Weil Toilettenbau zu teuer istIn Altenberg suchen Touristen verzweifelt nach einem WC

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Das Gebäude der Jugendbildungsstätte Haus Altenberg. Davor wehen Fahnen.

Haus Altenberg ist die Jugendbildungsstätte des Erzbistums Köln. Hier bekommt man nun täglich die Auswirkungen der fehlenden öffentlichen Toilettenanlage zu spüren.

In der Touristeninformation und im Dom-Laden stranden immer mehr Besucher, die nach einer Toilette fragen. Bisher gibt es nur Notlösungen.

Das Frühjahr kommt, die Zahl der Ausflügler steigt und ein Problem drängt: Weiterhin ist keine öffentliche Toilettenanlage für Altenberg in Sicht. Der Mangel hat bereits Folgen.

Zwar ist das Tal der Dhünn ein wunderbares Ausflugsziel für alle, die Natur und Kultur lieben, die gotische Architektur bewundern, Gottesdienste oder Konzerte besuchen wollen. Doch sollten sie, sofern sie nicht in den örtlichen Gastronomiebetrieben einkehren können oder wollen, über eine belastbare Konstitution verfügen.

Odenthals Politik hat aus Geldnot den Bau der Toilettenanlage gestrichen

Denn die innigste Spiritualität endet, wo die Grundbedürfnisse des Menschen beginnen. Wenn die Niederungen des Menschlichen quälen, dann hilft auch kein himmlisches Jerusalem, sondern – so desillusionierend dies auch sein mag – nur ein stilles Örtchen.

Doch mit der Suche danach lassen die Odenthaler Politikerinnen und Politiker die Touristen allein. Wie berichtet hatte der jüngste Planungsausschuss einstimmig beschlossen, die Toilettenanlage, an der seit Jahren herumgeplant wurde, aus Geldmangel nun doch nicht zu bauen.

Verwaltung weist auf Dringlichkeit und bereits entstandene Kosten hin

Zwar hatte die Geistertoilette schon Planungskosten von 46.000 Euro verzehrt, war endlich ein Standort gefunden worden, hatte der Denkmalschutz seinen Segen gegeben und lagen alle Genehmigungen vor. Doch die im Laufe des zähen Verfahrens auf 380.000 Euro gestiegenen Baukosten (mit jeweils 50.000 Euro wollten sich der Rheinisch-Bergische Kreis und das Erzbistum beteiligen) ließen die Politiker aller Fraktionen zurückzucken.

Da konnte die Gemeindeverwaltung noch so vehement auf die Dringlichkeit des Vorhabens hinweisen. Seit Januar lässt nun das Erzbistum das Alte Brauhaus zum Exerzitienhaus umbauen und was lange im Vorfeld angekündigt war, ist nun eingetreten: Die öffentliche Toilette, die hier untergebracht war, steht nicht mehr zur Verfügung.

Auswärtige Besucher ahnen häufig vom WC-Notstand nichts

Auswärtige Besucher ahnen von diesem WC-Notstand häufig nichts und stranden arglos in der Touristeninformation i-Punkt oder im Altenberger Dom-Laden. Wie groß die Not sei und wie dringend eine Toilettenanlage benötigt werde, zeigten die vielen Anfragen von Touristen, Dom-Besuchern und Wanderern, berichtet nun die Gemeindeverwaltung, die zudem „eine Zunahme von Urinieren in der Öffentlichkeit beobachtet“ haben will.

Öffentliche Toiletten im Gebäude Altes Brauhaus in Altenberg

Schön waren sie nicht, aber sie erfüllten wenigstens ihren Zweck: Die öffentlichen Toiletten im Alten Brauhaus Altenberg stehen nicht mehr zur Verfügung.

Mit Beginn der warmen Jahreszeit, wenn in Altenberg viele Veranstaltungen von Konzerten bis Hochzeiten stattfinden, wird mit einer Verschärfung der Lage gerechnet. Doch schon im vergleichsweise ruhigen Monat Februar, das verrät eine eigens geführte Statistik, standen insgesamt 324 Menschen im Altenberger Dom-Laden und wünschten vorrangig nicht Papier mit Poesie oder Prosa, sondern ein WC mit schlichtem Toilettenpapier.

