Häusliche GewaltFrauenberatung Rhein-Berg half im vergangenen Jahr über 450 Frauen

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Ein zerbrochener Teller liegt auf dem Boden. Im Hintergrund stehen ein Mann und eine Frau.

Vielfach sind Frauen in Rhein-Berg von Gewalt und häuslichen Problemen in Paarbeziehungen betroffen.

Ein neuer Name und die Schließung einer Einrichtung haben die Arbeit des Vereins Frauen stärken Frauen in Bergisch Gladbach im vergangenen Jahr begleitet. Mit der Umbenennung von „Frauen helfen Frauen“ zu „Frauen stärken Frauen“ soll das zentrale Anliegen der Arbeit mit Frauen und Mädchen ausgedrückt werden.

Von der Schließung ist die Anlauf- und Beratungsstelle (AnBe) für alleinreisende und alleinerziehende Flüchtlingsfrauen betroffen. Der Verein hatte die Einrichtung 2016 initiiert und musste sie im August 2022 aus finanziellen Gründen aufgeben.

Frauenberatung baut Netzwerke aus

„Wir haben vergangenes Jahr auch das Netzwerk der einzelnen Einrichtungen ausgebaut“, erläutert Magdalene Holthausen, Leiterin der allgemeinen Frauenberatungsstelle für Rhein-Berg, zur Bilanz 2022. Neben einer Fortbildung zum Thema geschlechtlicher Vielfalt, haben sich die Beraterinnen mit dem Beraterteam des Sozialdienstes katholischer Männer in Köln ausgetauscht.

„Vor allem im Umgang mit häuslicher Gewalt, wenn es um die Schutzräume für Frauen und auch Männer geht, haben wir Gemeinsames“, erklärt die Sozialarbeiterin. Ob Drohungen, Schläge, Missbrauch oder Erniedrigung – Gewalt gegen Frauen war wie auch in den Jahren zuvor der häufigste Anlass, warum Betroffene sich an die Beratungsstelle in Bergisch Gladbach gewandt haben. In den meisten Fällen sei es zu häuslicher Gewalt in Partnerschaften gekommen.

86 Mal war die Polizei wegen häuslicher Gewalt da

„86 Mal haben wir zu Frauen den Kontakt gesucht, bei denen aufgrund häuslicher Gewalt die Polizei vor Ort war“, schildert Magdalene Holthausen. 454 Klientinnen – darunter waren 21 Fachkräfte und 20 Vertrauenspersonen – haben vergangenes Jahr die Frauenberatung um Unterstützung gebeten.

Die Sozialarbeiterinnen führten 669 Beratungsgespräche. Holthausen: „Die persönlichen Beratungen haben nach der Pandemie wieder zugenommen.“ Auch die telefonische Beratung werde gerne in Anspruch genommen, vor allem von Frauen, die weiter entfernt von Bergisch Gladbach in den Städten des Nord- und des Südkreises wohnen.

Frauen stärken Frauen in verschiedensten Bereichen

Bei 32 Prozent der Gespräche waren Trennung und Scheidung der Anlass. Außerdem waren Essstörungen, Sozialberatung, Erziehung, Migration oder Isolation die Gründe, warum Betroffene sich an die Beratungsstelle gewandt haben. „Die Beratungen werden immer komplexer.

Meist geht es um mehrere Themen gleichzeitig. Verunsicherung und Ängste der Frauen, ausgelöst durch die Pandemie, den Ukrainekrieg und die Energiekrise, spielen dabei auch eine Rolle“, berichtet Magdalene Holthausen aus der praktischen Arbeit. Seit 30 Jahren besteht inzwischen das Frauenhaus des Vereins Frauen stärken Frauen. 53 Frauen mit ihren Kindern haben im Jahr 2022 dort Schutz gesucht. Die insgesamt 30 Kinder waren meist im Kleinkind- oder Grundschulalter.

Ein Problem ist nicht vorhandener bezahlbarer Wohnraum

Durch das Problem, bezahlbare Wohnungen zu finden, die Energiekosten, die Pandemie und den Krieg, leben die betroffenen Frauen mittlerweile bis zu einem Jahr im Frauenhaus, teilt der Verein mit. Das Frauenhaus Rhein-Berg verfügt über drei Etagen für neun Frauen und ihre Kinder. „Die lange Aufenthaltszeit ermöglicht eine intensivere Begleitung und Unterstützung. Sie führt jedoch auch dazu, dass wir viele von häuslicher Gewalt betroffene Frauen nicht aufnehmen konnten“, erläutert Kornelia Wagner-Kocabas für das Mitarbeiterinnen-Team des Frauenhauses.

Nur 18 Prozent von ihnen hätten eine eigene Wohnung gefunden. 30 Prozent der Schutzsuchenden seien zu ihren Gefährdern zurückgekehrt. Dieser Anteil ist nach Einschätzung der Beraterinnen sehr hoch. 18 Prozent der Frauen seien mit ihren Kindern in ein anderes Frauenhaus umgezogen.

Mit Blick auf 2023 will die Frauenberatung den Zugang zum Internetauftritt erleichtern. Auch soll geprüft werden, ob zum Jahresende die Außensprechstunden durch die Telefonberatung abgelöst werden. Ferner soll der Vorstand von Frauen stärken Frauen neu besetzt werden: Elisabeth Rückl möchte nach langjähriger erfolgreicher Vorstandsarbeit ihr Amt niederlegen. Zur Mitgliederversammlung soll Marita Vonk als Nachfolgerin vorgeschlagen werden. Sie unterstütze das Gremium bereits ein Jahr.


41 Veranstaltungen von der Mädchenberatungsstelle

  • Digitale Gewalt, sexualisierte und häusliche Gewalt, Essstörungen und familiäre Probleme waren für junge Frauen meistens die Gründe, warum sie sich im vergangenen Jahr an die Mädchenberatung des Vereins Frauen stärken Frauen gewandt haben.
  • 608 Mädchen und 26 Vertrauenspersonen hatten in unterschiedlichen Zusammenhängen Kontakt zur Beratungsstelle in Bergisch Gladbach. „80 Mädchen und 26 Vertrauenspersonen sind zur Beratung gekommen“, erläutert Magdalene Holthausen, Leiterin der Frauenberatungsstelle.
  • Die meisten Mädchen seien zwischen zwölf und 17 Jahre alt. Judith Wiedenhöft unterstützt seit 2022 das Team bei der Beratung der Mädchen. Es sind 174 psychosoziale Beratungsgespräche geführt worden, davon 46 telefonisch und 19 online. Auch Mobbing, schulische Probleme und Sexualität sind Themen, mit denen die Jugendlichen allein nicht klar kommen.
  • 41 Veranstaltungen zur Information und Prävention meist in Schulen hat die Mädchenberatung 2022 auf die Beine gestellt. Dabei seien 528 Mädchen und fünf Jungen erreicht worden. Holthausen: „Bei diesen Angeboten nehmen Mädchen häufig Kontakt zur Beraterin auf. Es fällt ihnen leichter aktiv zu werden, wenn sie ein Gesicht, eine Person sehen.“
  • Wegen der verschärften Probleme bei Mädchen durch die anhaltenden Krisen sei eine psychosoziale Gruppe geplant, die dieses Jahr starten soll. (dr)
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