Ein Kölner sieht in der Maßnahme ein Vorgehen ohne Empathie. Er schließt sich nach dem tödlichen Unfall der Forderung nach Tempo 30 an.
Nach tödlichem ZusammenstoßSofortmaßnahme an Unfallstrecke in Hürth stößt auf Kritik

Ein Schild wurde unweit der Unfallstelle versetzt.
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Nach dem tödlichen Unfall auf der Frechener Straße in Hürth, bei dem Anfang Juni eine zehnjährige Schülerin und ein 25-jähriger Schulbegleiter ums Leben gekommen waren, haben die Behörden nun ein Verkehrsschild umgestellt.
An der Frechener Straße, in Fahrtrichtung Theresienhöhe, wenige Meter von der Kreuzung mit der Sudetenstraße entfernt, wurde ein neues Tempo-70-Schild aufgestellt. Dieses ersetzt eines mit derselben Höchstgeschwindigkeitsangabe, das einige Schritte entfernt stand. Für Reinhard Zietz ist das ein Unding. „Das ist ein Schlag ins Gesicht all jener Menschen, die um die Verstorbenen trauern und sich für eine Reduzierung der Geschwindigkeitsvorgabe einsetzen“, sagt der Kölner.
Bürger kann Maßnahme der Behörden nicht nachvollziehen
Er ist dort regelmäßig unterwegs. Und er hat die Berichterstattung über den schrecklichen Unfall und die Diskussion in Bevölkerung und Politik intensiv verfolgt. „Mir erschließt sich die Intention dieser Maßnahme nicht. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Schild zuvor rechts vom Radweg stand, jetzt befindet es sich zwischen Radweg und Straße, also direkt am Straßenrand“, erklärt Zietz. Zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Weise zu handeln, sei „absolut empathielos“, findet er.
Zietz unterstützt die Idee, sich auf dieser Strecke von Tempo 70 zu verabschieden. „Diese Geschwindigkeit hat mit der Lebenswirklichkeit nichts zu tun. Die Fußgänger und Radfahrer empfinden diese Straße als innerörtliche Route. Tempo 30 wären angebracht. Und vielleicht wäre auch die Installation eines Rotlicht-Blitzers an der Ampel sinnvoll“, so Zietz.

Hier erlitten Avin (10) und Luis (25) am 4. Juni ihre lebensgefährlichen Verletzungen. Das Bild zeigte einen Schweigemarsch an der Unfallstelle.
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Die Behörden bestätigen die Umsetzung des Verkehrszeichens. Man habe ein „bereits vorhandenes, jedoch weniger wahrnehmbares Schild auf Grundlage einer verkehrsrechtlichen Anordnung versetzt, um dessen Sichtbarkeit für den fließenden Verkehr zu verbessern“, teilte ein Sprecher der Stadt Hürth auf Anfrage dieser Zeitung mit.
Es handele sich ausdrücklich um eine Sofortmaßnahme, deren Umsetzung in einem gemeinsamen Ortstermin mit den zuständigen verkehrslenkenden Behörden – darunter die Polizei, der Rhein-Erft-Kreis, die Stadt Hürth sowie Straßen.NRW als Straßenbaulastträger – abgestimmt worden sei. Und weiter: „Es handelt sich somit nicht um die Vorwegnahme der Entscheidung gegen eine Reduzierung der Geschwindigkeit von 50 km/h.“
Hürth: Weitere Beschlüsse zur Betrachtung der Verkehrssituation gefasst
Unabhängig von der besagten Sofortmaßnahme seien bei einem neuerlichen Vor-Ort-Termin mit den besagten Verantwortlichen weitere Beschlüsse gefasst worden. So soll es eine umfangreiche Verkehrserfassung beziehungsweise Verkehrsmessung durch den Landesbetrieb Straßen.NRW von der Hürther Stadtgrenze zu Frechen bis zur Einmündung der Frechener Straße (L 92) in die Industriestraße (L 103) sowie ein Bestands- und Sicherheitsaudit durch den Landesbetrieb Straßen.NRW geben und es findet eine Geschwindigkeitsüberwachung durch die Kreispolizeibehörde statt.
Ziel des Maßnahmenbündels ist laut dem Sprecher „eine objektive Bewertung der Verkehrssituation und möglicher Optimierungsmaßnahmen im Sinne der Verkehrssicherheit vor allem der nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer“.
Mehr als 10.000 Menschen haben eine Online-Petition unterschrieben
Bei dem schweren Unfall am 4. Juni war ein 20-Jähriger mit seinem BMW in eine Gruppe von Schulkindern und Begleitern gefahren, die die Frechener Straße an der Ampel überquerte. Sieben Menschen wurden teils schwer verletzt, die zehnjährige Schülerin Avin und der 25-jährige Schulbegleiter Luis mussten am Unfallort reanimiert werden und starben später im Krankenhaus. Der Unfallfahrer soll laut Zeugenaussagen zu schnell und bei Rot über die Ampel gefahren sein.
Der Unfall hat neben großer Trauer und Anteilnahme auch eine Diskussion über die Verkehrssicherheit auf der Frechener Straße ausgelöst. Mehr als 10.000 Menschen haben eine Online-Petition unterschrieben, in der Tempo 30 auf der Frechener Straße gefordert wird. Bei einem Schweigegang und einer Mahnwache an der Unfallstelle, an der sich mehrere Hundert Menschen beteiligt hatte, warfen Redner den Behörden vor, zu wenig für die Verkehrssicherheit zu tun.