Viele Touristen in Not stranden im Altenberger Dom-Laden 

Merklich stieg jedes Mal der Andrang, sobald ein Reisebus eintraf oder eine Trauung anstand und die angereisten Feiergäste, noch vor der Zeremonie alles erledigen wollten, was ansonsten der Feststimmung abträglich ist.

„Wir haben beschlossen, dass wir niemanden wegschicken“, sagt Sandra Jenischek vom Altenberger Dom-Laden, die sich jetzt, ebenso wie das Team der Touristikinformation, mit dem Problem herumschlagen muss. „Wir leiten die Menschen dann weiter zu unserer Toilette in der Jugendbildungsstätte.“

Haus Altenberg hilft aus, hofft aber auf eine schnelle andere Lösung

Doch dieser besondere Service ist ein freiwilliger Akt der Menschenfreundlichkeit. Denn die Jugendbildungsstätte Haus Altenberg ist ein privater Betrieb. „Eine Dauerlösung kann das eher nicht sein“, meint dann auch die Buchhändlerin und hofft auf schnelle Abhilfe.

Auch im i-Punkt kennt man das Problem inzwischen und bekommt hier zunehmend auch den Ärger der Leute ab. „Eltern mit kleinen Kindern, Personen mit Rollstuhl, ältere Personen – alle in Not und Zeitdruck!“, schildert eine Mitarbeiterin der Touristeninformation die Lage in einem Schreiben an die Gemeindeverwaltung. Das Ganze sei „unwürdig für Altenberg“.

Domführungsgesellschaft hält Toilette für „zwingend erforderlich“

Verärgert zeigt sich auch die Domführungsgesellschaft. Man leite rund 2.000 Besucher jährlich in rund 200 gebuchten und 16 öffentlichen Führungen durch den Altenberger Dom. Viele Teilnehmer hätten eine lange Anreise hinter sich; 40 bis 50 Gruppen kämen für die Führungen in Bussen nach Altenberg. Eine öffentlich zugängliche Toilette im Umfeld des Domes sei daher unverzichtbar.

Ein Ersatz für die Toilette im Alten Brauhaus sei nicht nur „zwingend erforderlich“, sondern für die vielfältigen Angebote in und um den Dom herum verpflichtend, so Hans-Joachim Fasel, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Altenberg, in einem Brief an den Odenthaler Bürgermeister. Gleichzeitig erinnerte er die politischen Gremien in Odenthal daran, dass die Führungen durch den Dom und über das ehemalige Klostergelände mit seiner langen Geschichte Bestandteil des bildungspolitischen Auftrages seien, dem sich auch die Politik verpflichtet fühlen sollte.

Verwaltung: Verzicht auf Toilettenbau ist „kostenintensives Versäumnis“

Die Verwaltung versucht derweil zu retten, was noch zu retten ist und hat Varianten mobiler Sanitäranlagen geprüft, um schnell für eine gewisse Erleichterung bei den Altenberg-Besuchern zu sorgen. In ihrer Vorlage für den Planungsausschuss am morgigen Donnerstag, 14. März, 18 Uhr, im Bürgerhaus Herzogenhof, bleibt sie aber dennoch bei ihrem ursprünglichen Vorschlag, ein festes Toilettenhaus zu bauen, möglichst mit finanzieller Unterstützung von Dritten.

Einen Verzicht hält die Verwaltung wegen der bereits angefallenen Planungskosten für „ein kostenintensives Versäumnis“. In der Zwischenzeit, so weiter, sollte möglichst schnell ein Provisorium aufgestellt werden, das auch Menschen mit Behinderung nutzen können.

Dies würde zwar neue zusätzliche Kosten verursachen, könnte aber wenigstens einen befürchteten Konflikt mit den Geldgebern des „Bergischen Komfortwanderweges“ verhindern. Der barrierefreie Rundweg war über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert worden, dessen Förderung aus Sicht der Verwaltung an eine öffentlich zugängliche und barrierefreie Toilette geknüpft ist.

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