Pulheimerin verärgertFrechener St.-Katharinen-Hospital wollte Ehemann nicht röntgen

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Familie Sehrbrock aus Pulheim fühlt sich schlecht behandelt. 

Frechen – Unzumutbar lange Wartezeiten und eine nur oberflächliche Behandlung – das sind Vorwürfe, die Edeltraud Sehrbrock gegen das Frechener St.-Katharinen-Hospital erhebt. „Unser Frust ist groß“, sagt die Pulheimerin. Sie beklagt, dass Frakturen am Kinn und am Kiefergelenk, die ihr 79 Jahre alter Mann Elmar bei einem Sturz erlitten hatte, im Frechener Krankenhaus unerkannt blieben. Das Krankenhaus bedauert den Vorfall, weist die Vorwürfe jedoch zurück.

Schlechte Erinnerung an den 2. Juni

Edeltraud Sehrbrock hat den 2. Juni dieses Jahres in schlechter Erinnerung. „Mein Mann ist damals auf einem asphaltiertem Weg gestürzt und zog sich eine Platzwunde am Kinn zu, die stark blutete“, berichtet die Pulheimerin.

Als sich die Lage nicht besserte, fuhr Edeltraud Sehrbrock mit ihrem Mann am Abend in die Notaufnahme des Frechener St.-Katharinen-Hospitals. „Es musste doch geklärt werden, ob Knochen gebrochen sind und ob die Wunde genäht werden muss“, sagt die Pulheimerin.

Behinderte Tochter war mit im Krankenhaus

„Unsere behinderte Tochter mussten wir mitnehmen, sie kann nicht alleine zu Hause bleiben“, so Edeltraud Sehrbrock. Erschwerend kommt hinzu, dass ihr Mann unter Demenz leidet.

Im Krankenhaus dann die nächste Hiobsbotschaft: Elmar Sehrbrock wurde in der Notaufnahme positiv auf das Coronavirus getestet. „Dies führte dazu, dass alle negativen Fälle vorgezogen wurden“, berichtet Edeltraud Sehrbrock.

Erst nach fast zwei Stunden sei ihr Mann an die Reihe gekommen: „Meine Tochter und ich mussten aufgrund der Covid-Problematik danach weitere eineinhalb Stunden im Freien warten.“

Ehemann positiv auf Corona getestet

Als ihr Mann dann endlich erschien, sei die Wunde geklammert worden. Zu ihrem Erstaunen seien aber keine Röntgenaufnahmen gemacht worden. „Dabei hatte ich nachdrücklich darauf hingewiesen, dass geröntgt werden müsste, weil mein Mann sehr hart gefallen war und seinen Mund kaum öffnen konnte.“ Die Röntgenabteilung wäre dann mehrere Stunden aufgrund der Desinfektionsmaßnahmen lahmgelegt gewesen, so das Krankenhaus.

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Das St. Katharinen-Hospital Frechen 

Wegen der Corona-Erkrankung ihres Mannes waren danach zunächst keine weiteren Arztbesuche möglich. Das böse Erwachen kam, als Elmar Sehrbrock zwei Wochen später einen Zahnarzt aufsuchte, weil bei dem Sturz auch ein Backenzahn abgebrochen war.

Bei einer Röntgenaufnahme wurden Knochenbrüche am Kinn und am Kiefergelenk festgestellt. „Noch am selben Abend wurde mein Mann drei Stunden lang in der Kölner Uniklinik operiert“, berichtet Edeltraud Sehrbrock.

Dass die Brüche schon zwei Wochen alt gewesen seien, habe für Komplikationen gesorgt. Ein Schneidezahn habe gezogen werden müssen, zur Fixierung hätten bei der OP zwei Platten am Kinn und am Kiefergelenk eingelegt werden müssen.

Sechs Wochen breiige Nahrung

Es folgte ein langer Heilungsprozess: „Mein Mann konnte sechs Wochen lang nur breiige Nahrung zu sich nehmen“, berichtet Edeltraud Sehrbrock. Zudem sei ein Gesichtsnerv so gedehnt worden, dass das Gesicht von Elmar Sehrbrock schief sei und das linke Auge herabhänge. Edeltraud Sehrbrock: „Es wird Monate dauern, bis der Nerv sich hoffentlich erholt.“

Ihrem Unmut hat sie in einem Brief ans Frechener Krankenhaus Luft gemacht. In seiner Antwort bedauert Dr. Bernd Halfmann, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie am Frechener Krankenhaus, dass die Verletzung nicht erkannt wurde. Es bestehe jedoch eine hohe Hemmschwelle, bei Patienten mit positivem Corona-Test eine Röntgenaufnahme zu machen, weil danach die Räume aufwendig desinfiziert und wiederhergerichtet werden müssten.

Elmar Sehrbrock wegen Triage-Entscheidung nicht geröntgt

„Das hätte die gesamte Abteilung für alle anderen wartenden Patienten lahmgelegt“, ergänzt Jakob Schall, der Geschäftsführer des Frechener Krankenhauses: „Wir hatten an dem Tag 120 Leute zu versorgen.“ Wegen des großen Patientenaufkommens in der Notaufnahme müsse man die Fälle triagieren, erläuterte Halfmann.

Dies heißt, dass die Ärzte eine Einschätzung vornehmen, welche Patienten am dringendsten behandelt werden müssen. Bei Menschen mit Platzwunden seien die Wartezeiten auch ohne positiven Corona-Test in der Ambulanz oft sehr lang, so Halfmann.

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Hinzu komme, dass Patienten, die beispielsweise wegen Demenz in ihren Ausdrucksmöglichkeiten eingeschränkt seien, oftmals unterdiagnostiziert würden. „Man kann in solchen Fällen nicht immer davon ausgehen, dass beim ersten Arztkontakt eine vollständige Diagnose möglich ist“, sagte der Chefarzt im Gespräch mit dieser Zeitung.

Chefarzt äußert sich enttäuscht

Nicht fair findet er es, dass die bei der OP entstandene Nervverletzung dem Frechener Krankenhaus angelastet werden soll. Ursächlich für die Probleme sei in erster Linie der Sturz selbst. Ob die Gesichtslähmung durch eine frühzeitigere Behandlung hätte verhindert werden können, sei im Nachhinein kaum zu beurteilen.

Halfmann: „Die Nachbehandlung mit weicher Kost wäre in jedem Fall die gleiche gewesen.“ Halfmann ist enttäuscht, da er bereits seit geraumer Zeit der Familie stets kulant geholfen habe.

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