Schleppender Strukturwandel in Rhein-ErftBürgermeister fordern Taten statt Worte

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Tagebau Hambach in Nebel (Symbolbild).

Tagebau Hambach in Nebel (Symbolbild).

Rhein-Erft-Kreis – 2030 also soll wahrscheinlich schon Schluss sein mit Strom aus Kohle im Rheinischen Revier. Statt nach 16 Jahren stünden bereits nach acht Jahren die Bagger und Kraftwerke still. Die große Sorge im Revier: So schnell ist der Strukturwandel nicht zu schaffen. Mit einem Zehn-Punkte-Plan reagiert NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart auf den vorgezogenen Stichtag. Von einer „Task Force Sonderplanungszone“ ist dort die Rede, von einer „Experimentierklausel im Planungsrecht“, von einer schnelleren Auszahlung von Fördermitteln oder auch von einer Stärkung der Stellen, die Geld bewilligen.

Gemischte Gefühle

So richtig gut kommt dieser Plan bei den unmittelbar betroffenen Kommunen nicht an. „Gemischte Gefühle“ habe er, sagt Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach (SPD). In dem Zehn-Punkte-Plan stehe viel drin, was die Kommunen schon lange forderten. „Aber man kann hundertmal von Beschleunigung und Entfesselung reden – irgendwann muss man es einfach auch mal tun“, sagt Solbach. „Ich weiß bis heute nicht, wie wir die PS auf die Straße bringen wollen.“

Die Sonderplanungszone etwa sei schon oft angekündigt worden. Stattdessen sollten erneut die Zukunftsagentur Rheinland und andere Landesinstitutionen aufgebläht werden. „Vor Ort spüren wir davon aber nichts“, beklagt Solbach.

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Politische Kommentare

Grüne

Am „Heiligen Gral“ der Planungsbeschleunigung, welche einhergehe mit einer Sonderwirtschaftszone, wollen die Grünen Minister Pinkwart messen. „Hier gilt es, besonnen vorzugehen und keine Schnellschüsse bei gesetzlichen Normen zu veranlassen“, sagt Kreistagsfraktionsvorsitzender Elmar Gillet. Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger dürften nicht ausgehebelt werden dürfen. „Auch Planungsbeschleunigung muss rechtssicher sein.“ CDU, SPD und FDP sollten im Regionalrat endlich einen „Teilplan Erneuerbare Energien“ auf den Weg bringen.

FDP

Christian Pohlmann, Kreistagsfraktionsvorsitzender der FDP, hält Pinkwarts Plan für geeignet, „das Tempo beim Ausstieg und damit beim notwendigen Strukturwandel zu beschleunigen“. Auf Bundesebene hätten mittlerweile auch die FDP-Koalitionspartner erkannt, dass eine Planungsbeschleunigung dringend nötig sei. Pohlmann: „Insoweit habe ich nun eine gewisse Erwartung, dass dies vor Ort nicht von roten und grünen Politikerinnen und Politikern torpediert wird.“

Linke

„Schon jetzt ist zu befürchten, dass die von Pinkwart vorgesehene »Sonderplanungszone Rheinisches Revier« und die »Experimentierklauseln im Planungsrecht« dazu führen werden, dass Belange des Umweltschutzes und der Beteiligung der betroffenen Bürger im Revier unter die Räder des Beschleunigungsprozesses geraten werden“, glaubt Hans Decruppe (Linke). Dabei finde der Prozess des Strukturwandels „bereits jetzt ohne wirkliche demokratische Beteiligung der Menschen und Beschäftigten im Rheinischen Revier statt“.

Freie Wähler

Das Land setze die richtigen Hebel an, findet Karl Heinz Spielmanns von den Freien Wählern: „schnelles Geld und Sonderplanungszone“ . Aber: „Warum gibt es keinen Plan zu den jährlich 180 Azubis von RWE, von denen mehr als 100 außerhalb der Kohle jedes Jahr die Betriebe der Region befeuert haben?“, fragt Spielmanns. Das sei „eine massive Fehleinschätzung“. (dv)

Landrat Frank Rock (CDU) begrüßt den Plan der Landesregierung, vor allem die „Task-Force Sonderplanungszone“, „denn wir brauchen schnelle Entscheidungen bei den Ausweisungen von Wirtschaftsflächen“, sagt Rock. Das Land habe auch richtigerweise erkannt, dass die Personalressourcen in den Bewilligungsbehörden aufzustocken seien, um in eine schnellere Umsetzung der Projekte zu kommen. Doch beklagt auch Rock, dass Kommunen und Kreise vergessen zu werden drohten. „Hier bedarf es noch vermehrt Unterstützung durch die Landesregierung.“

Als positiv betrachtet Elsdorfs Bürgermeister Andreas Heller (CDU), dass Pinkwart einen „offenen Prozess des Nachbesserns“ sehe. „Jedoch ist der Plan leider nicht mit uns als betroffener Kommunen abgestimmt, und unserem Papier aus dem November wurde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt“, sagt Heller. Damals hatten sich die Anrainerkommunen der Tagebau mit einem Katalog an Forderungen an Bund und Land gewandt. „Da es aber ein offener Prozess sein soll, werden wir einen eigenen Zehn-Punkte-Plan erstellen und den Strukturwandel-Prozess mit Leben füllen.“

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Viele Maßnahmen im Zehn-Punkte-Plan seien begrüßenswert, sagt Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck (CDU). Allerdings fordert er entschiedenes Handeln gemäß der zehn Punkte. „Nur wenn diese Maßnahmen konsequent umgesetzt werden, kann ein vorgezogener Kohleausstieg erfolgreich gelingen und können die Auswirkungen für alle Betroffenen zufriedenstellend abgefedert werden“, sagt Spürck. „Insbesondere der Zugang zu Fördermitteln muss einfacher, transparenter und schneller gestaltet werden.“

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