BeerdigungViele erweisen Bergisch Gladbacher Ehrenbürgerin Philomena Franz die letzte Ehre

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Zwei Frauen stehen vor dem Gold umrahmten und mit Blumen und Kerzen geschmückten Bild von Philomena Franz.

Beerdigung Philomena Franz Koeln Westfriedhof Frau Barbara Brauner

Philomena Franz, Bergisch Gladbacher Ehrenbürgerin und Auschwitz-Überlebende, ist in Köln beerdigt worden.

„Sie fehlt und sie wird fehlen“, sagte Pfarrerin Stephanie Krüger bei der Trauerfeier für die Bergisch Gladbacher Ehrenbürgerin Philomena Franz. Die im Alter von 100 Jahren Verstorbene fehle „mit ihrem Wortwitz und mit ihren Ecken und Kanten“, so die evangelische Pfarrerin aus Duisburg. Sie würdigte Philomena Franz als „großartige, mutige Sintiza“, sie fehle auch als „Bewahrerin der Geschichte“.

Damit sprach Krüger der großen Trauergemeinde auf dem Kölner Westfriedhof offenbar aus der Seele, in ihrer Predigt erinnerte sie an entscheidende Wegmarken im Leben von Franz. Im Konzentrationslager habe sie eine „Finsternis, für die es keine Worte gibt,“ erlebt, auf ihrer Flucht aus dem KZ aber auch „Hilfe und Menschlichkeit“, die sie nie vergessen habe.

Der Hass gegen Sinti und Roma endete nicht mit dem Krieg.
Mehmet Gürcan Daimagüler, Antiziganismus-Beauftragte der Bundesregierung

„Irgendwann konnte sie über ihre Erlebnisse reden und darüber schreiben“, sagte die Pfarrerin weiter, „sie war eine Brückenbauerin und Mahnerin gegen das Vergessen“. An diesen Geist knüpften auch Fürbitten an. Als Vertreterin der Familie richtete Sidonia Bauer an Gott die Bitte um „den Mut, gegen Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit aufzustehen“. Barbara Brauner, Freundin und Wegbegleiterin von Franz, bat um ein „Licht der Hoffnung“.

Dass Sinti und Roma auch nach 1945 mit einer teils feindseligen Gesellschaft zu tun hatten, betonte Mehmet Gürcan Daimagüler, der Antiziganismus-Beauftragte der Bundesregierung, in seinem kurzen Redebeitrag: „Der Hass gegen Sinti und Roma endete nicht mit dem Krieg.“ Die Kölner Bürgermeisterin Brigitta von Bülow wies im Namen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker darauf hin, dass bis heute Antiziganismus in der Gesellschaft präsent ist. Die Erinnerung an Franz sei ein Beitrag dazu, „Rassismus und Antiziganismus zu bekämpfen“.

Das Engagement von Franz als Zeitzeugin, die sich stets für Versöhnung einsetzte, würdigte Stephan Santelmann, Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises: „Sie stand für eine beispielhafte Erinnerungskultur“, stellte er fest. „Die Erinnerung zu bewahren und die Fackel weiterzutragen“ im Sinne von Franz, sei ihm „ein besonderes Anliegen“.

So kündigte er ein Philomena-Franz-Stipendium des Rheinisch-Bergischen Kreises für Kinder und Jugendliche an. Einzelheiten sind noch zu klären. „Abschied nehmen von einer außergewöhnlichen Frau“, wollte auch der Bergisch Gladbacher Bürgermeister Frank Stein. „Sie hat unendlich viel erreicht“, würdigte er ihren Einsatz.

Er zeigte sich beeindruckt von Franz als einer „energischen, selbstbewussten und gleichzeitig nahbaren Frau“. Die Stadt Bergisch Gladbach werde „immer sehr stolz darauf sein“, dass sie die Ehrenbürgerschaft angenommen habe. Er persönlich sei „ungeheuer dankbar“, Franz begegnet zu sein. Doch sei Dankbarkeit „zu wenig“, das Vermächtnis von Franz sei auch ein Auftrag, „für Versöhnung und Humanität einzutreten“.

An das „herzliche Lachen“ und die Lebensfreude der Verstorbenen erinnerte Erich Bethe, wie Franz Bergisch Gladbacher Ehrenbürger. „Wir haben sie geliebt“, sagte er. Abschied nahmen auch einige Trauergäste aus Rösrath, darunter die stellvertretenden Bürgermeister Wolfgang Büscher und Hardy Schumacher. Für das in Rösrath tätige Philomena-Franz-Forum stellte Matthias Buth fest, Franz sei „die Mutter Courage Deutschlands“ gewesen. An die Verstorbene gerichtet sagte er: „Du warst stärker als deine Verfolger.“


Weitere Ehrungen im Gespräch

Den Geist von Philomena Franz bewahren wollen viele Unterstützer ihres Einsatzes für Erinnerung und Versöhnung. Neben dem jetzt angekündigten Philomena-Franz-Stipendium des Rheinisch-Bergischen Kreises ist auf Kreisebene auch die Benennung einer Schule nach Philomena Franz im Gespräch.

Auch in Rösrath, dem langjährigen Wohnort der Verstorbenen, wurde intensiv über eine Ehrung der Zeitzeugin diskutiert – bisher ohne Ergebnis. In der Debatte waren eine Straßenbenennung und eine Umbenennung des Sülztalplatzes. Beides stieß aber auf Bedenken. Das größte Echo fand der Vorschlag, die Rösrather Gesamtschule nach Philomena Franz zu benennen. In der Schule gibt es Sympathie für die Idee, sie erwartet aber ein Signal der Kommunalpolitik.

Dort konnte sich der Vorschlag bislang aber nicht durchsetzen. Vor diesem Hintergrund einigte sich der Hauptausschuss im Januar 2021, einen Runden Tisch zur Erinnerungskultur einzurichten. Dieser soll sich generell mit Menschen beschäftigen, die im NS-Regime verfolgt wurden, und klären, was für diese eine „angemessene Erinnerungsform“ wäre.

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