Vor 50 Jahren fertiggestelltSt. Paulus in Bergheim wirkt wie ein Kraftwerk

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Pauluskirche-Jubilaeum

Vor 50 Jahren wurde die Pauluskirche mit dem frei stehenden Rufer-Glockenturm im Schatten des Kraftwerks errichtet.

Bergheim-Niederaußem – Viele Kirchen in der Region wurden um das Jahr 1900 im neugotischen oder neuromanischen erbaut, teils auf oder neben Vorgängerbauten, die bis auf das Mittelalter zurückgehen. Dagegen ist die Niederaußemer St.-Paulus-Kirche geradezu ein Jüngling. Sie wurde vor 50 Jahren an Pfingsten fertiggestellt, und das nicht als Ersatz, sondern in den Neubaugebieten als zusätzliche Filialkirche zur Kirche St. Johannes Baptist im alten Ortskern.

Im Jahr 1950 hatte Niederaußem 3229 Einwohner. Das sollte sich bald rapide ändern. 1955 wurde der Tagebau Fortuna-Garzweiler aufgeschlossen, 1963 ging das Kraftwerk in Betrieb, und sechs Jahre später lebten schon 4355 Einwohner beiderseits der neu gebauten Bundesstraße 477, wo heute knapp 6000 Menschen leben.

Vorgängerbau wurde zu klein

Die 1908 erneuerte Kirche an der Alten Landstraße war zu klein geworden. So fassten Pfarrer Wilhelm Schallenberg, von 1958 bis zu seinem Tod 1987 katholischer Seelsorger in Niederaußem, und sein Kirchenvorstand 1961 den Entschluss, in den neuen Wohnquartieren im Osten des Orts eine Kirche mit 350 Sitzplätzen zu bauen.

„Probleme gab es, weil auch die Oberaußemer ähnliche Pläne hegten“, weiß Diakon Hermann-Josef Schnitzler aus den Kirchenbüchern. Die Nachbarn wollten nur wenige Hundert Meter entfernt in der Nähe des Eulenturms eine Kirche bauen. Die Pläne zerschlugen sich.

Die Stadt erwarb ein Grundstück an der Wiesenstraße (heute Paulusstraße). Bald stellte sich heraus, dass der Standort neben dem Fußballplatz ungünstig war, und die Parzelle wurde gegen den heutigen Standort getauscht. Als Architekt konnte Schallenberg den Horremer Hanns Walter Lückerath gewinnen, der zur Kölner Kirchbau-Schule um Dominikus Böhm zu zählen ist.

Er plante eine „Wegekirche“, die Arbeitswelt und Lebensweg aufgreift. Von der Kreuzung Oberaußemer Straße aus führt ein gerader Weg durch den frei stehenden, kreuzförmigen Kirchturm hinein in die Kirche und bis zum „Himmlischen Tor von Jerusalem“.

Das Tor, das den Wendepunkt zwischen irdischem und ewigem Leben symbolisiert, schließt als angedeutete Apsis den großzügigen Altarraum ab. Der Kölner Bildhauer, Steinmetz und Kirchenmaler Walter Prinz fertigte außer dem Himmelstor den bronzenen Altarleuchter ebenso wie Kreuz, Altar, Ambo, Sakramentshaus und Taufbecken. Als Stein wurde schwedischer roter Granit ausgewählt.

Im Jahr 2000 neu ausgemalt

Seit 2000, als Prinz die Kirche innen neu ausmalte, beherrschen Stein und Tünche in vielen Terrakotta-Tönen das trotz Beton warme Gesamtbild. Das Seitenschiff dient als Kinderkirche.

Sogar die heilige Barbara, Patronin der Bergleute, darf hier mit Puppen spielen. Gegenüber wurde wenig später eine respektable Klais-Orgel eingebaut, zwei Jahre später folgte ein beachtenswerter abstrakt-expressiver Kreuzweg von Hermann Gottfried.

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„Die Kirche greift die Silhouette des Kraftwerks auf“, erläutert Karl-Heinz Schippers, ehemaliger Kirchenvorstand und Lehrer am Erftgymnasium. „Das war schon ein tolles Gefühl, eine solch große Kirche im Ort zu haben“, erinnert sich der Kirchenvorstand und Ur-Niederaußemer Manfred Erken.

Paulus war der Lieblingsheilige Schallenbergs. Die Namenswahl zog weite Kreise in Niederaußem. Eine Straße wurden ebenso nach dem Patron benannt wie die Hauptschule und die Apotheke. Den Namen Schallenbergs soll bald der Weg entlang der Kirche bekommen.

Eine große Feier war für Pfingsten geplant. Daraus wurde nichts. Aus dem Festtag wurde kurzerhand ein Festjahr, damit die Feier am nächsten Pfingstfest nachgeholt werden kann. Für den Spätherbst ist eine Fotoausstellung geplant, unter anderem von der Kirchweihe, die erst 1976 stattfand.

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