Drohende Enteignung in Alt-ManheimRWE will Hof abbagern – doch ein Gutachten lässt Landwirt Heinrich Portz hoffen

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Heinrich Portz steigt auf seinem Hof von einem Traktor.

Heinrich Portz (70) wehrt sich gegen die Enteignung seines Hofes in Alt-Manheim.

Der Grund soll als Sand- und Kiesgrube für den Tagebausee Hambach dienen. Doch der Landwirt wehrt sich.

Fünf Braunkohledörfer im Rheinischen Revier sind durch den vorzeitigen Kohleausstieg gerettet und einer, dessen Schicksal schon besiegelt schien, darf jetzt wieder hoffen: Heinrich Portz (70), Landwirt in Alt-Manheim, der sich mit Kräften dagegen wehrt, dass sein Hof, sein Geburts- und Wohnhaus, enteignet werden, weil der RWE-Konzern den Grund und Boden als Füllmaterial braucht.

Der Plan sieht vor, in dem verlassenen Dorf so viel Sand und Kies abzubauen, um damit Terrassen und eine Hafenanlage für den geplanten Tagebausee Hambach aufzuschütten.

Es könnte alles anders kommen. Ein am Donnerstag veröffentlichtes Rechtsgutachten, das der Parlamentarische Beratungs- und Gutachterdienst des Landtags im Auftrag der Abgeordneten Antje Grothus (Grüne) hat erstellen lassen, bezweifelt, dass Enteignungen von bewohnten Hofstellen im Rheinischen Revier den Betroffenen wie Heinrich Portz zuzumuten sind.

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Ausgebaggerte Flächen müssten rekultiviert werden

Das von einem Aachener Rechtsprofessor erstellte Gutachten stellt fest, dass im Einzelfall die Gemeinwohlbelange zwischen Enteignung und Rekultivierung abgewogen werden müssen. Nur, wenn das öffentliche Interesse überwiegt, dürfe nach dem Bergrecht enteignet werden. Besonders kurios: Die Flächen des Landwirts müssten, nachdem sie ausgebaggert wurden, auch wieder rekultiviert werden.

Dies „kommt generell nicht in Betracht“, so das Gutachten, denn „ein Zurückbleiben von Bodenvertiefungen an anderer Stelle ist nicht im öffentlichen Interesse. Dieser öffentliche Belang steht dann einer Enteignung entgegen und muss mit hinreichendem Gewicht in die erforderliche Gesamtabwägung einbezogen werden.“

Grothus: „Die Menschen im Revier brauchen Klarheit“

Auch im Sinne eines gelingenden Strukturwandels in der Region regt das Gutachten an, „inwieweit nicht eine Verständigung der verschiedenen Interessengruppen und Beteiligten angezeigt ist, um langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen zu verhindern und den Vorgang des Braunkohletagebaus im Rheinland durch eine möglichst zügige Wiedernutzbarmachung abzuschließen.“

„Die Menschen in unser aller Revier brauchen endlich Klarheit. RWE sollte daher nicht einen langwierigen Rechtsstreit mit unsicherem Ausgang gegen den Landwirt suchen, sondern versichern, dass er nicht mehr zwangsumgesiedelt wird. Erst wenn RWE enteignungsfreie Tagebauplanungen vorlegt, kann die Situation an den Tagebauen endlich befriedet werden und eine vorausschauende und sozialverträgliche Planung für die Tagebaufolgelandschaften gefunden werden“, so Grothus.

Rückenwind bekommt sie dabei von der neuen Leitentscheidung der Landesregierung. Diese besagt unter anderem, dass „so wenig intakte Fläche wie möglich für den Braunkohlentagebau in Anspruch genommen werden soll“.

Die Hofstelle liegt weniger als 150 Meter vor der alten Manheimer Kirche, deren Erhalt RWE bereits Anfang 2022 als „machbar“ bezeichnete. Die Flächen in Alt-Manheim, die RWE für die sogenannte „Manheimer Bucht“ noch in Anspruch nehmen will, werden darüber hinaus für die Landwirtschaft und die im Koalitionsvertrag vereinbarte großflächige Vernetzung des Hambacher Waldes mit den umliegenden Wäldern benötigt.

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