Schönheit aus dem EiBechener Geflügelzüchter setzen auf Vielfalt und Vitalität

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Geflügelzüchter und Geflügelhalter in Bechen.

Kürten – Der Deutsche Modeneser blickt eindeutig etwas geknickt aus dem glänzenden Gefieder. Zwar vergaben die beiden Preisrichter 96 Punkte an das Prachtexemplar, doch der Täuberich blieb damit einen knappen Punkt unter der Bestnote. Den Abzug hat er einer minimalen Abweichung im Winkel seiner Fußfessel zu verdanken, die ihn ansonsten aber offensichtlich nicht weiter beeinträchtigt.

Weswegen der Gemütszustand des Tieres wohl auch eher eine Fehlinterpretation des Betrachters ist. „Man sollte die Tiere nicht vermenschlichen“, kommentiert dann auch Andreas Stephan vom Rassegeflügelzuchtverein Bechen, beim Rundgang durch die Ausstellung der Zuchttiere in der Pausenhalle der Grundschule.

120 Hühner und Tauben ausgestellt

Zwölf Aussteller aus Bechen und Wermelskirchen präsentierten Preisrichtern und interessiertem Publikum am Wochenende rund 120 Hühner und Tauben. Für Neulinge unter den Besuchern vielleicht der wichtigste Tipp: Dort, wo es leise ist, stehen die Tauben. Wo es laut kräht, da präsentieren sich die Hühner, beziehungsweise Hähne.

Schon am Eingang stellen dies drei Zwerg-Orloffs unter Beweis, die mit ihren schwarz-weißen Federn und ihrem hellen Bart entfernt an kleine Bartgeier erinnern – nur lauter.

Das Ei vom eigenen Huhn

Rassegeflügelzucht, das galt lange als uncoole und angestaubte Vereinsmeierei. Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis und Leverkusen seien die Vereine geschrumpft, von ursprünglich elf auf heute zwei – nämlich die in Bechen und in Wermelskirchen, bedauert Stephan.

Rassegeflügelzucht in Deutschland

Zuchttiere bundesweit

772.113 Zuchttiere in knapp 90.000 Zuchten erfasste der Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter 2021 auf Grundlage der Meldungen der Landesverbände. Die größte Gruppe bilden dabei Tauben mit knapp 373.000 Tieren, gefolgt von den Zwerghühnern mit fast 200.000 Exemplaren und den Hühnern mit 138.000 Tieren. Beim Groß- und Wassergeflügel wurden knapp 40.000 Tiere gemeldet und in der Kategorie Ziergeflügel rund 18.500 Exemplare. Mit 3.250 Tieren gehören die Japanischen Legewachteln zu den Raritäten.

Ein deutliches Nord-Süd-, sowie ein Ost-West-Gefälle stellt der Bundesverband bei der Tierzahl pro Verein fest. Bundesweit beträgt die durchschnittliche Zahl an Zuchttieren pro Verein 228 und damit sieben mehr als 2020. Mit Abstand am meisten Zuchttiere werden danach im Landesverband Mecklenburg gehalten, gefolgt von Sachsen und Weser-Ems. Schlusslicht sind die Landesverbände Saarland, Bremen und Baden. (spe)   

Seit ein paar Jahren erlebe man aber wieder einen Zulauf. Nach den Skandalen 2011 in Deutschland und 2017 in den Niederlanden um Dioxin-verseuchte Eier gehe der Trend zum Huhn im Garten. „Da mach’ ich mir mein Bio-Frühstücksei doch lieber selbst“, dachten sich da viele und legten sich einen Mini-Hühnerhof zu.

Krähende Hähne machen wenig Ärger

Neben den Hühnerhaltern lebt ein Rassegeflügelzuchtverein aber vor allem von seinen Züchtern, „die den Kick des Wettbewerbs lieben, eine Rasse verbessern oder eine alte Rasse erhalten wollen“, erklärt Andreas Stephan, der selbst Holländische Zwerghühner züchtet, seit er als Kind keinen Hund bekam. Mit einem seiner Tiere, das aussieht wie ein schillernder Bilderbuch-Hahn, gewann Stephan den Schönheitspreis der Schau.

Ein Züchter benötige zwingend einen Hahn, sagt er. Und selbst wenn dieser nicht der alten Rasse der Bergischen Kräher angehört, die ihrem Namen bis zum letzten Atemzug Ehre machen, sei dann Rücksicht auf die Nachbarschaft wichtig. Probleme gebe es glücklicherweise kaum. Gut isolierte Ställe und angepasste Freilaufzeiten dienten dem Frieden im Quartier. „Und ab und zu muss man die Nachbarn mit ein paar Eiern bestechen“, sagt Andreas Stephan lächelnd.

Züchter wollen Vielfalt und Vitalität

Zuchtziele seien Erhalt der Rasse-Vielfalt und ein möglichst großen Gen-Pool. „Sonst sind alle irgendwann nur noch Misch-Masch-Hühner“, so Stephan. Mit gezielten Kreuzungen und den Mendelschen Regeln könne der Züchter bestimmte Merkmale beeinflussen, erklärt er. „Vitalität und Gesundheit der Tiere“ seien aber wichtigste Kriterien.

Alles andere als vital und gesund waren die Hühner, die Pia Rompf bei sich aufgenommen hat. Die Tiere stammen nicht aus einer Zucht, sondern haben die Qualen einer Legebatterie hinter sich und sollten geschlachtet werden. Kahl und ausgemergelt kamen sie bei der Tierfreundin an, deren Grundstück inzwischen nach eigener Aussage einem Gnadenhof für Hühner ähnelt, die hier zum ersten Mal in ihrem Leben Gras unter den Füssen haben und die Sonne sehen. „Hier dürfen sie leben, bis sie umfallen, sagt Pia Rompf.

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Es seien wunderbare Tiere, die trotz ihrer Leidensgeschichte Menschen gegenüber zutraulich wie Hunde seien. Dem Bechener Zuchtverein schloss sie sich an, um hier Informationen und Unterstützung zu erhalten. Denn eine Hühnerzüchterin sei sie nicht: „Eher eine Hühner-Kuschelerin“.  

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