RestauratorinEine Kur für alte Möbelstücke

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Annika Schröder hat sich vor einem Jahr als Restauratorin in Brühl selbstständig gemacht.

Annika Schröder hat sich vor einem Jahr als Restauratorin in Brühl selbstständig gemacht.

Brühl-Kierberg – Die Möbel, die in der Werkstatt von Annika Schröder stehen, haben Dellen, Katschen und Beulen. Keines der Stücke ist unversehrt. Sie alle – die Kommode, der Spiegel, die Schatulle, der Sekretär – werden aber eines Tages wieder in ihrer Schönheit glänzen.

Denn Schröder ist ausgebildete Restauratorin für Holzobjekte und hat sich der Instandsetzung alter Möbelstücke verschrieben. Um ihren Beruf in Eigenregie ausüben zu können, ist die gebürtige Brühlerin nach der Ausbildung in Brühl, dem Praktikum in Italien und anschließendem Studium in München in ihre Heimatstadt zurückgekehrt und hat im vergangenen Jahr ihre Werkstatt an der Schulstraße in Brühl-Kierberg eröffnet.

Unmittelbar nach dem Studium habe sie zunächst in verschiedenen Kölner Restaurierungswerkstätten gearbeitet. Aber dort werde häufig nicht dem Kodex der Restauratoren gefolgt, der besage, das soviel Originalsubstanz wie möglich erhalten bleiben solle. Statt subtil und in Handarbeit an die wertvollen Hölzer heranzugehen, nutzten viele Restauratoren Schleifmaschinen und Schwingschleifer, um alten Lack zu entfernen und Unebenheiten zu glätten. Damit werde schon vieles ruiniert, insbesondere wenn die Möbelstücke nicht aus Vollholz gefertigt seien, sondern mit Furnier den letzten Schliff bekommen hätten. „Manchmal bekomme ich überarbeitete Möbel, bei denen sind diese Holzblätter gerade noch papierdünn“, sagt die 30-Jährige.

Altes Handwerkszeug

Sie nehme allenfalls für Ergänzungen, also wenn fehlende Einlegeböden oder Profilleisten ergänzt werden müssten, mal einen elektrischen Hobel zur Hilfe. Ansonsten benutze sie traditionelles Handwerkszeug, „wie es die Kollegen schon vor 200 Jahren gemacht haben“. Dazu gehöre unter anderem eine Ziehklinge, mit der sie unansehnliche Lackreste entferne.

Auch wenn sie sich bei der Bearbeitung historischer Möbelstücke nicht auf einzelne Epochen spezialisiert hat, hat sie doch eine Neigung zu einer altbewährten Lackiermethode entwickelt. Der Schellack hat es ihr besonders angetan. Dieser Lack, der aus den Ausscheidungen der ostindischen Lackschildlaus gewonnen werde, „belebt das Holz in seiner Natürlichkeit“. Durch die Verdichtung der Politur gewinne das Holz an Tiefe, wie sie durch übliche Lacke, die aufgespritzt würden, nicht erreicht werden könnte. Schellack, den es in Rubinrot, Bernstein- und Honiggelb, Braun und Schwarz gibt, werde wenigstens in 20 Schichten aufgetragen.

Zunächst entferne sie alte Lackreste mit der Ziehklinge, anschließend grundiere sie das Holz erstmals mit Schellack. Bimsmehl nutzte sie, um die Poren zu schließen, und dann trage sie erneut Schellack mit einem Polierballen auf, verdichte und glätte bis zur „Auspolitur“.

Das Verfahren, das vor allem in der Biedermeierzeit (1815 bis 1848) gefragt war, habe sie während ihres Studiums in München erlernt. „Wenn ich heute Reste des Original-Schellacks finde, gilt das Prinzip des Erhalts, die bleiben unangetastet“, sagt die staatlich geprüfte Restauratorin. „Mir geht es weniger um den Dienst am Kunden als vielmehr um den Dienst am Objekt und damit an der Historie.“

Kunden aus der Region

Interessierte, die die Möbelstücke selbst zu ihr nach Kierberg bringen müssen, kommen aus Brühl, der benachbarten Region und inzwischen auch aus Bergisch Gladbach, Düsseldorf und Trier. Zumeist kämen die Kunden mit ihren hölzernen Kostbarkeiten, weil die Brand- oder Wasserschäden hätten. „Es gab noch nichts, was ich nicht wieder hingekriegt hätte“, freut Schröder sich.

Am Samstag und Sonntag, 4./5. Mai, wird Annika Schröder an der Brühler Kunstaktion „Offene Ateliers“ teilnehmen. Gemeinsam mit einem Gastkünstler beschäftigt sie sich mit dem Thema „Fundstücke“. Die Restauratorin: „Schließlich sind meine Möbel auch historische Fundstücke.“

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