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WirtschaftBergheims Bürgermeister sieht trotz Insolvenz eine Zukunft für Siewert & Kau

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt Männer mit Anzügen, die Spaten in der Hand halten.

Bürgermeister Volker Mießeler (l.), Ortsbürgermeister Rudi Schiffer (3.v.l.) und die Bauträgen und -finanzierer besorgten mit Björn Siewert (2.v.l.) Holger (2.v.r.) und Oliver Kau (3.v.r.) den symbolischen Spatenstich für ein neues Logistikgebäude.

Noch 2022 hatte Siewert & Kau den Spatenstich gesetzt, um seine Bergheimer Flächen zu verdoppeln. Nun ist das Unternehmen insolvent. 

Dass das Bergheimer IT-Unternehmen Siewert & Kau Insolvenz anmelden musste (Aktenzeichen: 70k IN 179/25), hat selbst Bürgermeister Volker Mießeler (CDU) überrascht. „Ich bin letzte Woche Donnerstag von einem der Geschäftsführer angerufen worden und darüber informiert worden, dass das diese Woche leider erfolgen wird“, sagt Mießeler auf Anfrage dieser Zeitung.

Über die Gründe für die Insolvenz hätten sie aber noch nicht in aller Ausführlichkeit gesprochen. „Wir werden uns diese Woche Freitag treffen, um uns intensiv auszutauschen. Dann erfahre ich mehr über die Gründe, die ich im Moment nur am Rande kenne.“

Insgesamt gibt Mießeler trotz dieses Dämpfers der Kommune eine gute Entwicklungsprognose. Bergheim stehe dank der konkreter werdenden Ansiedlung von Microsoft und dem Digitalpark in der Außenwahrnehmung sehr positiv da. „Trotzdem werden wir natürlich unsere Unternehmen, die auch ja seit vielen Jahren in Bergheim angesiedelt sind, an der Stelle mitnehmen und auch hier gemeinsam nach Lösungen suchen.“

Bergheimer Unternehmen mit 400 Mitarbeitern insolvent

Siewert & Kau ist im Bereich des IT-Handels bekannt und arbeitet mit Branchengrößen wie Dell Technologies und Fujitsu zusammen. Siewert & Kau versorgt den Fachhandel unter anderem mit Software oder PC-Zubehör und bietet Logistikservices an.

Laut eigenen Angaben beschäftigt das Bergheimer Unternehmen rund 400 Mitarbeitende in Niederlassungen in Braunschweig, Halle (Saale), Paderborn, Soest, Hengelo (Niederlande) und Premià de Mar (Barcelona/Spanien), North Data beziffert den Umsatz 2023 mit über 700 Millionen Euro.

Bergheim: Siewert & Kau startete als kleine Firma

Siewert & Kau hatte klassisch als „Garagenfirma“ angefangen. Die gebürtigen Bergheimer Björn Siewert, Holger Kau und Oliver Kau hatten das Unternehmen 1994 gegründet. Anfangs vertrieben sie ihre Computer noch im Keller von Björn Siewerts Elternhaus. Mit den Jahrzehnten wuchs ihr Geschäft rasant an. Schon 2006 hatten sie laut eigenen Angaben bereits einen Umsatz von 333 Millionen und beschäftigten rund 133 Mitarbeiter in verschiedenen Niederlassungen in Deutschland, Frankreich und Spanien.

Das Unternehmen investierte aber auch kräftig in den Heimatstandort – es steckte 20 Millionen in den Gewerbepark in Bergheim, darunter auch fünf Millionen für eine Erweiterung, deren Spatenstich im Jahre 2022 noch nicht lange zurückliegt. „Wir glauben an den Standort Bergheim“, hatte Björn Siewert es damals begründet und die Erweiterung als „einen großen Schritt in die Zukunft“ gesehen. Und auch Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler (CDU) war voll des Lobes: „Siewert & Kau ist ein Vorzeigeunternehmen in der Stadt.“

Überhaupt mausert sich Bergheim immer mehr als technologische Hochburg. Immerhin hat die Ansiedlung von Microsoft-Rechenzentren und dem geplanten Digitalpark Hoffnung auf ein Gelingen des Strukturwandels gemacht. Da passt ein insolventer heimischer IT-Distributor nicht so recht ins Bild.

Grund für die Insolvenz von Siewert & Kau noch unklar

Wie kam es also zur Insolvenz? Ein angekündigtes Statement des Unternehmens erreichte unsere Redaktion nicht, durch die Fachpresse kursierte aber eine ganze Reihe von möglichen Gründen. Zum einen soll eine Geschäftsbank eine Bankverbindung gekündigt haben, was zu weiteren Kündigungen durch andere Banken und finanziellen Engpässen geführt haben soll.

Aber ganz allgemein habe das Unternehmen vor strukturellen Herausforderungen gestanden, da es stark in einem Segment verankert gewesen sei, das zuletzt unter Druck geraten ist – dem einmaligen Verkauf von Produkten. In der IT-Branche zeichnet sich aber ein wachsender Trend zu mehr Beratung- und Serviceangeboten ab. Hier habe Siewert & Co zwar durch den Ausbau solcher Angebote gegengesteuert, die strukturellen Defizite aber nicht kompensieren können. Überhaupt habe der Markt nach dem Aufschwung während der Corona-Pandemie geschwächelt.

Der Insolvenzantrag erreichte das Amtsgericht in Köln am 5. Mai. Vorläufig hat das Gericht die Rechtsanwältin Marion Rodine als Insolvenzverwalterin bestimmt. Laut Fachpresse beabsichtige das Unternehmen, den Geschäftsbetrieb fortzusetzen und arbeitet daran, die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.

Volker Mießeler ist optimistisch, dass es mit Siewert & Kau weitergeht

Doch wie soll es nun für Siewert & Kau weitergehen? „Die Ankündigung ist die, dass es ein geordnetes Verfahren geben soll, in dem man auch das Heft des Handelns in der Hand halten möchte“, sagt Mießeler. „Weil man auch zu 80 Prozent davon ausgeht, dass man am Ende ein gutes Ergebnis bekommt und der Betrieb dann auch weitergeht.“ Die Stadt werde dabei auch im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeit unterstützen, da sie ein großes Interesse am Fortbestand des Unternehmens habe. „Wir reden ja insgesamt über 400 Arbeitsplätze, nicht nur Bergheim, sondern auch an vielen anderen Standorten, die auch betroffen sind.“

Es bleibt auch bei seinem Urteil, dass Siewert & Kau Vorzeigecharakter hat, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von einer dreiköpfigen Firma hin zu einem der Top 100 Unternehmen in NRW. „Vom Unternehmen werden Geschäftsfelder angesprochen, die in der Zukunft eine ganz große Rolle spielen werden. Auch die Nähe zu Microsoft wird sich auf keinen Fall negativ auswirken. Das gibt mir die große Hoffnung, dass das Unternehmen es schafft, sich selbst herauszuziehen. Die waren immer sehr kreativ, was das betrifft.“