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Unternehmen wird 100So stellt sich die Firma Rheingas aus Brühl auf die Energiewende ein

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Zu sehen ist Geschäftsführer Uwe Thomsen, der sich auf eine Gasflasche abstützt.

Uwe Thomsen ist seit 2001 Geschäftsführer der Rheingas GmbH, die nun auf eine 100-jährige Geschichte zurückblickt.

Im 100. Jahr ihres Bestehens muss sich die Firma aus Brühl mit dem Abschied von fossilen Brennstoffen beschäftigen.

Die Brücke in eine neue Zeit schlägt man bei Rheingas nicht zum ersten Mal. Als sich in den 1970er-Jahren immer mehr Menschen für Gasheizungen interessierten, das Netz aber nur allmählich wuchs, war der Anbieter für Flüssiggas mit Sitz in Brühl gefragt, Tanks zu befüllen, um Gebäude und Haushalte losgelöst vom Leitungsnetz zu versorgen.

Angesichts der Klimakrise und des beginnenden Abschieds von fossilem Gas dürfte sich mancherorts der Betrieb eines weitverästelten Leitungsnetzes nicht mehr lohnen. Erneut braucht es eine Brücke in die Zukunft, eine zwischenzeitliche Versorgung bestehender Abnehmer mit Gas. Produkte des Brühler Unternehmens könnten dabei gefragt sein. „Wir beobachten diese Entwicklung sehr intensiv“, erklärt Uwe Thomsen, seit 2001 Geschäftsführer der Rheingas GmbH.

Brühl: Der Blick auf neue Geschäftsfelder ist gefragter denn je

Im Jahr des 100-jährigen Bestehens ist der Blick auf veränderte oder neue Geschäftsfelder vielleicht gefragter denn je. Und in dem Unternehmen, dessen weiße Hochbehälter seit Jahrzehnten die Silhouette des östlich von Brühl-Vochem gelegenen Industriegebiets bestimmen, will man diese Herausforderung annehmen. „Wir versuchen, uns tastend durch Energiewende zu bewegen“, beschreibt Thomsen das sich immer wieder unter politischem Einfluss ändernde Umfeld.

Der 64-Jährige führt den Betrieb in vierter Generation. Sein Urgroßvater Josef Kolvenbach, zuvor Bergbaudirektor, machte sich 1925 selbstständig und schuf in einem Haus an der Auguste-Viktoria-Straße das Sauerstoffwerk Brühl.

Zu sehen sind zwei Arbeiter, die vor vielen Gasflaschen stehen.

In den 1950er- und 1960er-Jahren füllte man beim Vorgänger-Unternehmen der heutigen Rheingas GmbH bereits Flüssiggas in Flaschen ab, um Haushalte und Geschäftskunden zu beliefern.

An diese bescheidenen Anfänge erinnert nicht mehr viel. Rheingas, wie das Unternehmen seit 1976 heißt, ist seit Jahrzehnten im Stadtteil Vochem zu Hause und inzwischen einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Am Standort Brühl sind 151 Menschen tätig, darunter fünf Azubis. In der gesamten Gruppe, zu der Firmen in den Niederlanden und Polen gehören, arbeiten 536 Menschen. Der Gesamtumsatz des Gesamtkonzerns lag zuletzt bei 225 Millionen Euro.

Der Kern des Geschäfts ist nach wie vor der Handel mit Flüssiggas großenteils aus Propan, ein Gas, das bei der Weiterverarbeitung von Erdöl zu Treibstoffen als Nebenprodukt sowie bei der Förderung von Erdgas und Erdöl anfällt. Von Raffinieren und Förderstätten gelangt das Gas nach Brühl, wo es teils in Flaschen abgefüllt wird, damit Dachdecker, Camper und Gastronomen ihre Gasbrenner, Kocher und mobilen Grillbuden betreiben können.

Noch größere Mengen gehen per Tankwagen an die Kundschaft. Mit dem Waggonwerk Brühl, Basell und Mauser gehören auch Gewerbebetriebe im näheren Umfeld zu den Abnehmern. Mit dem so genannten LPG (Liquified Petroleum Gas) werden jedoch vor allem Haushalte mit Brennstoff versorgt, die nicht an das Erdgasnetz angeschlossen sind. Hinzu kommen mehr als 200 Tankstellen, die Rheingas mit Autogas versorgt.

Auf den Abschied von fossilen Energien bereitet man sich bei Rheingas auf dreierlei Weise vor: „Wir können mit einem Energieträger mit hoher Energiedichte flexible Lösungen schaffen und in jede Nische springen“, verweist Thomsen auf Gaswärmpumpen, Brennstoffzellen sowie mobile Anwendungen für Flüssiggas, mit denen man etwa im von der Überflutung betroffenen Ahrtal provisorische Küchen versorgte und Warmwasser aufbereitete.

Zu sehen sind weiße Hochtanks.

Die Hochtanks der Firma Rheingas gehören seit Jahrzehnten zur Silhouette des Vochemer Gewerbegebietes.

Zudem hat man das Portfolio um Heizungsbau, die Konzeption von Photovoltaikanlagen sowie die Nutzung der Wasserstofftechnik erweitert. Und drittens bietet man seit einigen Jahren Flüssiggas auch als Bio-Variante an. Dabei greift Rheingas auf Gase zurück, die bei der Herstellung von Biodiesel entstehen, also großenteils aus organischen Rest- und Abfallstoffen gewonnen werden.

Das Gas kann ohne Umstellung in bestehenden Gasthermen verbrannt werden, verursacht aber im Vergleich zur fossilen Variante einen um rund 90 Prozent reduzierten Kohlendioxid-Ausstoß. Noch sei das Biogas rund 30 Prozent teurer als die fossile Variante. „Aber letztlich kommt es beim Preis auf die Nachfrage an“, betont der Geschäftsführer. Für ihn steht fest, dass man am Ende jeden Energieträger braucht, um die Energiewende zu meistern und Versorgung und Wohlstand zu erhalten.