Die Stadt soll ein klares Profil als moderner Wirtschaftsstandort, Stadtentwicklung und Klimafolgenanpassung absolute Priorität bekommen.
SPD-BürgermeisterkandidatDavid Hochhausen möchte „Stillstand in Pulheim beenden“

David Hochhausen (SPD) möchte Bürgermeister in Pulheim werden.
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David Hochhausen, 44, möchte Bürgermeister in Pulheim werden. Im Interview verrät er, was sie motiviert und was er sich vorgenommen hat.
Herr Hochhausen, Sie möchten Bürgermeister von Pulheim werden. Was motiviert Sie?
David Hochhausen: Zukunft passiert. Mein Anspruch ist, sie für Pulheim zu gestalten. Ich habe Lust, die entscheidenden Zukunftsfragen anzupacken. Bei dem bisher völlig vernachlässigten Potenzial Pulheims gibt es enorm viel Raum für Verbesserung.
Ehrlicherweise ist aber auch Frust eine meiner Motivationen. Wenn ich sehe, wie vergammelt viele unserer Schulen seit Jahren sind, dass unsere Kitas systematisch vernachlässigt werden oder was für aufgelaufene Defizite wir beim Thema Feuerwehr haben, werde ich sauer. So darf es nicht weitergehen.
Warum braucht es einen Wechsel an der Verwaltungsspitze?
Pulheim hat in vielen Bereichen den Anschluss bereits verpasst. Es fehlt an Führung bei den wichtigen Themen für unsere Stadt, es fehlt an Mut zu Richtungsentscheidungen, und es fehlt an Agilität, um Chancen, die sich auftun, auch zu ergreifen.
Eine strategische Planung findet in vielen Bereichen nicht statt oder wird nicht umgesetzt. Die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger wird zu oft nicht beachtet. Beispiel: Wenn es bei der Kinderbetreuung knirscht, kracht es in den Familien. Da brauchen wir Lösungen im Sinne der Familien, auch wenn das mühselig oder teuer ist.
Welche Ihrer Fähigkeiten werden Sie nutzen, um die Stadtverwaltung mit 824 Beschäftigten zu führen?
Ich werde Entscheidungen schneller treffen und diese klar kommunizieren. Wir haben ganz viele qualifizierte, motivierte Fachleute in der Verwaltung, die nicht länger ausgebremst und demotiviert werden dürfen.
Sie haben in Ihrer Bewerbungsrede gesagt, dass Sie einiges ändern und zur Chefsache machen möchten. Was genau haben Sie vor?
Beim Thema Digitalisierung werden wir am Ende meiner ersten Amtszeit vom Nachzügler zum Vorreiter geworden sein. Pulheim wird ein klares Profil als moderner Wirtschaftsstandort bekommen. Die Themen Stadtentwicklung und Klimafolgenanpassung bekommen absolute Priorität.
Bei Schulen und Kitas werde ich Schluss machen mit der Mangelwirtschaft. Die angepeilten Neubauten sind dringend nötig, aber auch die anderen Einrichtungen müssend deutlich besser ausgestattet werden. Ich beende Pulheims Isolation und sorge für mehr Kooperation mit unseren Nachbarstädten.
Es ist ein zentrales Thema, da Wohnraum in Pulheim begehrt, aber auch knapp und teuer ist: Wie möchten Sie bezahlbare, auch öffentlich geförderte Wohnungen schaffen?
Die Bilanz nach 16 Jahren ist eindeutig: 2009 gab es 815 geförderte Wohnungen, inzwischen nur noch 455. Eine Wohnungsbaugesellschaft mit den Nachbarstädten wäre eine gute Option, um sicherzustellen, dass von den Wohnungsbaumilliarden des Bundes auch etwas in Pulheim verbaut wird.
Ein Blick in die SPD-geführten Nachbarstädte zeigt: Wo ein Wille ist, wird auch reichlich gebaut. Ärgerlich ist, dass sich Stadt und Politik bisher weigern, ihre Werkzeuge zu benutzen. Ich sorge für konsequente Baulandmobilisierung, eine Grundsteuer C gegen Grundstückspekulationen und Kontrolle von Airbnb und Co.
In der Stadt mangelt es nach wie vor an stationären Pflegeplätzen, an Plätzen in der Tages- und der Kurzzeitpflege. Die Stadt kann sie nicht schaffen, aber sie kann entsprechende Institutionen ansiedeln oder Ansiedlungen unterstützten. Steht das Thema „Wohnen im Alter“ auf Ihrer Agenda? Und wie wollen Sie es angehen?
