Explodierende KostenTierheim Bergheim: „Wir sind voll bis unters Dach“

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Die Behandlung von Yuki hat das Tierheim Bergheim 3700 Euro gekostet.

Bergheim – Die Kaninchen sitzen am Empfang, die Hunde tummeln sich in den Büros der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierheims Bergheim. Was putzig klingt, hat einen ernsten Hintergrund. „Wir sind voll bis unters Dach“, sagt Sylvia Hemmerling, Sprecherin des Tierheims. Auch der Deutsche Tierschutzbund schlägt Alarm: Tiere, die jetzt, da die Menschen nach den Corona-Lockdowns wieder mehr raus gehen, zurückgegeben werden, sowie steigende Kosten brächten die Tierheime an ihre Grenzen.

„Steigende Energiepreise, höhere Kosten für Tierfutter und für Tierärzte durch die geplante Anpassung der Gebührenordnung (im September, Anm. d. Red.) so wie die Anhebung des Mindestlohns werden die Situation in Richtung Herbst noch verschärfen“, prophezeit der Tierschutzbund in einer Mitteilung. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, meint: „Die vielen Tiere in Betreuung bringen das Personal an seine Grenzen.“

Mitarbeiter des Bergheimer Tierheims sind am Limit

Das kann Sylvia Hemmerling bestätigen. „Die Kollegen sind auf jeden Fall am Limit.“ Wie in vielen andern Branchen auch fehlen im Tierschutz die Fachkräfte. „Wir suchen verzweifelt eine Tierarzthelferin“, sagt Hemmerling. Derzeit gebe es im Bergheimer Tierheim mehr als 100 Katzen, dazu werden momentan viele Kleintiere wie Igel und Vögel, die gefunden werden, dorthin gebracht. „Wir improvisieren und improvisieren, aber theoretisch passt keine Maus mehr rein“, beschreibt Hemmerling. Weil aber der Tierschutz immer an oberster Stelle stehe, fände man im Notfall immer wieder Lösungen.

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Kurti ist eine von mehr als 100 Katzen im Bergheimer Tierheim.

Ein „Riesenproblem“ für das Bergheimer Tierheim sind explodierende Kosten für den Tierarzt. „Die Besitzer können die Tierarztkosten nicht mehr zahlen.“ Und für das Bergheimer Tierheim, das vom Verein „Bund gegen Missbrauch der Tiere“ getragen wird und auf Spenden angewiesen ist, machen die Tierarztkosten eine erhebliche Belastung aus. Hemmerling rät Tierbesitzern, eine Versicherung abzuschließen.

Bergheim: OP-Kosten von fast 4000 Euro

Die weiße Katze „Yuki“ wurde abgegeben, weil ihr Halter den Tierarzt nicht bezahlen konnten: 3700 Euro. Auch die OP für „Jessi“, eine Mopshündin, die zunächst als Fundtier dort abgegeben worden war, zahlte das Tierheim. Wie sich jetzt herausstellte, war „Jessi“ allerdings keinesfalls ein Fundtier. Ihre Besitzer wollten sie nicht mehr. „Da sind wir veräppelt worden“, sagt Hemmerling hörbar verärgert.

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Auch für Tierarztkosten für Simba musste das Bergheimer Tierheim auskommen.

Gleichzeitig zu den steigenden Kosten für Tierarzt, Futter und Energie, dazu dem knapper werdenden Platz, nehme im Moment die Spendenbereitschaft der Leute ab. „Und ich kann das verstehen. Die Lebenshaltungskosten werden immer höher, und da kündigt man als erstes eine Tierpatenschaft“, so Hemmerling. Für das Tierheim sei das problematisch.

Deutscher Tierschutzbund fordert Hilfe von den Kommunen

Der Tierschutzbund fordert von den Kommunen, die Kostenerstattung für Fundtiere um mindestens 40 Prozent zu erhöhen. „Auch sehen wir die Bundesregierung in der Pflicht: Sie muss die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verbrauchsstiftung für Tierheime großzügig ausstatten und unverzüglich auf den Weg bringen, bevor es zu spät ist“, so Präsident Thomas Schröder.

Und weiter: „Wir brauchen eine konzertierte Aktion für die Tierheime: Bund, Länder und Kommunen müssen schnellstens mit dem Tierschutz an einen Tisch und mit einem gemeinsamen Rettungsplan verhindern, dass der praktische Tierschutz in Deutschland zusammenbricht.“

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