seine Stellungnahme abgibt. Sein Netzwerk in Nordrhein-Westfalen ist einzigartig. Von dem Widerstand gegen Kastanien bis zum heutigen RBN ist es ein langer Weg gewesen.
Der Verein sammelte über 23.000 Unterschriften gegen die Verlängerung der Autobahn 31
Mark vom Hofe, der Vorsitzende des Vereins, erinnert sich an die Zeit, als es noch keine Grünen gab und überhaupt Umweltthemen nur in einer Nische diskutiert wurden. Die entscheidenden Geburtshelfer für den RBN waren ein Thema (die Verhinderung der Autobahn 31) und eine Person, Dieter Menninger, dem vom Hofe „unglaubliches Charisma“ attestiert. „Er war überhaupt der Grund, warum ich zum RBN gekommen bin.“
Die Verlängerung des „Ostfriesenspießes“, so der Spitzname für die Autobahn 31 nach Emden, sollte durch das Bergische – an Leverkusen, Odenthal, Immekeppel und Overath vorbei – bei Hennef wieder die A 3 erreichen. Die Menschen in der Region liefen Sturm gegen diesen Plan. Der Verein sammelte über 23.000 Unterschriften und viele Aktivisten. Über den Widerstand gegen ein Straßenprojekt kamen die selbsternannten und die anerkannten Naturexperten zusammen. Schnell zählte der Verein über 3000 Mitglieder. Es gab über 20 Ortsverbände.
Ich bin mir sicher, dass es den RBN auch noch in 50 Jahren geben wird.
Aber um diese Zahl besser einordnen zu können, muss das riesige Vereinsgebiet gesehen werden – von Düsseldorf bis Windeck. Nach und nach machten sich viele Ortsverbände selbstständig. Das Vereinsgebiet – und die Mitgliederzahl – schrumpfte. Nicht aber die Bedeutung. Die Verlängerung der Autobahn 31 konnte verhindert werden. Beim Bau der Großen Dhünntalsperre wurde ein Ausgleichsbecken angelegt – was sich der RBN als sein Verdienst anrechnet. Die Liste der Aktionen und Projekte ist lang. Ganz vorne war der RBN beim Kampf gegen den Ausbau des Flughafens Köln/Bonn. Aber anders als bei der Autobahn, konnte das Projekt, die Querwindbahn, nicht verhindert werden.

Ein Treffen des RBN aus den frühen Jahren.
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Als der NRW-Umwelt- und Naturschutzminister Oliver Krischer (Grüne), vor kurzem bei der offiziellen Feierstunde in die RBN-Zentrale nach Overath-Immekeppel kam, da waren diese großen Projekte weniger ein Thema. Krischer lobte den ehrenamtlichen Naturschutz. „Ich bin mir sicher, dass es den RBN auch noch in 50 Jahren geben wird.“
Die RBN-Zentrale ist Schmuckstück und Herausforderung in einem
Fakt ist, dass der Verein neben seiner Rolle bei der Fachberatung an der Basis immer neue Naturbegeisterte sucht und fördert. Im frisch renovierten RBN-Zentrum finden nicht nur Tagungen statt. Kinder- und Jugendlichengruppen starten von dort ihre Exkursionen. Alle drei Wochen samstags ab 13 Uhr treffen sich ein Dutzend Leute, um sich um das Gelände rund um das RBN-Haus zu kümmern. Beete, Teich, Nistkästen, Trockenmauer und Wege müssen in Schuss gehalten werden. Nicht zu vergessen die Projekte, mit denen die Gelbbauchunke an ihren Standorten weiterleben kann. Im Freudenthal helfen dabei die beiden Wasserbüffel Immo und Keppel – die beiden Tiere sorgen dafür, dass die Wiese nicht zuwächst und damit der Lebensraum der Amphibien erhalten bleibt.
Überhaupt ist die RBN-Zentrale Schmuckstück und Herausforderung in einem. Seit Anfang der 80er Jahre hat der RBN dort seine Zentrale. Pläne, dort Übernachtungsmöglichkeiten zu schaffen, sind vom Tisch. Nun geht es um die Anschaffung einer modernen Heizanlage samt Solardach. Dafür braucht es Geld. Im Laufe der Vereinsgeschichte hat es zwar einmal eine Millionenspende gegeben, aber im Grunde lebt der RBN davon, immer wieder Fördertöpfe zu finden, damit die Arbeit weitergehen kann.
Das ändert aber nichts daran, dass wir absolut überparteilich sind.
Etliche Naturschützer der frühen Jahre sind heute Gutachter. Mark vom Hofe erinnert sich an die Zeit, als viele aus der Naturschutzbewegung ihre politische Heimat bei den Grünen fanden. „Das ändert aber nichts daran, dass wir absolut überparteilich sind.“ Den Naturschutz in die Breite der Gesellschaft zu bringen, war und ist eine der Hauptaufgaben des RBN. Bei großen Bauprojekten, auch oder gerade mit umweltpolitischer Zielsetzung, halten Naturschützer dagegen. Wenn auf großen Freiflächen Solarparks entstehen sollen, dann lehnt der RBN die ab und verweist auf die ungenutzten Dachflächen.
Auch Windräder werden oft skeptisch gesehen. Nicht wegen der Technologie, sondern wegen der Standorte. Ganz aktuell dürfte der RBN bei der wiederbelebten Diskussion um neue Stauseen in der Region – als Reaktion auf die Klimakrise – gefordert sein. Umweltpolitische Projekte contra Naturschutz – das ist inzwischen ein häufiges Konfliktfeld.
Ich bin mir gar nicht sicher, ob heute wirklich mehr Menschen die verschiedenen Pflanzen und Tiere kennen und die ökologischen Zusammenhänge begreifen als damals.
Vom Hofe erinnert daran, dass das vermeintlich große Interesse in der Bevölkerung für Umweltthemen dem Naturschutz nicht unbedingt hilft und es keinen so großen Fortschritt in den vergangenen 50 Jahren gegeben habe. „Ich bin mir gar nicht sicher, ob heute wirklich mehr Menschen die verschiedenen Pflanzen und Tiere kennen und die ökologischen Zusammenhänge begreifen als damals.“
Minister Krischer konnte jedenfalls bei seiner Visite in der RBN-Zentrale mit den Naturschutzexperten der Region sprechen. Und einmal im Jahr kommen die Naturschützer übrigens zusammen: Das Apfelfest des RBN im Herbst ist so etwas wie ein Familientreffen der Naturschützer in der Region. So ähnlich halt wie das Treffen der Druiden bei Asterix und Obelix.