PflegenotstandKreistag Rhein-Berg fordert Unterstützung von Bund und Land

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Eine Pflegerin hält die Hand einer Frau.

Viele ambulante Pflegedienstleister stehen durch die Krisen vor dem Aus. Der Kreis will etwas dagegen tun.

Der Notstand in der Pflege trifft auch den Rheinisch-Bergischen Kreis. Der Kreistag fordert nun Unterstützung.

In Sachen Pflegenotstand fordert der Kreistag einstimmig Bund, Land und Pflegekassen auf, schnellstmöglich für eine Refinanzierung der Löhne zu sorgen. Wie berichtet sind zahlreiche ambulante Pflegedienste von der Pleite bedroht, da sie nach dem Tariftreuegesetz jetzt höhere Löhne zahlen müssen, die Extrakosten aber bisher nicht erstattet bekommen. Auch zwei weitere Anträge der SPD zur Stärkung des Integrationsprozesses für Pflegefachkräfte und für ein Personalgewinnungskonzept im Pflegebereich erhielten überwältigende Mehrheiten.

Die einstimmig verabschiedete Resolution zum Thema „Ambulante Versorgung von pflegebedürftigen Menschen“ ging auf einen gemeinsamen Antrag von fünf der sieben Gruppierungen im Kreistag zurück, nämlich CDU, Grünen, SPD, FDP und Freie Wähler (FW), der sich in der Sitzung dann auch die AfD und die Linken anschlossen. „Die sozialen Dienstleister im Pflegebereich sind von der Pflegereform 2022 und den steigenden Energiekosten in ihrer Existenz bedroht.

Rhein-Berg: Insolvenzen drohen

Es gibt einen Rückgang von Diensten, Anbietern und Leistungen, die im Zuge der Kostenexplosion nicht mehr aufrechterhalten werden können. Es drohen Insolvenzen. Viele soziale Dienstleistungsunternehmen sind bereits jetzt insolvenzgefährdet und nehmen aktuell keine Klientinnen und Klienten mehr an“, heißt es darin, und: „Neben dem ohnehin starken Fachkräftemangel droht eine strukturelle Versorgungskrise.“

Weitgehend unumstritten war auch der Antrag der SPD, in Kooperation mit dem Jobcenter und den Pflegeeinrichtungen ein Integrationskonzept für Pflegekräfte aus dem Ausland zu erstellen. Bereits 2021 habe der Anteil der Pflegefachkräfte aus dem Ausland 13 Prozent betragen, und die Zahl werde steigen, heißt es in der Begründung. Antragstellerin Heike Engels wies darauf hin, dass dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein könne, der Pflegenotstand sei deutschlandweit Thema.

Gleichwohl fanden fast alle Gruppierungen die Idee „vernünftig“ (CDU-Fraktionschef Johannes Dünner). Dagegen erklärte AfD-Fraktionsvorsitzender Sebastian Weirauch, man möge bitte auf „die Fachleute“ hören und die „Probleme vor Ort lösen“, statt auf die Suche nach externen Pflegekräften zu gehen.

FW-Chef Werner Conrad widersprach leidenschaftlich: „Ich glaube, Sie wissen nicht, wie es vor Ort in einem Pflegeheim aussieht, sonst würden sie sich nicht zu solch einem Statement hinreißen lassen.“ Er selbst werde dreimal pro Woche mit der Situation im Pflegeheim seiner Mutter konfrontiert: „Da brennt der Baum!“

Auch FDP-Chef Dr. Alexander Engel widersprach der AfD: „Sie sagen, man solle auf die Fachleute hören, lehnen dann aber den Antrag ab. Die Logik erklärt sich mir nicht.“ In einem zweiten Wortbeitrag erklärte Weirauch, es gehe ihm vor allem darum, die Arbeitsbedingungen in den Heimen zu verbessern. Klare Kante zeigte auch Michael Becker (FDP): „Wir werden es nicht schaffen, das Problem ohne Zuwanderung, Vielfalt und Diversität in unserer Gesellschaft zu lösen.“ Zugleich appellierte er an seine Kreistagskollegen: „Reden Sie die Arbeit in der Pflege nicht klein! Werben Sie für diese Berufe!“


Der Kreistag hat am Donnerstag den Haushalt für 2023 beschlossen. Bei Aufwendungen von 502 791 686 Euro und Erträgen von 501 493 238 Euro plant der Rheinisch-Bergische Kreis mit einem Fehlbetrag von 1 298 448 Euro. Dieser wird aus der Ausgleichsrücklage gedeckt. Die Kreisumlage, der Betrag, der nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz von den Kommunen an die Kreise zu zahlen ist, beträgt 2023 bei einem unverändert gebliebenen Umlagesatz von 35,5 Prozentpunkten insgesamt 172,2 Millionen Euro (sb)

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