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„Man musste dafür leben“
Gründer-Nichte gibt Einblicke hinter die Kulissen des Phantasialand

5 min
Nina Halberkann, Nichte von Freizeitpark-Gründer Richard Schmidt, zeigt ihrer Tochter Figuren der „Scala“ im Phantasialand.

Nina Halberkann, Nichte von Freizeitpark-Gründer Richard Schmidt, zeigt ihrer Tochter Figuren der „Scala“ im Phantasialand.

Als Kind war das Phantasialand wie ein großer Spielplatz – später wurde es dann doch auch für sie zur Lebensaufgabe.

In seiner Gründungszeit begann das Phantasialand als eine Art Familienunternehmen. 1966 wurde das Gelände in Brühl für den geplanten Freizeitpark angepachtet. Die Zahl der festen Mitarbeiter beschränkte sich auf sieben Personen. Alle von ihnen hatten Familienbezug zu den Parkgründern Richard Schmidt und Gottlieb Löffelhardt.

Eine von ihnen ist Nina Halberkann, die Nichte von Richard Schmidt. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ schildert sie, welche Bedeutung das Phantasialand für sie hatte – und wie der Freizeitpark schließlich doch für sie zur Lebensaufgabe wurde.

„Nina, lös' mal die Kasse ab“: Gründer-Nichte half schon früh im Phantasialand aus

Zur Zeit der Parkgründung war die Gründer-Nichte gerade erst elf Jahre alt und befand sich noch mitten in der Schulzeit. Der Freizeitpark war für sie eher so etwas wie eine Art Abenteuerspielplatz. In den Anfangsjahren wohnte sie mit ihren Eltern sogar in einer Villa auf dem Parkgelände.

Dass sie im Phantasialand mit anpackte, wurde als Selbstverständlichkeit verstanden. Und als der Park dann lief, habe es immer geheißen: „Nina, komm mal her, lös' mal die Kasse ab“, erinnert sich die heute 70-Jährige. Damals musste man neben dem Eintrittspreis, der früher 2 D-Mark kostete, für verschiedene Attraktion noch separat bezahlen. 50 Pfennig seien das gewesen.

Historisches Foto aus dem Phantasialand. Im Hintergrund die Nachbildung vom Brandenburger Tor, eine der ersten Attraktionen des Parks.

Historisches Foto aus dem Phantasialand. Im Hintergrund die Nachbildung vom Brandenburger Tor, eine der ersten Attraktionen des Parks.

Der berufliche Werdegang führte Nina Halberkann jedoch in eine andere Richtung – zunächst jedenfalls. Denn eigentlich ist die Gründer-Nichte gelernte Erzieherin. Die Ausbildung habe sie bei der Diakonie Michaelshoven im Kölner Stadtteil Rodenkirchen gemacht. Während dieser Zeit habe sie nur noch ab und an im Phantasialand ausgeholfen.

Als das Phantasialand zur Lebensaufgabe wurde

Die Verbindung zum Freizeitpark war weiter familiär. Ihre Eltern, Mutter Emmy Schmidt war die Schwester von Park-Gründer Richard Schmidt, waren maßgeblich am Phantasialand beteiligt und wohnten inzwischen in einem Haus oberhalb des Parkgeländes in Brühl.

„Aber ich hatte immer die Affinität, meinem Vater zu helfen, in den Ferien die Märchen einzurichten, Kostüme zu machen“, so die Gründer-Nichte im Gespräch. Das Vertrauen zu Richard Schmidt, dem Visionär des Phantasialand, habe sie sich während der Jahre langsam aufgebaut. Als sie dann schwanger wurde und in ihrem Beruf als Erzieherin pausiert habe, sei ihr Onkel dann schließlich auf sie zugekommen, ob sie nicht an der „Scala“ mitarbeiten wollte.

Nina Halberkann mit Figuren der „Scala“ im Phantasialand.

Nina Halberkann mit Figuren der „Scala“ im Phantasialand.

Die „Scala“ war eine Attraktion im Phantasialand mit den elektronisch gesteuerten Figuren. Das erste elektronisch gesteuerte Theater in Deutschland. Für die Kostüme in der Schlussszene „Karneval in Rio“ war dann die Gründer-Nichte zuständig. Das waren 12 große Kostüme, mit Federn, mit Strass, mit Pailletten.

Ich hatte eine große Freiheit und konnte mich künstlerisch ausleben. Das war ein tolles Gefühl!
Nina Halberkann

Auch Gottlieb Löffelhardt, der andere Gründer des Phantasialand, habe ihr bei der Arbeit zur Seite gestanden und ihr Zeitschriften vom Karneval und den Kostümen aus Rio mitgebracht. „Klar, hab ich da geblättert und geguckt, was man da machen kann. Wie sieht das überhaupt aus? Aber ich hatte eine große Freiheit und konnte mich künstlerisch ausleben. Das war ein tolles Gefühl!“

Aus dem ersten Auftrag mit größerer Verantwortung wurde bald mehr.„Ich glaube, da hat der Schmidt gemerkt, dass da was ist, was man weiter entwickeln konnte, was Potenzial hat“, erzählt Nina Halberkann. Der Job als Erzieherin habe ihr zwar immer Spaß gemacht, aber als ihr Onkel und das Phantasialand dann gerufen haben, sei ihr klar geworden, was sie wirklich machen wollte.

