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Zoo-GeschichteKölner Zoo feiert Jubiläum mit Blick auf Vergangenheit und Zukunft

6 min
Im Gespräch zum 165-jährigen Jubiläum diskutieren die Direktoren zukünftige Entwicklungen inklusive neuer digitaler Angebote.

Im Gespräch zum 165-jährigen Jubiläum diskutieren Theo Pagel (rechts) und Christopher Landsberg  zukünftige Entwicklungen inklusive neuer digitaler Angebote.

Im Gespräch zum 165. Jubiläum diskutieren Theo Pagel und Christopher Landsberg zukünftige Entwicklungen inklusive neuer digitaler Angebote.

Der Kölner Zoo feiert sein 165-jähriges Bestehen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat in einer Serie jedes Jahrzehnt des Zoos seit seiner Gründung 1860 genauer beleuchtet. Zum Abschluss erklären Zoodirektor Theo Pagel und Christopher Landsberg, kaufmännischer Vorstand, wie sich der Tierpark gewandelt hat und was die Zukunft bringt. Das Gespräch findet in Pagels Arbeitszimmer statt, in dem sich in einem Terrarium Stachelskinke aufhalten – Eidechsen aus Australien: „Die machen keine Geräusche, die einen beim Arbeiten stören.“

Herr Pagel, wie lebt ein Elefant heute im Kölner Zoo im Vergleich zu seinen Artgenossen im 19. Jahrhundert?

Pagel: Er lebt viel natürlicher, weil wir viel mehr wissen als früher. Wir sind heute in unserem modernen Elefantenpark in der Lage, die Tiere so zu halten wie in der Wildnis. Sie leben im Matriarchat. Das heißt, es gibt eine Chefin, die ihre Herde anführt. Unsere beiden Zuchtbullen kommen gelegentlich vorbei, um das zu tun, was man tut, wenn man Nachwuchs haben will. Zudem können die Elefanten heute frei wählen, was sie machen, können frei wählen, ob sie drinnen oder draußen sein wollen. Das war natürlich 1864, als der erste Elefant in den Zoo kam, anders. Da wurden die Tiere nachts noch traditionell an der Kette angebunden und hatten entsprechend wenig Bewegungsfreiheit. Selbst als ich vor 34 Jahren im Kölner Zoo angefangen habe, wurden die Elefanten noch gekettet, wir haben uns also deutlich weiterentwickelt.

Interview mit Theo Pagel und Christopher Landsberg vom Kölner Zoo.

Interview mit Theo Pagel und Christopher Landsberg vom Kölner Zoo.

Ein besonderes Jahr in der Zoogeschichte war 1985. Der handaufgezogene und damit nicht artgerecht sozialisierte Schimpanse „Petermann“ griff den damaligen Zoodirektor Gunther Nogge an.

Pagel: Es war insofern ein Wendepunkt, als Gunther Nogge die althergebrachte Primatenhaltung beendet hat. Im selben Jahr wurde das Urwaldhaus für Menschenaffen fertiggestellt, dem ersten Großprojekt mit einer artgerechten Simulation des natürlichen Lebensraums der Affen.

1985 wurden außerdem die Europäischen Erhaltungszuchtprogramme in Köln mitgegründet. Was änderte sich hierdurch?

Pagel: Das Umdenken hat schon in den 1970-er Jahren anfangen, als das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES in Kraft trat. Damals waren es auch die Zoos, die gesagt haben, wir müssen den Handel mit wildlebenden Tieren kontrollieren und begrenzen. Die Weiterentwicklung waren die Europäischen Erhaltungszuchtprogramme, hinter denen der Gedanke stand: Wenn wir weiterhin seltene Tiere zeigen wollen, müssen wir die selber managen und erhalten.

In der Folge sollten sich die Tiere auch wohler fühlen in ihren Gehegen, damit sie sich vermehren. Sind mittlerweile alle Gehege des Kölner Zoos verhaltens- und artgerecht?

Pagel: Ja, sind sie. Aber wir entwickeln immer weiter, weil wir jeden Tag dazulernen. Das heißt, ein Zoo wird niemals fertig sein. Auch ein Elefantenpark wird in 20, 30 Jahren sicher anders gebaut werden, als wir es 2004 getan haben.

Trotz aller Bemühungen fordern Tierrechtsorganisationen die Schließung aller Zoos. Zum Beispiel, weil die Tiere artwidrig gehalten und die Besucher nichts über ihre Lebensverhältnisse lernen würden. Was sagen Sie den Kritikern?

Pagel: Das ist völlig falsch. Es gibt 82 Millionen Menschen in Deutschland, 64 Millionen gehen nachweislich in zoologische Gärten – weitaus mehr als die Erste und Zweite Bundesliga zusammen an Besucher anziehen. Es gibt ein paar Leute, die gegen uns sind, die argumentieren ideologisch, mit denen kann man nicht reden. Wir wissen genau, was zu tun ist, denn bei uns arbeiten nur ausgebildete Fachleute. Menschen, die etwas ganz anderes gelernt haben als wir, sollten zurückhaltend sein, wenn sie Mutmaßungen über das anstellen, was wir angeblich falsch machen.

„Wir wissen genau, was zu tun ist, denn bei uns arbeiten nur ausgebildete Fachleute“, sagt Pagel.

„Wir wissen genau, was zu tun ist, denn bei uns arbeiten nur ausgebildete Fachleute,“ sagt Pagel.

