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HitzewelleDachdecker im Interview: „Auf manchen Dächern kann man Spiegelei braten“

3 min
Ein Dachdecker steht auf einem Dach.

Mark Lukowitz, Dachdeckerei Spiegel aus Kürten, berichtet, wie er mit extremer Hitze umgeht.

Über 30 Grad und die Sonne brennt. Dachdecker Mark Lukowitz aus Kürten berichtet im Interview, wie sein Betrieb mit der extremen Hitze umgeht.

Wie wirkt sich die momentane Hitze auf Ihre Arbeit aus?

Gerade treffen Sie mich in der Werkstatt an, ich bin also drinnen und nicht auf dem Dach. Jetzt in der Mittagszeit ist es nämlich viel zu heiß zum Arbeiten. Wir schwitzen wie verrückt. Die Konzentration lässt nach. Das Risiko eines Hitzschlags ist zu groß.

Und hoch oben auf dem Dach ist das natürlich sehr gefährlich.

Klar, wir könnten runterfallen. Bei Dächern in der prallen Sonne brechen wir bei Temperaturen von über 30 Grad unsere Arbeiten regelmäßig früher ab. Am Dienstag war der Punkt erreicht. Betrieblich lösen wir das so, dass wir jetzt früher anfangen, schon so um 6 Uhr, um die optimalen Stunden am kühleren Vormittag zu nutzen. Und dann machen wir ab Mittag frei.

Der Dachdecker steht an einer Maschine.

Dachdecker Mark Lukowitz ist die Sicherheit seiner Mitarbeiter das Wichtigste.

Das Dach selber heizt sich ja wahrscheinlich auch noch auf?

Ja, auf manchen Dächern kann man ein Spiegelei braten, so sehr heizen sich die Oberflächen auf. Viele Werkzeuge können wir gar nicht mehr anfassen, so heiß sind sie. Viele Materialien lassen bei diesen Temperaturen gar nicht mehr verarbeiten. Eine qualitativ gute Arbeit ist dann nicht möglich.

Was können Sie unternehmen, um ein sicheres Arbeiten zu ermöglichen?

Wir haben immer einen Riesenvorrat an Sonnencreme und schützen uns mit einer Kopfbedeckung. Strohhüte sind eigentlich am effektivsten. Wir haben einen Eimer Wasser dabei und kühlen unsere Schläfen. Wenn es möglich ist, montieren wir ein Sonnensegel, machen mehr Pausen. Und natürlich trinken, trinken, trinken.

Wie viel Liter Wasser trinkt jeder so?

Also ich bin ja auch oft draußen. Acht Flaschen pro Mann sind an solchen Tagen Standard. Man muss gar nicht auf die Toilette. So viel schwitzt man.

Entscheiden Sie als Chef, wann abgebrochen wird?

Nein, wir entscheiden das im Team. Ich vertraue da auf meine Jungs, da haben sie freie Hand. Es ist wichtig, dass wir uns aufeinander verlassen können. Ich bin ja nicht auf jeder Baustelle, um die Lage beurteilen zu können. Im Dachdeckerjob bestimmt das Wetter eigentlich das ganze Jahr über den Job. Kälte oder Regen, jetzt haben wir die Hitze.

Haben die Kunden denn Verständnis dafür, wenn Sie früher Schluss machen?

Die meisten sind tolerant. Es gibt aber immer Leute, die handwerksfremd sind. Da müssen wir mehr beraten und erklären. Dann ist es meistens verständlich. Sonst nimmt man sie einfach mal für eine Viertelstunde mit auf die Terrasse ohne Sonnenschirm. Wenn man sich dann noch vorstellt, dass man körperlich arbeitet und Leistung bringt, kann man das einsehen. Die Sicherheit meiner Mitarbeit geht auf jeden Fall vor.

Wie finanzieren Sie als Unternehmer die Ausfallstunden?

Tatsächlich gibt es für das Dachhandwerk seit Corona auch im Sommer ein wetterbedingtes Ausfallgeld. Das hatten wir lange gefordert. Jedem Mitarbeiter stehen 53 Stunden im Jahr zu. Bei Schnee, Eis und starkem Regen im Winter oder auch bei einer Hitzewelle, wie jetzt, können sie dann bezahlt freinehmen.

Bezahltes Hitzefrei, das klingt doch gut, oder?

Ja, es ist gut, dass es diese Möglichkeit der Arbeitsflexibilisierung gibt. Lukrativer ist es aber, solche Tage zu nutzen, um Überstunden abzubauen. Dann bekommen die Jungs noch mal zwei Euro pro Stunde obendrauf, weil sie die Überstunde einsetzen. Und müssen keinen Antrag bei der Arge stellen. Außerdem haben die Mitarbeiter früher frei. Freizeit ist ja heutzutage ein großes Thema.

Haben Sie einen persönlichen Tipp, um körperlich und mental gut durch solche Tage zu kommen?

Im Grunde sind es die bekannten Ratschläge: viel trinken, unbedingt die Mittagssonne meiden, eine Kopfbedeckung ist wichtig. Mehrfach eincremen, denn man schwitzt die Creme quasi wieder weg. Und wenn es nicht mehr geht, Feierabend machen. Das gilt nicht nur für Dachdecker, die die Arbeit unter freiem Himmel lieben, sondern auch für jeden anderen, der sich extremer Hitze und der Sonnenstrahlung aussetzt.


Zur Person

Mark Lukowitz (48) hat die Dachdeckerei Spiegel aus Kürten, die es seit 1984 gibt, 2007 vom Vorbesitzer übernommen. Seit 2001 war Lukowitz dort als Meister angestellt.

Zum Team gehören aktuell drei Auszubildende und fünf Gesellen. Der Betrieb hat sich darauf spezialisiert, hauptsächlich alte Dächer zu sanieren. (ub)