Noch etwa 20 Aktivisten sollen sich im Sündenwäldchen aufhalten, einige davon in Baumhäusern.
Räumung läuftPolizei bringt erste Aktivistin aus dem Sündenwäldchen

Die Polizei räumt die Baumhäuser im Sündenwäldchen bei Kerpen-Manheim-alt am Tagebaurand Hambach.
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Schon seit Beginn der Rodungszeit vor einigen Wochen rechnen die Aktivisten, die in Baumhäusern im Sündenwäldchen wohnen, damit, dass die Polizei das Waldgebiet räumt, damit Firmen im Auftrag von RWE den noch auf etwa einem Hektar verbliebenen Wald roden können.
Am Dienstag (18. November) ist es so weit. Die Aktivisten berichteten auf ihren Kanälen über Polizeikolonnen, die sich dem Wald am Rande des Braunkohletagebaus nähern. Die Polizei bestätigte jetzt den Beginn der Räumung.

Blick auf das besetzte Waldstück mit Baumhäusern (Luftaufnahme mit einer Drohne). Die Aktivisten im Wald wollen die Abholzung des sogenannten Sündenwäldchens verhindern.
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Die Stadt Kerpen hatte vor Wochen eine Allgemeinverfügung erlassen, in der sie ein Aufenthalts- und Betretungsverbot für den Erbwald angeordnet hat. Aktivisten halten sich dennoch in dem ein Hektar großen Waldstück auf und haben Baumhäuser errichtet. Dies wurde seither vom Eigentümer RWE geduldet.
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Aktivisten waren erst vor wenigen Wochen unerlaubt in den Tagebau eingedrungen und hatten einen Bagger sowie ein Stück Bandanlage besetzt. Der Betrieb des Baggers und der Bandanlage wurde kurzfristig eingestellt, bis die Aktivisten aus dem Gefahrenbereich gebracht worden waren.
Kies und Sand zur Stabilisierung der Böschung
Den Bereich des verbliebenen Sündenwäldchens braucht der Energiekonzern nicht, um Kohle dort abzubauen. Vielmehr werden die Sand- und Kiesvorkommen in den Erdschichten benötigt, um an anderer Stelle des Tagebaus die Böschungen für den in Zukunft geplanten Hambacher See zu stabilisieren. Ein Teil des Waldgebietes war bereits Ende Januar 2025 gerodet worden.
Die dafür notwendige rechtliche Grundlage liegt seit dem 28. Januar 2025 vor. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte an dem Tag über die Ablehnung des Eilantrags des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen die Rodung des Waldstücks entschieden. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils wurde mit den ersten Rodungsmaßnahmen begonnen.

Die Polizei hat am Morgen damit begonnen, die Baumhäuser im Sündenwäldchen in Kerpen am Tagebau Hambach zu räumen.
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Der Hambacher See, soll einer der größten Seen in Deutschland werden. Gespeist werden soll er mit Wasser aus dem Rhein, das von Dormagen aus über Pipelines bis zum Tagebau geleitet wird. Eine entsprechende Leitung ist in Vorbereitung. Entsprechende Genehmigungen von der Bezirksregierung Arnsberg liegen vor. Der Hambacher See soll zwar nicht der flächenmäßig größte See, aber einer der Seen in Deutschland, die das meiste Wasser führen werden. Der Hambacher See hat eine Tiefe von bis zu 380 Metern. 2030 soll nach jetziger Planung das erste Wasser in den See fließen. Fachleute schätzen, dass es bis 2070 dauern wird, bis der See vollgelaufen ist.
Aktivisten wollen „Wald und Natur vor den zerstörerischen Plänen von RWE“ schützen
Im Fokus des Polizeieinsatzes stehe die Sicherheit aller Beteiligten am Einsatzort, so die Polizei. Die Bereitschaftspolizei mit ihren technischen Einsatzeinheiten unterstütze die Polizei des Rhein-Erft-Kreises.
Aktivistin Trudi schreibt: „Wir sind hier, um Wald und Natur vor den zerstörerischen Plänen von RWE zu schützen. Deshalb haben wir hier Baumhäuser gebaut, die zu einem solidarischen Ort des Widerstandes und für einige zum Zuhause wurden. Wir werden bleiben, solange wir können.“
Mit Durchsagen über Lautsprecher hat die Polizei am Dienstagmorgen die Aktivisten aufgefordert, das Waldgebiet zu verlassen. Offenbar geht die Einsatzleitung davon auf, dass noch etwa 20 Personen sich im Wald aufhalten sollen. Das kleine Waldstück ist von der Polizei umstellt. Mithilfe einer Drohne wird das Gebiet auch aus der Luft beobachtet.
Der Energiekonzern RWE teilt am Dienstag mit: „RWE Power setzt ihre planmäßigen Arbeiten zur Gestaltung des künftigen Hambacher Sees fort. Dafür werden auf einer Restfläche des ehemaligen Sündenwäldchens Bäume und Sträucher gerodet. Der abgesperrte Rodungsbereich umfasst rund ein Hektar und befindet sich auf dem Betriebsgelände der RWE Power im unmittelbaren Vorfeld des Tagebaus Hambach. Alle Genehmigungen liegen vor. Die erforderlichen artenschutzrechtlichen Überprüfungen und Maßnahmen haben stattgefunden.“
Und weiter: „Die Arbeiten auf der kleinen Restfläche konnten in der vergangenen Rodungsperiode nicht zum Abschluss gebracht werden, da Störer widerrechtlich Bäume besetzten und die eingesetzten Beschäftigten bedrohten, so der Konzern weiter. Dieser Zustand hält bis heute an, sodass die Arbeiten erst beginnen können, wenn die Störer den Bereich verlassen haben. Im unmittelbaren Tagebauvorfeld, das mit einem Erdwall und Schildern sichtbar als Betriebsgelände von RWE Power gekennzeichnet ist, gilt daher eine Allgemeinverfügung der Stadt Kerpen. In diesem Bereich ist der unberechtigte Aufenthalt rechtswidrig“, schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung.
Dr. Fabian Fahl, Bundestagsabgeordneter für Die Linke aus NRW (Aachen, Heinsberg) und klimapolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, der vor Ort sein soll, schreibt unter anderem in einer Mitteilung: „Die Räumung des sog. Sündenwäldchens durch die Polizei folgt dem perfiden Geschäftsmodell von RWE: Seit Jahrzehnten werden hier im Revier über die Köpfe der Menschen hinweg und auf Kosten der Natur Konzerninteressen mit dem Ziel der Profitmaximierung auch mithilfe der Staatsgewalt durchgeboxt. Auch wenn es diesmal um Kies- und nicht um Kohleabbau geht.“
Eine Sprecherin der Initiative der Aktivisten im Wald sagte am Morgen, die Polizei sei mit zahlreichen Kräften am Wald. Ein erstes Bauwerk der Besetzer sei bereits geräumt und eine Aktivistin wurde von Beamten aus dem Wald geführt. „Die Personalien wurden aufgenommen und wir haben einen Platzverweis ausgesprochen“, bestätigte eine Sprecherin der Polizei auf Anfrage der Redaktion.
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