Tollkühner SportBergheimer war einst Schrittmacherkönig für Steher-Radrennfahrer

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Christian Junggeburth steht auf einem Motorrad, hinter ihm auf dem Fahrrad Arthur Stellbrink.

Christian Junggeburth mit Arthur Stellbrink im Jahr 1920.

Christian Junggeburth aus Bergheim hatte einen waghalsigen Beruf: zu Tode kam der Rennradfahrer aber im Straßenverkehr.

Er fuhr unzählige waghalsige Rennen auf seinem Motorrad mit der Weltspitze der Steher-Radrennfahrer an der Rolle. Zu Tode kam er jedoch nicht auf der Radrennbahn, sondern im Straßenverkehr. Der Bergheimer Christian Junggeburth ist nahezu in Vergessenheit geraten. Für das nächste Jahrbuch des Geschichtsvereins hat der Bergheimer Heimathistoriker Helmut Schrön das Leben des damals begehrten Schrittmachers recherchiert und nachgezeichnet, um ihm wieder zu einem gebührenden Platz im Gedächtnis der Stadt zu verhelfen.

1887 wurde Junggeburth als Sohn des Bergheimer Landwirts, Fuhrmanns und Manufakturhändlers Josef Junggeburth und seiner Frau Katharina an der Hauptstraße 35 geboren. Schon während der Ausbildung zum Metzger fuhr er Straßenrennen und war auch als Ringer aktiv. 1905 wechselte er – weitgehend erfolglos – ins Berufsfahrerlager, wie der Bonner Generalanzeiger in einem Nachruf 1929 berichtete. Bald kamen die Schrittmacher-Rennen auf und Junggeburth wechselte vom Rennrad aufs Motorrad.

Auf einem Jagdschein, 1910 ausgestellt vom Landratsamt Bergheim, taucht erstmals die Berufsbezeichnung „Schrittmacher (Pacemaker)“ auf. „Junggeburth war ein Schrittmacher, der seinen Beruf ehrlich und fair auffasste, wie es sich eigentlich für jeden Sportsmann gehören sollte. Er war ein Mann, der im Rennen keine Gefahr kannte, sondern kaltblütig ran ging“, zitiert Schrön aus dem Nachruf. Junggeburth führte prominente Steher, wie den Holländer Cornelius Blekemolen und die Weltmeister Robert (Bobby) Walthour (USA) und Victor Linart (Belgien).

Bergheim: Junggeburth wurde Vizeweltmeister

1925 führte er Karl Saldow zum deutschen Meistertitel, wie Schrön aus Archivmaterial recherchiert hat. Junggeburths größter Erfolg war demnach 1927 der Titel des Vizeweltmeisters, den er am 24. Juli 1927 mit dem Kölner Paul Krewer auf der Bahn im Stadion am Zoo in Elberfeld, heute ein Stadtteil von Wuppertal, errang.

Zum Verhängnis wurde dem tollkühnen Biker ein Verkehrsunfall auf der Bonner Straße in Köln. Als Beifahrer des berühmten Kölner Steherfahrers und Teamkollegen Paul Krewer war er Ostern 1929 auf dem Weg zu einem Radrenntag in Frankfurt, als das Auto mit einer Straßenbahn kollidierte. Während Krewer nahezu unverletzt blieb, zog sich Junggeburth einen Trümmerbruch des rechten Fußgelenkes, einen Nasenbeinbruch und eine schwere Handverletzung zu.

Im Kölner Antonius-Krankenhaus in Köln-Bayenthal starb er gut drei Wochen nach dem Unfall an einer Blutvergiftung. Schröns Aufsatz „Christian Junggeburth, ein Weltklassesportler aus Bergheim“ soll im Jahrbuch 2024 des Bergheimer Geschichtsvereins erscheinen. Für das Jahrbuch plant Schrön zudem eine Arbeit über den Bahnradsport in Bergheim von 1911 bis 1925.

Wie er Hinweisen aus dem Archiv entnommen hat, gab es neben einer Radrennbahn an der Schützenstraße am heutigen Polizei-Gebäude eine zweite Arena im Bergheimerdorf. „Die Archivlage zum Radsport in Bergheim zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts ist lückenhaft, was die Radrennbahnen in Bergheim betrifft“, bedauert Schrön. Von beiden Bahnen gebe es nur sehr knappe Hinweise, aber keine Fotos. Helmut Schrön, der unter 02271/65308 und per Mail erreichbar ist, ist daher auf der Suche nach weiteren Informationen.

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