„Anblick quält mich“Ex-Phantasialand-Bühnenbildner schockiert über Hollywood Tour

Lesezeit 4 Minuten
Hitchcock und andere Figuren der Hollywood Tour aus dem Phantasialand auf einem Hinterhof in Rheinhessen.

Hitchcock und andere Figuren der Hollywood Tour aus dem Phantasialand auf einem Hinterhof in Rheinhessen.

Ein früherer Mitarbeiter vom Phantasialand ist erschüttert über das Schicksal der Figuren der Tour. 

Die Hollywood Tour wird nie wieder öffnen. Für die meisten stand das schon lange fest, obwohl es vom Phantasialand lange keine offizielle Information dazu gab. Viele denken mit viel Nostalgie an die geschlossene Attraktion aus den 1990er-Jahren zurück.

Jetzt tauchten überraschend Figuren aus der Hollywood Tour auf einem Hinterhof in Rheinhessen auf. Die Requisiten aus dem legendären Darkride im Phantasialand scheinen dort vor sich hin zu gammeln. Wie sie dort hingekommen sind und was mit ihnen geschehen soll? Völlig unklar.

Viele Fans des Freizeitparks waren bei dem Anblick der Figuren traurig. Kaum auszudenken ist jedoch, was ein ehemaliger Mitarbeiter des Phantasialands über das Schicksal der Hollywood Tour empfinden muss.

Phantasialand-Bühnenbildner fassungslos über das Schicksal der Hollywood Tour

Knut Nobiling, ein früherer Bühnenbildner des Phantasialands, gelernter Raumausstatter-Meister, Grafiker und Theaterplastiker, der entscheidenden Anteil auch am Bau und der Entwicklung der Hollywood Tour hatte, meldete sich nun beim „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er hatte den Artikel über den Fund der Figuren aus der Hollywood Tour im Phantasialand gelesen.

Als er die Fotos der ehemaligen Phantasialand-Attraktion sah, trauter er seinen Augen nicht. „Oh, bauen sie jetzt die Hollywood Tour ab?“, dachte der 73-Jährige zunächst. Doch dann begriff er, dass die Figuren im Freien herumstanden.

Phantasialand-Bühnenbildner: „Und die schmeißen das auf den Schrott!“

Neben Figuren der Hollywood Tour sind auf dem Hinterhof in Rheinhessen auch noch andere Requisiten aus der Colorado Achterbahn aufgetaucht. „Die hab ich ja auch noch mitgemacht. Den Schriftzug hab ich etwa gestaltet und die Wagen bemalt. Und die Felsen hab ich auch gebaut“, erinnert sich der Bühnenbildner mit Wehmut an seine Arbeit im Phantasialand. „Und die schmeißen das alles auf den Schrott. Das ist aber wirklich schade! Der Anblick hat mich natürlich gequält.“

Vor allem der Anblick der Figur des Hitchcock habe ihn erschüttert, erzählt der 73-Jährige im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Da haben wir geackert und gearbeitet, und dann vergammeln die Figuren da auf einem Hinterhof. Das macht einen schon sehr traurig.“

Ex-Phantasialand-Mitarbeiter erinnert sich an Entstehung der Hollywood Tour

An die Entstehung der Szene erinnert sich der 73-Jährige noch lebhaft. Das war noch zu Zeiten, in denen der Freizeitpark von Phantasialand-Gründer Richard Schmidt geleitet wurde, zumindest der künstlerische Part. Knut Nobiling arbeitete als damaliger Bühnenbildner und Bühnendekorateur eng mit Schmidt zusammen.

Die legendäre Puppe von Alfred Hitchcock in der Hollywood Tour im Phantasialand.

Die legendäre Puppe von Alfred Hitchcock in der Hollywood Tour im Phantasialand.

Die erste Szene der Hollywood Tour hinter dem Eingang war die mit Alfred Hitchcock, der die Besucherinnen und Besucher beim Einstieg in die Boote begrüßte und mit charakteristischen Gesten in Empfang nahm. Was allein diese Bewegungen der Hitchcock-Puppe gekostet hätten, erklärt Nobiling.

Das damalige Grundprinzip im Phantasialand: Alles selber machen

„Also das war sehr teuer, wenn die Figuren sich bewegen sollten“, so der ehemalige Phantasialand-Mitarbeiter zum „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Die Bewegungen wurden ja alle mit Luftdruck gesteuert, damals. Da kostete eine solche Beweglichkeit viel Geld.“

Puppen wie die vom Hitchcock waren auch einige der wenigen Sachen, die damals extern bestellt und nicht im Phantasialand selbst gebaut wurden. Eigentlich war die Devise von Richard Schmidt nämlich gewesen: „Alles selber machen. Mit den Händen herstellen. Das war sein Grundprinzip“, erinnert sich Nobiling.

Requisiten der Hitchcock-Szene im Phantasialand stammten aus Babelsberg

Nobiling weiter: „Der Schmidt hatte also diese Hitchcock-Puppe für viel Geld bestellt und kam dann so zu mir und sagte: ‚Mach mal, dass der so vor einem Fenster steht.‘ Und das hab ich dann so gemacht, wie sich der Schmidt sich das vorgestellt hat.“

Auch wie der Ex-Phantasialand-Bühnenbildner damals die anderen Requisiten der Hitchcock-Szene beschaffte, hört sich nach einem richtigen Abenteuer an. Der Eingang sollte ja so aussehen wie ein altes Filmstudio. Das war die Vorgabe und die Idee von Richard Schmidt. Nobiling nutzte nun seine Kontakte nach Berlin, wo er vor dem Phantasialand unter anderem als Theatermaler gearbeitet hatte.

Mit einem Lkw voller Film-Kulissen zurück ins Phantasialand

„Und da hab ich dem Schmidt vorgeschlagen, ich könnte mal nach Babelsberg fahren und eventuell vom Dekomeister Dekoteile bekommen, die schön zur Hollywood Tour passen“, erinnert sich der 73-Jährige im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der Phantasialand-Chef sei sofort Feuer und Flamme gewesen und schickte den jungen Nobiling mit einem Siebentonner nach Berlin, wo er den Lkw mit alten Filmdosen, Filmrollen, riesigen Scheinwerfern, Kisten und Ständern belud. Der ganze Lkw war voller Filmkulissenmaterial, das in Babelsberg einfach nicht mehr gebraucht wurde.

„Und jetzt landen Figuren wie der Hitchcock einfach auf dem Müll!“
Knut Nobiling

So entstand die atmosphärische Hitchcock-Szene im Phantasialand, die Besucherinnen und Besucher gleich zu Beginn der Hollywood Tour in eine andere Welt versetzte. „Und jetzt landen Figuren wie der Hitchcock einfach auf dem Müll!“, beschwert sich der langjährige kreative Mitarbeiter des Phantasialand. 

Auch Richard Schmidt hätte das Schicksal der Figuren traurig gemacht, ist sich Nobiling sicher. Solche Attraktionen wie die Hollywood Tour, das sei sein Leben gewesen. „Ich glaube auch nicht, dass der irgendwann mal gedacht hat, dass davon irgendwann mal was wegkommt. Das sollte bleiben, das war für die Ewigkeit!“

KStA abonnieren