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Grass-Kastanie in BergheimKranker Baum trotzte Sturm

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Der schöne Treppenaufgang mit Natursteinen hoch zum Friedhof Oberaußem ist gesperrt, weil die alte Kastanie krank ist.

Der schöne Treppenaufgang mit Natursteinen hoch zum Friedhof Oberaußem ist gesperrt, weil die alte Kastanie krank ist.

Bergheim – Noch in der Nacht nach dem Sturm am Pfingstmontag zog es Dominic Unger auf den Friedhof in Oberaußem. Er wollte nachschauen, wie „seine“ Kastanie das Unwetter überstanden hatte. Und siehe da: Während das Unwetter landauf, landab zahlreiche Bäume entwurzelt und mächtige Äste abgerissen hatte, blieb die vermutlich rund 300 Jahre alte oben auf dem Friedhofshügel stehende Kastanie nahezu unbeschadet. „Es sind nur zwei armdicke Äste abgebrochen“, sagt Unger. „Und das, obwohl sie voll im Wind steht.“

Das war so nicht zu erwarten, denn der Baum, unter dem schon als junger Mann der heutige Literaturnobelpreisträger Günter Grass und Boxweltmeister Max Schmeling gesessen haben sollen, gilt als schwer krank. Unger leitet eine Projektgruppe des Oberaußemer Stadtteilforums, die sich ausschließlich dem Kampf gegen einen Pilz, ein Bakterium und die Miniermotte im Baum widmet.

Doch weil die sogenannte Grass-Kastanie dem Sturm so tapfer getrotzt hat, fordert die Oberaußemer CDU nun erneut, den wegen der Gefahr des Astbruchs gesperrten Friedhofsaufgang endlich wieder zu öffnen. „Der Abbruch von Totholz, den die Fachwelt befürchtet hatte, ist trotz der ungünstigen Lage des Baumes zum Sturm nicht eingetreten, sodass man nach der Erfahrung mit dem Unwetter den Treppenaufgang wieder freigeben sollte“, schreiben Achim Mörs und Hans-Josef Weck. Der beliebte Weg zum Friedhof solle wieder nutzbar sein.

„Wenn ein Ast im Sturm nicht bricht, ist das nicht der Beweis, dass alles in Ordnung ist“, sagt hingegen Baumgutachter und Biologe Bernhard Arnold, der die 18 Meter hohe Oberaußemer Kastanie für die Stadt Bergheim im Auge behält. Der Baum habe nach wie vor schwere Schäden und sei sehr krank. „Wir haben zwar keine gravierenden Verschlechterungen, aber auch keine deutlichen Verbesserungen erkennen können.“ Lediglich um die Gesundheit der „Restbelaubung“ stehe es etwas besser. „Das ist sicher dem Einsatz des Stadtteilforums gegen die Miniermotte zu verdanken.“

Auch wenn die Aussichten auf Erfolg statistisch gesehen gering seien, solle man dem Baum noch etwas Zeit geben, sagt der Baumgutachter. „Es ist schließlich ein sehr schöner und alter Baum, und es ist jedem zuzumuten, ein paar Meter Umweg zum Friedhof zu gehen, wenn der Baum dafür noch etwas länger stehen bleiben kann“, sagt Arnold.

„Es ist für Kastanien durchaus üblich, dass es nach einer Trockenphase im Sommer zum Astabbruch kommt“, sagt Andreas Beyerle von der Stadt Bergheim, der den Baum ebenfalls noch nicht als gerettet betrachtet. „Es ist sehr schwer für Leute, die für die Verkehrssicherheit zuständig sind, mal eben zu sagen: Komm, wir versuchen es mal und geben den Weg frei.“

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