Die Künstlerin Magdalena Jetelovà hat die Skulptur aus uralten Holzstämmen herausgehauen und mit Säge und Beil grob bearbeitet.
Kunst am BauRiesiger Stuhl aus Eichenholz thront auf der Treppe des Pulheimer Kultur- und Medienzentrums

Fachleute haben die roh behauene Holzplastik vor einigen Jahren aufwendig restauriert.
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Langsam, Zentimeter für Zentimeter, schwebt der hölzerne Koloss zu Boden. Bevor er den Boden berührt, bugsieren ihn helfende Hände an die gewünschte Position. Sanft setzt der Kran seine kostbare Fracht ab. Abgespielt hat sich die Szene am 1. September 2021. Seither thront der riesige Stuhl wieder an seinem angestammten Platz auf der Treppe des Kultur- und Medienzentrums (KMZ).
Die 1946 in der Tschechoslowakei geborene und international bekannte Künstlerin Magdalena Jetelovà hat die Skulptur gefertigt. Sie hat sie aus uralten Holzstämmen herausgehauen und mit Säge und Beil grob bearbeitet, so dass sich an vielen Stellen Einschnitte, Furchen und Risse zeigen.
Ein Schädling setzte der Skulptur in Pulheim arg zu
Zuvor war der Platz auf der Treppe des Kultur- und Medienzentrums lange leer. Fast drei Jahre, um genau zu sein. Ende Dezember 2018 hatten Mitarbeiter des Duisburger Restaurierungsateliers „Die Schmiede“ die aus uralten Eichenholzstämmen zusammengesetzte Skulptur abgebaut und ins Ruhrgebiet transportiert.
Ein Schädling hatte ihr arg zugesetzt, sie musste aufwendig restauriert werden. Die auf die Restaurierung und Konservierung musealer Objekte aus den Bereichen Technik, moderne Kunst und Baudenkmalpflege spezialisierten Fachleute hatten in den wuchtigen Holzstämmen den gescheckten Nagekäfer (Xestobium rufovillosum) entdeckt.
Pantomime Milan Sládek war bei der Einweihung dabei
Den vielen Schädlingen rückten sie mit Heißluft zu Leibe. Bereits zersetztes Holz ersetzten sie durch neue Eichenstäbe, befestigten lose Teile und reinigten die Oberfläche, ohne die Patina zu zerstören. Um zu verhindern, dass das Holz fault, haben sie Wasserabläufe eingebaut und zusätzlich Baumwachs aufgetragen, damit kein Wasser in die Stämme eindringen kann.
Einige Pulheimerinnen und Pulheimer dürften sich daran erinnern, dass die Skulptur nicht immer auf der Treppe des Kultur- und Medienzentrums stand. Am 17. Dezember 1989 hat der Pantomime Milan Sládek sie vor dem Köster-Saal enthüllt. Rund 200 Gäste, darunter Politiker, Bürger und Künstler, waren dabei.
Vor Beginn der Bauarbeiten für das aus zwei Baukörpern bestehende KMZ im Jahr 2004 bauten Fachleute den Stuhl ab, er wurde in einem Container außerhalb von Pulheim zwischengelagert. 2006 wurde die Skulptur an einer anderen Stelle, eben auf der Treppe des KMZ, aufgestellt.
Die Kunsthistorikerin Noemi Smolek deutete die Skulptur bei der Einweihung sinngemäß so: Die roh behauene Holzplastik greife erbarmungslos den eher nüchternen, auf Funktionalität und Nützlichkeit hin orientierten Platz an. Die zerfetzte Oberfläche stehe im scharfen Widerspruch zu der Glätte und Sauberkeit des sie umgebenden Platzes. „Sie wirkt absurd.“
Tatsächlich spiele in der Prager Kultur, die den geistigen Hintergrund Magdalena Jetelovàs abgebe, spätestens seit Anfang des Jahrhunderts das Absurde in verschiedensten Schattierungen eine bedeutende Rolle. Der große klobige Stuhl vor dem Köster-Saal hebe das Bein zum Schritt. Er verhalte sich also beinahe wie ein Mensch. Und tatsächlich habe auch die Skulptur von Jetelovà etwas Menschliches an sich.