Stille FesttageGastronomie bangt um Weihnachtageschäft

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Die große Leere vor Weihnachten: „Naschbar“ in Bergisch Gladbach.

Die große Leere vor Weihnachten: „Naschbar“ in Bergisch Gladbach.

Rhein-Berg – Für die Gastronomie ist es ein Trauerspiel: Weihnachtsfeiern, Familienfeste und Adventsessen werden reihenweise abgesagt. „Wir waren von Ende November bis Ende Januar ausgebucht. Jetzt haben wir für diesen Monat gerade noch zwei kleine Feiern mit 15 bis 20 Leuten im Außenbereich“, schildert Rudi Batesta die Situation in seinem Lokal „Naschbar“ in Bergisch Gladbach. Angesichts steigender Infektionszahlen mit dem Coronavirus bleiben die Tische, Säle und Terrassen leer. Kaum eine andere Branche im Rheinisch-Bergischen Kreis bekomme die „Wucht der vierten Welle“ wirtschaftlich so zu spüren wie das Hotel- und Gaststättengewerbe, stellt Manja Wiesner, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Köln, fest.

Da die Weihnachtszeit für viele Restaurants normalerweise hohe Umsätze bringt, ist der finanzielle Verlust umso größer. „In unserer Event-Location ist Platz für große Firmenfeiern. Da kommen Beträge von etwa 10 000 Euro schnell zusammen“, rechnet Batesta vor. Der Gastwirt befürchtet einen Verlust von etwa 100 000 Euro durch die aktuelle Corona-Situation. Anderen Betrieben geht es ähnlich.

„Ein Desaster“

So nennt Marlene Jablonski die Situation. In ihrem Restaurant „Marlene’s“ in Schloss Eulenbroich in Rösrath haben 90 Prozent der Gruppen bereits abgesagt. Eine größere Veranstaltung mit etwa 70 Personen ist ihr geblieben. „Ich bin gespannt, ob die auch noch abspringen“, sagt die Gastronomin pessimistisch. „Wir haben hier auf der bedachten großen Terrasse die Möglichkeit, es auf Abstand sehr gemütlich zu machen“, berichtet Jablonski. „Aber die Gäste sind durch das Hin und Her total verunsichert und verängstigt. Das kriegt man gar nicht mehr in den Griff.“

Auch Batesta weist darauf hin, dass er nochmal in den Kälte- und Windschutz des Außenbereichs investiert habe, wie es viele andere auch getan haben. Und da die Clubs schließen mussten, habe er auch für das Tanzlokal nochmal Geld in die Hand genommen. „Alles für die Katz’“, sagt Batesta enttäuscht. Selbst für Januar würden die Kunden ihre Reservierungen schon absagen. „Ich kann die Leute gut verstehen, dass sie sich schützen wollen. Aber für unser Geschäft ist es furchtbar“, erklärt der Unternehmer.

Der neu gestartete Hotel- und Veranstaltungsbetrieb auf Gut Hungenbach in Kürten bekommt den Rückzug ebenfalls zu spüren. „Für Dezember hatten einige Firmen ihre Tagungen mit Übernachtungen bei uns gebucht. Sie sind zu 100 Prozent abgesagt worden“, erklärt Pächter Stephan Ullmann. Da der Betreiber angesichts laufender Renovierungen in den historischen Gebäuden noch nicht mit hohem Umsatz gerechnet habe, treffe es sein Unternehmen wirtschaftlich nicht ganz so hart.

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Rund 3770 Frauen und Männer arbeiten im Rheinisch-Bergischen Kreis laut NGG im Hotel- und Gaststättengewerbe. Für sie bedeute die aktuelle Entwicklung wieder mehr Kurzarbeit, betont Manja Wiesner. Sie ist auch um die Jobs im Kreisgebiet besorgt. Dabei rechnet sie weniger mit einem Abbau der Arbeitsplätze. Vielmehr geht es Wiesner um das Durchhaltevermögen von Köchen und Köchinnen, Servicekräften und anderem Fachpersonal. „Das Geschäft wird nach der Welle weitergehen. Die Durststrecke bis dahin ist das Problem. Wer in Kurzarbeit geschickt wird und mit 60 Prozent seines Lohnes klarkommen muss, der macht das, was jeder machen würde: Sich woanders umsehen“, sagt die Gewerkschafterin. Eigentlich müsste die Branche auf einen baldigen Lockdown hoffen, um wenigstens staatliche Unterstützung zu bekommen. Aber dann werden noch mehr Gastronomie-Beschäftigte in andere Branchen, wie Handel und Industrie, abwandern. Wiesner: „Servicekräfte aus der Gastronomie sind tough, eloquent, flexibel und sie können zupacken. Mit diesen Qualitäten müssen sie nicht lange suchen.“ Vor der Pandemie – im Dezember 2019 – hätten im Rheinisch-Bergischen Kreis noch 5100 Menschen im Hotel- und Gaststättengewerbe gearbeitet. Mittlerweile sei die Zahl der Beschäftigten um 26 Prozent gesunken. Das gehe aus einer aktuellen Statistik der Arbeitsagentur hervor. Die Pandemie-Zahlen würden vom Frühjahr stammen und dürften sich inzwischen nochmals verschlechtert haben, befürchtet die NGG-Geschäftsführerin.

So mancher Gastronom hat das Elend bereits kommen sehen. Sascha Tamas von Haus Thal in Immekeppel beschloss schon im Oktober, auf das Weihnachtsgeschäft zu verzichten, aus Personalmangel. Auch die Gans gibt es nur „to go“. Viele Lokale haben seit Sommer mit dem Mangel an Fachpersonal zu kämpfen.

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