Landsberg: Was ist eine Tierrechtsorganisation? Was kennen die von Tieren? Gar nichts. Natürlich ist es gut, dass Zoos hinterfragt werden. Aber es ist eine Unterstellung zu behaupten, der Zoo sei ein Tierknast und uns macht es Spaß, Tiere zu quälen.

Pagel: Wir haben alle behördlichen Genehmigungsverfahren durchlaufen, wir werden zudem alle fünf Jahre von unserem Europäischen Dachverband EAZA überprüft, wir haben gerade erst als erster Zoo in Deutschland eine Tierwohlzertifizierung bekommen von der bekanntesten und größten Tierschutzorganisation der Welt, der „Global Humane Society“. Außerdem gibt es rund 200 Arten, die es ohne Zoos nicht mehr geben würde. Von jedem Erwachsenenticket gibt der Zoo einen Euro außerhalb seiner Grenzen aus - für die Wechselkröte in der Rheinischen Bucht bis hin zu Vietnam, wo wir unter anderem über 150 Tierarten entdeckt und beschrieben haben.

Apropos Geld. Die Stadt als Mehrheitsaktionärin gleicht seit den 1920-er Jahren die Verluste des Zoos aus…

Landsberg: Falsch. Aktuell gleicht sie keine Verluste aus, sondern zahlt einen festen Zuschuss. Der ist immer weiter abgeschmolzen worden. In den vergangenen Jahren haben wir noch etwa 3,5 Millionen bekommen. Für 2026 sind demgegenüber noch 3,25 Millionen vorgesehen. Weitere Einschnitte können künftig nicht ausgeschlossen werden.

Was bedeutet das für den Zoo?

Landsberg: Der Kostendruck steigt. Wir versuchen, mehr Gäste in den Zoo zu holen, zum Beispiel durch die „China Lights“ im Winter. Dann haben wir Gott sei Dank noch verschiedene Erträge aus Stiftungen, aus der Zoogastronomie und dem Zooshop. Wir versuchen, die Einnahmeseite weitestgehend zu stärken, denn die Kostenseite ist schwer zu beeinflussen. Man kann ja nicht einfach den Löwen Blumenkohl statt Fleisch geben. Bauliche Unterhaltungen zu vernachlässigen, wäre auch keine gute Idee. Und zu viel Personal läuft hier ebenfalls nicht herum, eher zu wenig.

Der Kostendruck steige, sagt Christopher Landsberg.

Der Kostendruck steige, sagt Christopher Landsberg.

Pagel: Wir müssen der Politik nochmal klar machen, dass wir nach dem Dom die zweitmeist besuchte Einrichtung in Köln sind. Und zu uns kommen alle Menschen. Im Gegensatz zur Oper, wo überwiegend Menschen einer gewissen Bildungs- und Einkommensschicht zu finden sind. Die Politik müsste ein Angebot wie den Kölner Zoo, immerhin das größte Artenschutz- und Bildungszentrum der Region, eigentlich mehr unterstützen.

Werden Sie auch an den Eintrittspreisen schrauben?

Landsberg: Natürlich ist das auch ein Thema. Wir denken konkret über dynamische Preise nach, bei denen sich die Preise auch an der Nachfrage orientieren. Montags, wenn weniger los ist, wäre der Eintritt dann zum Beispiel günstiger als etwa Sonntagsnachmittags. Im Schnitt lassen sich damit die Erlöse aus den Eintrittsgeldern steigern, ohne bestimmte Zielgruppen auszuschließen. Das läuft überall so, es gibt kein Argument, warum das bei uns anders sein sollte als im Phantasialand. Bei diesem System gibt es aber Grenzen. Das heißt, man legt den obersten und niedrigsten Preis fest.

Wann würden Sie das neue System einführen?

Landsberg: Das käme frühestens im Laufe des kommenden Jahres.

Mit welchen Projekten starten Sie in die Zukunft?

Landsberg: Kürzlich haben wir einen Förderbescheid vom Efre-Programm bekommen, mit dem das Land Nordrhein-Westfalen und die Europäische Union unter anderem die digitale Transformation in NRW unterstützen. Der Zoo erhält aus diesem Topf rund zwei Millionen Euro zweckgebundene Förderung. Es wird neue digitale Erlebniswelten geben und eine neue Zoo-App, die mehrsprachig ist. Touristen mit wenig Zeit können damit in zwei Stunden durch den Zoo laufen und kriegen die Highlights präsentiert. Das historische Elefantenhaus von 1860 soll außerdem zum Informations- und Artenschutzzentrum umgebaut werden. Hier werden die Gäste eines Tages mit VR-Brillen in den Dschungel geführt.

Gibt es auch konkrete Pläne für den Eingangsbereich, der ziemlich in die Jahre gekommen ist?

Pagel: Ein neuer Eingangsbereich hängt von den Plänen der DEVK-Versicherung ab, die einen neuen großen Umbau auf der Fläche des Zoo-Parkhauses plant, über dessen Ausmaß aber letztlich noch nicht entschieden wurde. Wenn da städtebaulich was passiert, wäre das der richtige Zeitpunkt, unseren veralteten und wenig nachhaltigen Verwaltungsbau abzureißen. Der neue Eingang könnte dann in Richtung Straßenbahn-Haltestelle „Zoo/Flora“ an der Riehler Straße wandern und auf dem Areal des jetzigen Eingangsbereichs könnten Parkmöglichkeiten für die Besucher entstehen, eventuell in einer Tiefgarage. Das müsste man dann groß denken.

Landsberg: Ohne städtische Unterstützung ist das aber nicht darstellbar. Aber so weit sind wir noch nicht. Das sind Projekte für die nächsten zehn Jahre.