Ideen in Berlin vorgestelltBürgermeister treibt Strukturwandel voran

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Mit Hilfe des Windparks soll Wasserstoff produziert werden, schlägt der Bedburger Bürgermeister Sascha Solbach vor.

Mit Hilfe des Windparks soll Wasserstoff produziert werden, schlägt der Bedburger Bürgermeister Sascha Solbach vor.

Rhein-Erft-Kreis/Bedburg – Gute zehn Monate sind vergangen, seit die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung – kurz Kohlekommission – ihren Abschlussbericht vorgelegte und sich für ein Ende der Kohleverstromung bis 2038 aussprach. Konkret ist seitdem jedoch noch nicht viel in Sachen Strukturwandel passiert. Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach nahm kürzlich an einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Bundestags in Berlin teil.

Ohne Braunkohle fehlt großer Industriezweig

Solbach gehört wie 18 und mit Hürth demnächst 19 andere Bürgermeister auch der Anrainer-Konferenz an, einem Zusammenschluss von den betroffenen Kommunen im Revier, die unmittelbar von den Folgen des Strukturwandels betroffen sind. Im Dezember soll es zwischen den Kommunen zu einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung kommen. Solbach und seine Kollegen wünschen sich mehr Beteiligung. Man habe teilweise das Gefühl gehabt, man werde vom Tisch weggedrückt, sagte er. Deshalb seien die betroffenen Städte immer näher zusammengerückt.

Solbach hat in Berlin konkrete Forderungen vorgetragen. Ein Problem für die Anrainer-Konferenz ist die Ausweisung von Flächen für Gewerbegebiete. „Es geht natürlich nicht darum, alles mit Industriegebieten vollzupflastern“, sagt der Bürgermeister. Aber mit der Braunkohle breche ein großer Industriezweig weg. Die Beschäftigten, die nicht vorzeitig in Rente gingen, bräuchten neue Arbeit. Für eine Kommune seien die Möglichkeiten begrenzt, neue Flächen zu schaffen.

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Die Planungsgesetze müssten geändert werden. Einen Flächenpool schlägt der Bedburger deshalb vor. Solbach bringt zudem eine Investitionspauschale für Kommunen ins Spiel, um Geld in Infrastruktur, Bildung und neue Siedlungsstrukturen pumpen zu können. Denn landwirtschaftliche Flächen seien nach dem Bericht der Kohlekommission deutlich teurer für Kommunen geworden.

Die Stadt Bedburg hat deshalb 8,8 Millionen Euro zusätzlich für den Ankauf von Flächen in den Haushalt eingestellt. Solbach und seine Kollegen fordern, dass ein acht Kriterien umfassender Katalog, der die Strukturwirksamkeit der zu fördernden Projekte beschreibt, in das Strukturstärkungsgesetz aufgenommen werden soll.

Planungsmechanismen reichen nicht aus

Er will, dass der Eigenanteil der Kommunen bei Förderungen (bislang zehn Prozent) ausgesetzt wird. „Da müssen dann Land oder Bund einspringen“, sagt er. Der Bürgermeister plädiert für eine zeitlich begrenzte Sonderplanungszone für die betroffenen Gebiete, damit Verfahren beschleunigt werden können. Die bisherigen Planungsmechanismen reichten nicht. „Man kann nicht mit einem alten Besteckkasten arbeiten.“ All das wollen die Bürgermeister mit einem Staatsvertrag besiegelt haben.

Zwei Vorschläge

Für Bedburg hat Sascha Solbach zwei konkrete Ideen. Er will ein „Industrial Makerspace“ einrichten, wie er es in Süddeutschland kennengelernt hat. Es handele sich um ein technisch und energetisch bestens ausgerüstetes Gebäude, in dem Unternehmen Flächen anmieten könnten, „um an neuen Ideen zu tüfteln“. Solbach verspricht sich davon, dass durch das Zusammenkommen verschiedener Disziplinen neue, spannende Ideen entstehen könnten. Der Investor aus Süddeutschland würde das Projekt in Bedburg sogar betreiben, nur bauen würde er es nicht.

Außerdem sieht Solbach die Zukunft im Wasserstoff. So soll über den Windpark, der, wenn zu viel Strom im System ist, ausgeschaltet wird, mittels Elektrolyse Wasserstoff produziert werden, der dann für Mobilität und in der Agrarwirtschaft – zum Beheizen großer Anlagen – genutzt werden könnte.

Sascha Solbach ist davon überzeugt, dass die Kommunen bei den Verantwortlichen in Berlin Gehör gefunden haben. „Es mangelt bei der ganzen Sache nicht an den richtigen Leuten oder den Ideen, die Verfahren sind das Problem“, sagt er. Dass bisher so wenig passiert sei, sieht er als gesamtgesellschaftliche Gefahr. Viele betroffene Beschäftigte wüssten gar nicht, wo sie stünden.

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