Europas größte Zauber-Show im Phantasialand – Kostüme entscheidender Part

Schon bald war die Gründer-Nichte für die ganz großen Kostüme der „Magic Supershow Las Vegas“ im Phantasialand zuständig. Die Zaubershow mit Illusionist Leif Hansen aus Kopenhagen startete 1984 und war Europas größte Zauber-Show. Die Show war eine der spektakulärsten Attraktionen im Phantasialand, über zwölf Jahre hinweg pilgerten Tausende Besucherinnen und Besucher in den Freizeitpark, um die Tricks und Illusionen sehen zu können.

Ein wesentlicher Bestandteil der Show waren die aufwändigen Kostüme. Manche Zaubertricks waren sogar ohne die speziell gefertigten Kostüme kaum möglich.  Nina Halberkann: „Bei Show-Kostümen geht es auch immer darum, dass die praktikabel sind. Die sollen ja nicht nur schön sein, die Kleider müssen, gerade bei einer Zauber-Show, gewissen Ansprüchen genügen. Die Tänzer rollen sich vielleicht auch mal über den Boden, da konnte man jetzt keine Seide nehmen oder so.“

Rund 20 Personen waren bei einer solchen „Magic Supershow Las Vegas“ teilweise gleichzeitig auf der Bühne des Wintergartens im Phantasialand in Aktion. Insgesamt waren es 18 Tänzerinnen, der Zauberkünstler Lee Pee Ville und seine zwei Assistentinnen, die über Jahre hinweg vier Vorstellungen pro Tag auf die Beine stellten.

Kostümbildnerin im Phantasialand: „Klar, ich war immer nervös! Klappt das auch?“

Vor allem der Aufwand war enorm. Pro Zauber-Show gab es sechs bis sieben verschiedene Szenen, für jede Szene wiederum gab spezielle Kostüme für die ganze Truppe, also Tänzerinnen und Zauberer. Alle eigens entworfen und handgefertigt.

Die Verantwortung für die Kostüme war groß. „Klar, ich war immer nervös! Klappt das auch?“, gesteht sich die heute 70-Jährige ein. Aber das schönste Moment sei dann der gewesen, wenn die Show das erste Mal gezeigt wurde und die Leute applaudierten. „Ein Stück vom Applaus gebührte dann ja auch mir.“

Historisches Foto des Phantasialand: „Über 500 Phantasialand-Mitarbeiter sind im Sommer für Sie da, angefangen von Handwerkern, bis hin zu den Köchen, den Gärtnern und der Verwaltung. Diese Mitarbeiter sorgen täglich dafür, dass Ihnen der Besuch im Phantasialand in netter Erinnerung bleibt.“

Historisches Foto des Phantasialand: „Über 500 Phantasialand-Mitarbeiter sind im Sommer für Sie da, angefangen von Handwerkern, bis hin zu den Köchen, den Gärtnern und der Verwaltung. Diese Mitarbeiter sorgen täglich dafür, dass Ihnen der Besuch im Phantasialand in netter Erinnerung bleibt.“

Und das Phantasialand-Team sei für sie immer wie Familie gewesen. Richard Schmidt, aber auch Gottlieb Löffelhardt hätten immer einen Weg gefunden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre Arbeit zu honorieren. Am Ende der Saison habe es zum Beispiel immer eine Abschlussfeier mit allen Beteiligten gegeben.

Aber die Anforderungen seien auch hoch gewesen. „Vor der Saisoneröffnung haben die sich die Nächte um die Ohren geschlagen“, erinnert sich Ehemann Reiner Halberkann an die Zeiten damals. Wenn Proben anstanden, sei seine Ehefrau oft erst nach Mitternacht nach Hause gekommen.„Das musste fertig werden.“

Gründer-Nichte schwärmt vom Zusammenhalt und von gegenseitigem Vertrauen

Früher sei der Zusammenhalt groß gewesen. Wer da nicht mitgezogen hat, der sei sowieso freiwillig wieder gegangen. Aber das seien die wenigsten gewesen, die meisten seien geblieben. „Man musste auch einfach dafür leben. Das war jetzt kein Job, bei dem man einfach die Sachen fallen lässt und in den Feierabend geht“, erklärt die Gründer-Nichte.

Insgesamt sei die Arbeit im Phantasialand aber von großem gegenseitigem Vertrauen geprägt gewesen, erinnert sich Nina Halberkann. „Mir wurde ganz viel kreativer Freiraum gelassen. Da fühlt man sich geehrt. Und für mich war klar, das ist mein Job!“

Und wenn ihr etwas gut gelungen war, dann sei Parkgründer Schmidt auch oft zu ihr gekommen, habe sie freundschaftlich geknufft und gesagt: „Haste gut gemacht! Schön geworden!“