Die Verwaltung bedauert die Absage. Intern gab es Bedenken, weil das Graffito möglicherweise nicht unterstützenswerte Botschaften enthält.
KunstaktionVerwaltung stoppt Graffito-Entwurf für den Pulheimer Bahnhof kurzfristig

An der Stirnseite der Unterführung am Pulheimer Bahnhof sollte während eines Workshops ein Graffito entstehen.
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Die Idee, die Unterführung am Pulheimer Bahnhof – zur Geyener Straße hin – zu verschönern, ist vorerst vom Tisch. Die Stadtverwaltung hat den vom Jugendamt organisierten und für morgen, Freitag (23. Mai), geplanten Graffiti-Workshop abgesagt. Vorgesehen war, dass neun Jugendliche die Wand mit dem Kölner Graffiti-Künstler „Pape La Pab“ (Pablo Faber) gestalten.
Pulheim: Die Notbremse gezogen
Bei einem vorbereitenden Treffen im Caritas Jugendzentrum Pogo am 4. April haben sie Skizzen für das Graffito angefertigt, die dann unter Mithilfe des Künstlers in einen Entwurf eingeflossen sind. Allerdings zog die Verwaltungsspitze am Montag (19. Mai), „kurzfristig die Notbremse“, kritisiert Christina Caruana-Rinkewitz. Sie ist Vorsitzende des FDP-Stadtverbandes Pulheim und Sprecherin der Fraktion im Jugendhilfeausschuss (JHA).
Die Verwaltung habe die Jugendlichen mit einer E-Mail darüber informiert, dass der Workshop nicht stattfinden werde. Es sei davon auszugehen, dass der Entwurf an der vorgesehenen Stelle nicht umgesetzt werden solle; es werde überlegt, ob ein anderer Ort in Betracht komme, teilt sie mit. Bei den Jugendlichen herrsche großer Frust. „Auch mehrere Eltern sind mehr als irritiert.“

Der Entwurf des Graffito.
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Auf Bitten von Bürgermeister Frank Keppeler hat Michael Kahsnitz, der Vorsitzende des Ausschusses, die im JHA vertretenen Fraktionen am 10. Mai um eine Stellungnahme zu dem Entwurf gebeten. „Drei der fünf Fraktionssprecher haben mir dazu Rückmeldung gegeben.“ Er habe der Verwaltung daraufhin mitgeteilt, dass es teilweise Bedenken gebe, ob das geplante Motiv bei allen Nutzerinnen und Nutzern der Bahnunterführung auf positive Resonanz stoßen werde. „Zudem wurde angeregt, das Graffito auf möglicherweise nicht unterstützenswerte Botschaften hin zu prüfen.“
Der Rückmeldung des JHA-Vorsitzenden war eine verwaltungsinterne Diskussion über den Entwurf vorausgegangen. Neben Ästhetik habe man auch besprochen, ob die Motive für diesen Standort, der täglich von unzähligen Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft passiert wird, geeignet seien, teilt Stadtsprecherin Ruth Henn mit. Sie betont, dass die Verwaltung die kurzfristige Absage bedauere.
Pulheim: Fachstelle prüft Ziffern und Symbole
Auf die Nachricht von Michael Kahsnitz hin habe die Verwaltung entschieden, den Termin zunächst abzusagen. Inzwischen hat sie eine „Fachstelle angefragt“, diese wird nun prüfen, ob die Ziffern und Symbole möglicherweise eine Bedeutung haben, „die nicht unterstützt werden sollten“. Recherchen der Redaktion haben ergeben, dass der Entwurf Hinweise auf den Konsum illegaler Drogen enthalten könnte.
Torsten Rekewitz, Sprecher der SPD-Fraktion im JHA, findet die Diskussion peinlich: „Ganz ehrlich: mein Geschmack ist das Motiv nicht, ich finde es zu schrill. Aber darum geht's doch gar nicht. Hier haben Jugendliche was erarbeitet. Das soll denen gefallen, nicht mir – und nicht dem Rest der Politik. Warum diese vorgeschobenen Argumente auf den letzten Drücker hervorgekramt werden: keine Ahnung.“
Der Künstler Pablo Faber sieht die Situation „gelassen“. Es müssten noch Fragen geklärt werden, das kenne er aus anderen Projekten, gerade wenn Entwürfe durch mehrere Instanzen gingen. „Wir werden auf jeden Fall mit den Jugendlichen ein schönes Projekt haben, nur eben zu einem anderen Zeitpunkt.“
Die Verwaltung prüft nun, ob ein anderer Standort für das Graffito infrage kommt. Und sie erarbeitet Rahmenbedingungen für künftige Projekte dieser Art, „um schon im Vorfeld mögliche Irritationen zu vermeiden“, wie es Ruth Henn formuliert. Die Jugendlichen sind enttäuscht von der Absage. Eine Teilnehmerin reagierte mit den Worten: „Und dann wundern sich die Politiker, dass man kein Vertrauen mehr hat.“