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In 50 FällenNachhilfelehrer soll in Hürther Schule mehrere Kinder missbraucht haben

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Vor dem Eingang zum Gerichtsgebäude in Köln steht ein Schild mit der Aufschrift „Landgericht – Amtsgericht“.

In dem Prozess gegen den 61-Jährigen sind bis Ende September neun Verhandlungstage angesetzt.

Vor dem Kölner Landgericht ist ein 61-Jähriger angeklagt. Er soll Jungen im Kindesalter missbraucht haben, die als Nachhilfeschüler zu ihm kamen.

Der frühere Betreiber einer Nachhilfeschule in Hürth soll der Staatsanwaltschaft zufolge sechs seiner Schüler im Zusammenhang mit „Konzentrationsübungen“ sexuell belästigt, teilweise auch missbraucht haben. Die Behörde wirft dem 61-Jährigen, der nach Informationen dieser Zeitung auch eine Zeit im Kreis Euskirchen lebte, 50 Taten zwischen Januar 2021 und Juni 2022 vor. Die mutmaßlichen Opfer waren im genannten Zeitraum zwischen acht und 13 Jahre alt.

Vor dem Landgericht begann jetzt der Prozess gegen den Mann. Der Angeklagte, der aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, sagte: „Ich habe eingeräumt, dass es zwei Fälle gab, wo ich das gemacht habe.“ In einem dieser Fälle sei es zum Übergriff gekommen, als er einen Jungen dabei überrascht habe, dass dieser sich selbst berührt habe. Im Wesentlichen habe es sich jedoch anders abgespielt als von der Anklage vorgetragen.

Zur Entspannung über die Beine gestrichen

Umfangreich schilderte der Angeklagte zunächst den Ansatz seines Lehrinstitutes. Er habe auf Einzelunterricht gesetzt, statt auf Gruppenstunden. In einigen Fällen habe er seine Schüler auch durch Übungen zu mehr Entspannungen und Konzentration führen wollen. Dafür hätten die Kinder, die er in Einzelstunden unterrichtet habe, sich hingelegt. Durch Druck auf Ober- und Unterbauch habe er sie für ihre eigene Atmung sensibilisieren wollen. „Praktisch wie bei einem Lungenfunktionstest“, beschrieb er. Um die Faszien der Kinder zu lockern, habe er dann von ihren Oberschenkeln zu ihren Füßen gestrichen.

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Sein Wissen basiere auf Erfahrungen und Kenntnissen, die er über YouTube erlangt habe. Außerdem sei er durch Saunabesuche auf den Geschmack von ätherischen Ölen gekommen, die er dann zur Anregung oder Entspannung auch in den Räumen der Schule eingesetzt habe. „Es kommt mir sehr kreativ zusammengemischt vor, was Sie da praktiziert haben“, fasste die Vorsitzende Richterin zusammen. Der Angeklagte bestätigte, dass er keine therapeutische Ausbildung habe.

Er habe nicht gewusst, was unter der Hose eines Jungen war

Der Anklage zufolge soll er einige Jungen im Intimbereich berührt haben, teils außerhalb der Hose, teils direkt auf der Haut. Dazu befragt, gab sich der 61-Jährige in anatomischen Dingen ahnungslos, obgleich er berichtet hatte, seit jungen Jahren in Beziehungen mit Männern gelebt zu haben: Er könne nicht ausschließen, dass sich unterhalb seiner Hand der Intimbereich eines Jungen befunden habe, doch wissen könne man das schließlich nicht. „Das weiß ich aber für Sie mit“, konterte die Vorsitzende: „Was soll unter der Knopfleiste oder dem Reißverschluss einer Hose sonst sein?“

Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass der Betreiber des Nachhilfeinstitutes die Eltern seiner Schüler nicht darüber informiert hatte, dass seine Konzentrationsübungen beinhalteten, Kinder etwa am Oberschenkel zu berühren. „Ich war da einfach naiv“, versicherte der Angeklagte. Teilweise sei es ohnehin nur wegen seiner eigenen Rückenschmerzen dazu gekommen, dass er sich auf dem Oberschenkel eines Jungen abgestützt habe.

Richterin: Rumeiern ist kein Geständnis

Auch deutete er an, dass Kinder ihre Antworten vielleicht den jeweils gestellten Fragen anpassen würden: „Ich weiß ja nicht, wie ein Kind sich äußert, wenn etwas im Raume steht.“ Daraufhin wandelte sich der Ton der Vorsitzenden von freundlich zu frostig: „Wir werden hier alle Kinder hören.“ Im Vorfeld seien diese bereits von ausgebildeten Experten angehört worden, „das war nicht der Dorfpolizist, der zum ersten Mal ein Kind zu sexuellen Themen befragt. Wenn Sie hier rumeiern und nur das gestehen, was gar nicht mehr zu leugnen ist, ist das aus unserer Sicht kein Geständnis.“

Das Verfahren wird in der kommenden Woche fortgesetzt. Nach jetzigem Stand sind bis Mitte März neun Verhandlungstage dafür angesetzt.

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