„Ausgewildert“ im WaldWie bunte Steine von Troisdorf auf Wanderschaft in die ganze Welt gehen

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Elisabeth Kochmann bemalt mit Tochter Theresa Steine im Wohnzimmer.

Elisabeth Kochmann bemalt mit Tochter Theresa Steine im Wohnzimmer. Sie werden später ausgewildert.

Die achtjährige Theresa war von der Idee begeistert, bunt bemalte Steine wandern zu lassen. Einer von ihnen schaffte es zum Brandenburger Tor.

In Grömitz an der Ostsee im Sommer 2023 fing alles an: Theresa fand einen bunt bemalten Wanderstein beim Spaziergang mit ihren Eltern auf der Strandpromenade. Damit begann eine Leidenschaft. Von der Idee, bunt bemalte Steine wandern zu lassen, war die Achtjährige begeistert. Und so wurde der Wohnzimmertisch in Troisdorf-Kriegsdorf nach der Rückkehr aus dem Urlaub zum Künstleratelier.

Auch Mutter Elisabeth entdeckte ihre kreative Ader, griff ebenfalls zu Stift und Pinsel. Wöchentlich entstehen kleine Kunstwerke, die Spaziergänger im Spicher Wald und am Mondorfer Rheinufer entdecken können. Vater Martin ist immer mit dabei, wenn sie „ausgewildert werden“, wie es die Steinemaler nennen.  

Der besondere Clou für Familie Kochmann ist jedoch, dass die Wandersteine in Facebook-Gruppen veröffentlicht werden, wenn sie von anderen entdeckt worden sind. Zahlreiche gibt es davon inzwischen. „Dann weiß ich, wo meine Steine hingewandert sind“, berichtet Theresa stolz.

Ein bunt bemalter Stein aus Troisdorf hat es bis nach Berlin geschafft

Bis nach Berlin zum Brandenburger Tor hat es eines dieser liebevoll erstellten Kunstwerke schon geschafft. Einige Steine verschwinden für immer aus der Öffentlichkeit und finden ihren Platz im Wohnzimmer oder anderen Stellen des Hauses. Sie sind so schön gelungen, dass sich die Finder einfach nicht mehr von ihnen trennen können.     

Elisabeth Kochmann legt mit Tochter Theresa Steine in den Setzkasten. Spaziergängerin Michaela Hanke hat den Kasten zufällig entdeckt und ist begeistert von der Idee.

Elisabeth Kochmann (l.) legt mit Tochter Theresa (M.) Steine in den Setzkasten. Spaziergängerin Michaela Hanke (r.) hat den Kasten zufällig entdeckt und ist begeistert von der Idee.

„Das ist eigentlich das Schönste für einen Künstler, wenn sein Werk so eine Beachtung findet“, meint Elisabeth Kochmann, doch es sei auch eine große Freute, wenn die Steine in den Gruppen gepostet würden und man ihren Weg verfolgen könne.

Im Spicher Wald in Troisdorf können bemalte Steine getauscht werden

Als Geheimtipp zum Auswildern gilt noch immer ein Teil des Spicher Waldes hinter dem Schützenhaus, der den Namen Vogelpark trägt. Dort ist Kochmann mindestens einmal in der Woche zu finden. Tochter Theresa wildert liebevoll ihre Steine aus, Vater Martin entdeckt dann übrigens immer die meisten Steine, die von anderen Künstlern ausgewildert wurden. „Die Natur ist auf einmal zum Erlebnisraum für unsere Tochter geworden,“ so das Ehepaar. Sie könne es kaum erwarten, spazieren zu gehen.  

Auch Patrick Sinnwell aus Bad Honnef gehört zu den Steinmalern. Ehefrau Sonja und die beiden Töchter machen da gerne mit. Der Familie kam die Idee, am Schützenhaus im Spicher Wald einen Setzkasten aufzuhängen, in dem Steine zum späteren Auswildern oder auch Tauschen platziert werden können.

Bunt bemalte Steine vor dem Hospiz in Troisdorf sollen den Menschen eine Freude bereiten

„Der lag bei uns im Keller herum, keiner konnte ihn so recht gebrauchen“, berichtet Patrick Sinnwell. Und kaum hing er am Zaun, war er auch schon gefüllt. Nicht nur von den Kochmanns, auch Bea Klos legt dort gerne bunt bemalte „Steine zum Mitnehmen hin. “ 

Ein Tablett voller bunt bemalter Steine.

Diese bunt bemalten Steine werden später ausgewildert.

Sie hat noch eine ganz andere Idee. „Ich lege sie vor das Troisdorfer Hospiz, damit sie von Besuchern mit hineingenommen werden“. Die runden oder ovalen Steine seien zudem Handschmeichler und würden Menschen in der letzten Phase ihres Lebens eine Freude bereiten. Das ist für Klos der wichtige Ansatz bei diesem Hobby. Wenn die Steine wandern, sei dies aber auch in Ordnung. „Eine Freude zu machen, das ist wichtig.“

Bunten Steine im Schaufenster eines Siegburger Juweliers zu entdecken

Sogar ins Schaufenster von Juwelier Alfred Kehren in Siegburg haben es die bunten Steine geschafft. „Es ist doch ein tolles Hobby“, so der Fachmann für funkelnde Preziosen. Die bunten Sehenswürdigkeiten werden nun einige Tage zusammen mit anderen Edelsteinen präsentiert.

Den Ideen sind beim Bemalen keine Grenzen gesetzt. Ein rechteckig-ovaler Stein wurde zum Baugutes. Ein schräger Kiesel wird zum Hausdach, ein runder zum Smiley, ein rechteckiger zur Wichteltüre. Figuren aus Comics tauchen genauso auf wie Motive aus der Natur oder Lebenswelt. Auf der Rückseite der Steine ist immer zu lesen, wo sie gepostet werden sollen, damit der Künstler sie auch im Internet auf ihrem Weg vielleicht durch die ganze Welt weiter verfolgen kann.  

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