Flächenausweisungen wären ein Fortschritt, können aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Wir müssen gemeinsam mit allen Akteuren in diesem Bereich diskutieren, wie wir innovative Pflegekonzepte nach Pulheim holen. Ich will Quartiere, die betreutes oder unterstütztes Wohnen, Pflege und Service verbinden und so möglichst lange ein gutes Leben ermöglichen. Das Thema will ich unbedingt voranbringen, denn die reale Pflegesituation für ganz viele Familien ist kaum mehr zu stemmen.
Die Stadt steht finanziell gut da. Was auch daran liegt, dass geplante Bauprojekte immer wieder verschoben werden. Meist, weil Personal fehlt. Wie wollen Sie das ändern?
Erstens: Pulheim muss ein deutlich attraktiverer Arbeitgeber werden. Dazu gehört auch eine moderne, digitalisierte Arbeitsumgebung. Wer von der Uni kommt, will nicht wie vor zwanzig Jahren arbeiten. Gerade für Auszubildende können städtische Wohnungen für Mitarbeitende ein attraktives Angebot sein.
Zweitens: Wir müssen ernsthaft überlegen, ob wir bestimmte Bauthemen nicht in externe Gesellschaften auslagern, vielleicht auch gemeinsam mit anderen Städten oder dem Kreis. Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden, sondern können gute Lösungen, die anderswo funktionieren, kopieren.
Sie möchten, dass Pulheim beim Thema Digitalisierung „vorne mitspielt, anstatt mit weitem Abstand hinterherzulaufen“. Wo genau hakt es? Und wo setzen Sie Ihre Prioritäten?
Wie erwähnt, muss gerade der Bau- und Planungsbereich hier einen gewaltigen Sprung machen, sonst kriegen wir die vielen offenen Projekte bei Schulen, Kitas und Feuerwehrgerätehäusern niemals abgearbeitet. Dass im Jahr 2025 die Stadtverwaltung für die meisten ihrer vielen Liegenschaften keine genauen Verbrauchsdaten erfassen kann, sondern nur am Ende die Jahresrechnung des Versorgers bekommt, ist für jeden Eigenheimbesitzer unfassbar, aber Pulheimer Realität.
Laut dem Hitze-Check 2025 der Deutschen Umwelthilfe ist Pulheim die drittwärmste Stadt in NRW, weil es in der Stadt zu wenig Grün gibt. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für Klimaschutz und Klimaanpassung?
Wir haben bereits einen großen Haushaltsantrag dazu gestellt, das Thema beschäftigt uns schon lange. Bäume, die in zwanzig, dreißig Jahren Schatten für unsere Kindeskinder werfen sollen, müssen jetzt gepflanzt werden. Wenn dann endlich ein Klimafolgen-Anpassungskonzept vorliegt, muss das auch konsequent umgesetzt werden. Außerdem: Entsiegelung, da wo es möglich ist, mobile oder permanente Wasserspiele auf öden Plätzen, um es gerade Familien in der Hitze leichter zu machen, und Umsetzung von Hitzeaktionsplänen.
Ganz wichtig: Eine ehrliche Bestandsaufnahme in Kitas, Schulen und anderen städtischen Liegenschaften zur Temperaturentwicklung im Sommer. Es darf sich nicht wiederholen, dass wir Kitaräume mit Sommertemperaturen über 40 Grad haben, ohne dass unverzüglich reagiert wird. Dafür werde ich persönlich Verantwortung übernehmen.
Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Gute. Viele Menschen bekommen mit, dass Pulheim den Anschluss verpasst. Nach 16 Jahren ist klar, dass die Stadt neue Impulse braucht.
Wo sehen Sie Pulheim im Jahr 2030?
Mit einem Bürgermeister David Hochhausen ist Pulheim eine deutlich lebenswertere ‚Pulheimat‘, mit einem klaren, attraktiven Profil und einer aktiven Stadtgesellschaft. Eine Stadt, die aufgelaufene Aufgaben planvoll, transparent und konsequent abgearbeitet hat und sich strategisch entwickelt.
David Hochhausen, 44, ist seit 2016 für die SPD-Kreistagsfraktion aktiv und seit 2020 Vorsitzender der SPD Pulheim. Bis zum Ausscheiden von Dagmar Andres aus dem Bundestag Anfang des Jahres war er Mitarbeiter in ihrem Abgeordnetenbüro. Er ist Sprecher der SPD im Ausschuss für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit. Über Jahre war David Hochhausen freiberuflich unter anderem in den Bereichen Presse und Social Media tätig.