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Serie LadenlokalSeit 30 Jahren wird bei Pfeifen Heinrichs in Bergheim geschmaucht

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Zu sehen sind Chefin Gertrud Heinrichs und ihre Enkelkinder Bastian Juris, Jaqueline Heinrichs, Janine Heinrichs und Dominik Juris.

Chefin Gertrud Heinrichs führt den Familienbetrieb mit ihren Enkelkindern Bastian Juris, Jaqueline Heinrichs, Janine Heinrichs und Dominik Juris (v.l.n.r.).

Bei Pfeifen Heinrichs im Bergheimer Stadtteil Niederaußem gibt es Pfeifen und Tabak in allen Preislagen.

Bei Pfeifen Heinrichs darf geraucht werden. Kundinnen und Kunden schmauchen Pfeifen und Zigarren zu Tisch im Freien vor dem Eingang und im Verkaufsraum des „Chateau Henri“, wie der verstorbene Hausherr Peter Heinrichs das vor 30 Jahren errichtete Haus im Niederaußemer Industriegebiet genannt hat. Das „Haus der 10.000 Pfeifen“ am Kölner Neumarkt sei aus allen Nähten geplatzt, erinnert sich die heutige Chefin des Familienbetriebes, Gertrud Heinrichs. In den 1970er-Jahren habe man mal nachzählen müssen, um den Vorwurf der Werbetäuschung abzuwenden, es seien deutlich mehr als 10.000 gewesen.

Die Idee „auf der grünen Wiese“ zu bauen, sei eine ihrer besten gewesen, sagt Gertrud Heinrichs. Ursprünglich wollten sie das Haus als Lager und zum Befüllen von Warenpaketen nutzen, die sie in alle Welt schickten, zu diesem Zeitpunkt habe zudem der Online-Handel Fahrt aufgenommen. Erst später sei der Plan entstanden, auch vor Ort ein Geschäft zum Verkauf von Pfeifen und Tabakwaren zu eröffnen.

Tausende Kunden und prominente Besucher kamen zur Eröffnung

Tausende stürmten zur Eröffnungsfeier das Geschäft, schildert Gertrud Heinrichs, darunter Prominenz wie der damalige Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes, der Pfeifenmacher und Kenner Otto Pollner und Pfeifentabakhersteller Maikel Kohlhase. Genau wie im Kölner Geschäft habe man am neuen Standort die Geschäftsideen ihres Mannes umgesetzt.

In den 1970er-Jahren habe er im „Haus der 10.000 Pfeifen“ etabliert, was heute in jedem Frisörladen zum guten Ton gehöre, jedem Kunden eine Tasse Kaffee anzubieten, egal, ob er „das dicke Portemonnaie“ gehabt habe oder nicht. „Ich baue zu meinen Kunden persönliche Beziehungen auf, das hat auch mit meiner kölschen Mentalität zu tun. Hier geht es zu wie beim Kaffeeklatsch mit Tante Emma“, sagt Gertrud Heinrichs.

„Ich heiße Männi und wie heißt du?“, so habe sich der 16-jährige Peter Heinrichs ihr am 3. Mai 1962 im Modegeschäft am Gürzenich vorgestellt, wo sie damals gearbeitet habe. Er war einer der Söhne von Peter Heinrichs, der zusammen mit dem Großvater Leo Heinrichs 1908 in Köln einen Tabakwarenhandel eröffnet hatte. 1963 habe er sich selbstständig gemacht. Als Ehepaar hätten sie neue Ideen entwickelt, wie das Einsteigerpaket für Pfeifenraucher, eine Pfeife im Etui zusammen mit Reiniger, Filter, Stopfer und einer Probe Tabak. Später sei es die eigene Zigarettenmarke gewesen, gestopft mit Pfeifentabaken verschiedener Geschmacksrichtungen, Vanille, Kirsche, Whisky oder Cappuccino. Das sei ein gutes Geschäft gewesen, bis zum Verbot aromatisierter Tabak in Zigaretten.

Eigenmarken wurden etabliert

Unter dem Label Peter Heinrichs hätten sie Eigenmarken beim Pfeifentabak, bei Pfeifen, Zigarren und Spirituosen etablieren können, produziert in namhaften Markenbetrieben. Der Kunde Friedhelm Beschoten stößt mit sichtlichem Vergnügen den Rauch einer Zigarre in dichten Wolken aus den Nasenlöchern. Rund 30 Kilometer Anfahrt aus Korschenbroich nehme er gerne in Kauf, um im begehbaren Humidor – so groß wie anderswo ein Wohnzimmer – Zigarren zu kaufen, sich Herkunft, Herstellung und Geschichten von den Angestellten Ahmed Özkan und Maurice Kleefisch erzählen zu lassen. Das sei Teil des Rauchvergnügens.

Ob es den Betrieb in 50 Jahren noch gebe, wisse sie nicht, sagt die 77-jährige. Die Gesetzgebung zum Nichtraucherschutz erschwere das Rauchen in der Öffentlichkeit und Nichtraucher übten Kritik am Geschäft mit dem Tabak – bisweilen unterhalb der Gürtellinie. Aber vermehrt entdeckten junge Leute das Pfeiferauchen. Verjüngt habe sich auch der Betrieb. Heute kümmerten sich mit ihren Töchtern Sandra und Tanja und den Schwiegersöhnen auch ihre Enkelkinder um den Verkauf in beiden Geschäften und den Online-Handel, Bastian und Dominik Juris und die Zwillinge Jacqueline und Janina Heinrichs. Insgesamt beschäftige sie 17 Leute.


Pfeifen Heinrichs bietet im Niederaußemer „Chateau Henri“ große Vielfalt

Bei Pfeifen Heinrichs im Niederaußemer „Chateau Henri“ in der Voltastraße 17 gibt es keine Zigaretten. Pfeifen in allen erdenklichen Preislagen von bekannten Serienherstellern, als auch Sammler- und Einzelstücke berühmter Pfeifenmacher gibt es zu kaufen und so genannte Estates, gebrauchte und wiederaufgearbeitete Pfeifen, dazu rund 450 verschiedene Sorten aromatisierter und naturbelassener Pfeifentabak. Zigarren, Zigarillos, Spirituosen und Accessoires runden das Angebot ab. Zum Service gehört das Aufpolieren in die Jahre gekommener Pfeifen.

Im Obergeschoss sind Stücke aus der Jahrhunderte alten Geschichte des Tabakkonsums zu sehen. Tabakgeschichte und Geschichten schrieb Peter Heinrichs selbst in seinem Buch „Ich liebe mich“ auf. Pfeifen Heinrichs ist unter der Telefonnummer 02271568890 oder per Mail zu erreichen. Auf der Homepage sind der Online-Handel sowie Seminare und Tastingevents zu Pfeifen, Zigarren und Spirituosen zu finden. (otr)