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Kein Schulbus für Overatherin„Habe Angst, dass Emelie bei Mama bleiben will, weil es bequemer ist“

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Ein Mann und eine Frau sitzen nebeneinander an einem Tisch mit Dokumenten vor sich liegen.

Bruno Miguel da Silva do Horto und Sabine Herkenrath-Müller machen sich Sorgen, dass die Beziehung zwischen Tochter Emelie und ihrem Vater leiden wird.

Die Stadt Overath kippt die Kulanz beim Schülerticket für Kinder getrennt lebender Eltern.

Sabine Herkenrath-Müller und Bruno Miguel da Silva do Horto sind ein geschiedenes Ehepaar. Die beiden leben seit vier Jahren in getrennten Haushalten in Overath und haben eine gemeinsame zwölfjährige Tochter namens Emelie, die die Leonardo-da-Vinci-Sekundarschule besucht. Inzwischen hat Sabine Herkenrath-Müller einen anderen Partner und auch Bruno Miquel da Silva do Horto hat wieder geheiratet.

Umso stolzer sind sie, dass sie es trotz Berufstätigkeit und unterschiedlicher Tagesabläufe geschafft haben, dass Emilie gleich viel Zeit mit beiden Elternteilen verbringen kann. Diese gut durchdachte Struktur ist nun aber für die Katz.

Denn bisher konnte Emelie problemlos von beiden Elternteilen aus zur Schule pendeln – von ihrer Mutter aus zu Fuß und von ihrem Vater aus mit dem Schulbus. Der wird von der Stadt zur Verfügung gestellt für Kinder, die in schlecht ans ÖPNV-Netz angebundenen Teilen Overaths leben. Wie sie im Oktober erfahren haben, ist letzteres jetzt nicht mehr möglich. Die Overather Stadtverwaltung habe ihnen erklärt, dass der Anspruch auf die kostenlose Schulbusbeförderung vom Hauptwohnsitz des Kindes abhängig sei. Der ist bei Emelies Mutter. Von dort ist die Distanz zur Schule zu kurz für ein Anrecht auf ein Schülerticket.

Umständlicher Schulweg

Ihre Tochter muss anstelle des Schulbusses, den sie bislang nutzen konnte, nun den ÖPNV, also einen Linienbus nehmen. Der kommt entweder 40 Minuten vor Schulbeginn am Schwimmbad an, sodass sie den restlichen Weg laufen muss oder sie nimmt einen Bus später, der gerade rechtzeitig zum Schulstart ankommt, vorausgesetzt er ist pünktlich. Auf dem Heimweg fahren die Linienbusse auch nicht passend zum Schulschluss.

Emelie selbst zur Schule zu fahren ist für den Vater aufgrund seiner Arbeitszeiten nicht möglich, seine Frau ist auch berufstätig und dann gibt es noch ihre drei- und fünfjährigen Söhne. Neben den praktischen Gründen hätten sich da Silva do Horto und Herkenrath-Müller auch wegen der Sicherheit mit dem Schulbus besser gefühlt. Nicht nur, weil im Schulbus eben nur Schüler sitzen, sondern weil ihre Tochter mit dem Linienbus im Winter öfter laufen muss, zum Beispiel zum Bahnhof, und das im Dunkeln.

Bisher habe es eine Kulanz gegeben, wie Vater und Mutter erzählen. Die gebe es nun nicht mehr. Von ihrer Sachbearbeiterin hätten sie die Antwort erhalten, dass die Anordnung vom Landesministerium für Schule und Bildung käme und man die Ansprüche auf die Schulbeförderung generell prüfe. In ihrer Verzweiflung haben sie sich an Stadt und Ministerium gewandt.

Kulanzregel hat nie existiert

Während Herkenrath-Müller von der Stadt drei Wochen lang keine Antwort erhielt, meldete sich das Ministerium zwischenzeitlich mit der Antwort, dass es die Kulanz nie gegeben habe, weder früher noch heute (Schreiben liegt der Redaktion vor). „Wenn also der zuständige Schulträger bislang anders entschieden hat, war das nicht in seinem Ermessen.

Entweder er hat dies freiwillig getan oder er hat die Schülerfahrkostenverordnung unwissentlich anders ausgelegt“, heißt es. Demnach hätten Geschiedene also keinen Anspruch auf eine weitere Beförderung. Theoretisch könne die Stadt die Beförderung freiwillig weitertragen.

Overaths Verwaltung bestätigt das: „Im Rahmen der Überprüfung sind mehrere Sachverhalte aufgefallen, in denen der Schülerspezialverkehr ohne entsprechende Berechtigung genutzt wird“, schreibt Jens Volkmer, Amtsleiter für Jugend, Bildung und Sport. Es hätten sich weitere Eltern gemeldet, da die Rücknahme des Tickets für die Familien bedeutet, dass sie ihren Alltag neu gestalten müssen. Das sei dem Gesetz nach jedoch zumutbar, weil die Eltern dafür zuständig seien, dass das Kind rechtzeitig in der Schule ist.

Angst, dass die Beziehung zur Tochter leidet

„Ich habe Angst, dass Emelie auf Dauer zu mir sagt, dass sie bei Mama bleiben will, weil es bequemer ist“, sorgt sich der dreifache Vater. Herkenrath-Müller habe sich eine schnellere Reaktion der Stadt erhofft, mit klareren Begründungen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir mit dem Problem allein sind“, begründet sie. Für die beiden fühle es sich an, als wolle man ihnen als geschiedene Eltern mit solchen Regeln Steine in den Weg legen.

Emelie ist laut ihren Eltern auch nicht begeistert über die Umstellung. Zum einen habe sie keine Lust, ständig in den Unterricht hineinzuplatzen, zum anderen habe sie im Schulbus neue, in ihrer Nähe wohnende Freunde gefunden.

Kosten selbst tragen ist nicht möglich

Da es Bruno Miquel da Silva do Horto und Sabine Herkenrath-Müller nicht um die Kostenerstattung, sondern um die bloße Fahrt mit dem Schulbus geht, haben sie gefragt, ob Emelie diesen weiter nutzen könnte, wenn sie die Kosten dafür tragen. Auch das ist laut Stadt nicht möglich. Dem Gesetzgeber nach dürften von den Eltern keine Kosten erhoben werden, da der sogenannte „Schülerspezialverkehr“, also der Schulbus, sonst kein Schülerspezialverkehr mehr wäre. Die Stadt würde dann keine Finanzierung mehr für den Schulbus erhalten.

Da rechtlich kein Anspruch besteht, wird Emelie wohl oder übel mit dem Linienbus fahren müssen.