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Aus eigener ErfahrungWesselinger Künstler Dennis Josef Meseg organisiert Armenküche in Köln

4 min
Ein Mann steht in seinem Atelier.

Dennis Meseg in seiner dem Atelier angeschlossenen Werkstatt in Wesseling. Dort organisiert er zur Zeit auch viel für seine Armenküche, die im Februar in Köln eröffnet werden soll.

Der Wesselinger Künstler Dennis Josef Meseg will einen Ort der Begegnung auf Augenhöhe schaffen, den er sich selbst oft gewünscht hat.

Die Vorbereitungen haben bereits begonnen: Aus Liebe zu seinen Mitmenschen plant der Aktionskünstler, Maler und Bildhauer Dennis Josef Meseg im kommenden Jahr wieder eine Armenküche. „Diesmal möchte ich das Projekt in Köln verwirklichen, wahrscheinlich wird es die Galerie am Brüsseler Platz“, sagt er.

Meseg kennt sich aus in der Szene. Schon von Februar bis Mitte März dieses Jahres bot er in seiner Suppenküche in der Update-Galerie an der Breitestraße in Bonn täglich außer sonntags armen Menschen eine warme Mahlzeit. „Das war eine ganz extreme Erfahrung“, berichtet er. Nie hätte er gedacht, dass sich so viele Menschen – Alleinerziehende, Einsame, Obdachlose und Drogenabhängige – über ein warmes Süppchen am Tag freuen könnten.

Die Suppe kaufte Meseg auf einem Biohof im Vorgebirge. „Sie war wirklich hochwertig“, erzählt er. Sein Motto damals und heute lautet: „Helfen ist keine Kunst, aber Kunst kann helfen.“ Kunstwerke werden in der Armenküche allerdings nicht ausgestellt. „Es soll wieder ein Ort der Begegnung auf Augenhöhe werden“, wünscht sich der Künstler.

Wesselinger Künstler weiß, was es heißt, obdachlos zu sein

Wie oft er sich selbst diese Begegnung auf Augenhöhe in seiner Jugend und als junger Erwachsener gewünscht hat, weiß er gar nicht mehr zu sagen. Meseg weiß, wie es sich anfühlt, anders zu sein und obdachlos. Und er weiß, wie böse Menschen reagieren können, wenn man nicht in ihr Schema passt. „Vielleicht ist es mir ja deswegen ein ganz besonderes Bedürfnis, den Menschen zu helfen, denen es nicht so gut geht“, sagt er. Ihm falle es viel leichter zu helfen, als Hilfe anzunehmen.

Zu sehen sind zwei weiße Schaufensterpuppen, die mit Worten beklebt sind.

Sensible Themen greift Dennis Meseg in seinen Kunstwerken auf.

Meseg war sechs oder sieben Jahre alt, als sich eine Frau und später auch ein Mann aus dem Bekanntenkreis der Familie an ihm vergingen. Erst viel später konnte er darüber reden. Doch immer noch fällt es ihm schwer, über Einzelheiten zu sprechen. Als Kind habe er die Geschehnisse in sich hineingefressen und irgendwann sogar vergessen – zunächst. Auch seinen Eltern verriet er nichts. „Ich hatte ansonsten ja eine sehr behütete und schöne Kindheit“, sagt er.

Der innere Bruch mit dieser Welt habe begonnen, als er 14 Jahre alt war. „Mir war sogar klar, dass ich es im Vergleich zu vielen Freunden aus der Schule richtig gut hatte“, gibt Meseg zu. Er wohnte in Sechtem und zählte damals zum ersten Jahrgang der neuen Gesamtschule in Bornheim. Doch mit einem Mal habe sich alles in ihm gegen diese schöne Welt gesträubt.

Meseg wohnte in Zelt in Wäldchen zwischen Brühl und Bornheim

Vom Einser-Kandidaten sackte er bald so tief ab, dass er in der zwölften Klasse die Schule abbrach. Hinzu kamen die Drogen, mit denen er sich regelmäßig aus der wirklichen Welt „qualmte“. Zu Hause habe es nur noch Krach gegeben. „Das endete damit, dass ich schließlich zu Hause rausflog“, berichtet Dennis Josef Meseg. Bald winkten auch seine Freunde ab, bei denen er sich zwischendurch immer mal wieder ein warmes Bett erbettelte.

So wurde ein kleines Zelt, das er in einem Wäldchen zwischen Brühl und Bornheim aufgestellt hatte, sein Zuhause. „Doch ich muss den Leuten ein richtiger Dorn im Auge gewesen sein“, berichtet er. Er sei immer wieder vertrieben worden. Mal seien ihm die wenigen Habseligkeiten gestohlen worden, mal hätten Leute in sein Zelt gepinkelt, bevor sie es schließlich mit einem Messer kreuz und quer aufgeschlitzt hätten. „Ich hatte richtig Angst“, erinnert Meseg sich. „Im Nachhinein haben aber auch diese Erfahrungen erst das aus mir gemacht, was ich heute bin“, sagt er.

Mein Startkapital waren ein Fahrrad, ein Eimer, ein Putzlappen und eine Druckerpatrone, mit der ich meine ersten kleinen Flyer drucken konnte
Künstler Dennis Josef Meseg

Tatsächlich hat Meseg geschafft, sein Schicksal zu meistern. In Wesseling hat er ein Atelier am Kronenweg für seine Kunst. Sein Unternehmen in Bonn heißt Pixelhauer. Dort beschäftigt er zehn Mitarbeitende. Und auch mit seinen Eltern versteht sich Meseg heute wieder gut. Nach einem Entzug in der Landesklinik fand er als 19-Jähriger zurück in die Wirklichkeit. Dort lernte er auch seinen ersten Freund kennen, mit dem er später zusammenzog.

Online-Plattform des Künstlers ist in Deutschland und Österreich aktiv

„Durch ihn habe ich die Kunst für mich entdeckt“, sagt Meseg. Parallel dazu wollte er Geld verdienen. Ersten Jobs folgte bald die Idee einer eigenen Firma, einem Reinigungsunternehmen, das er „Öko-Clean“ taufte. „Mein Startkapital waren ein Fahrrad, ein Eimer, ein Putzlappen und eine Druckerpatrone, mit der ich meine ersten kleinen Flyer drucken konnte“, erzählt der Wesselinger. Als Putzmann war Meseg bald ein gefragter Mann.

Durch die Arbeit lernte er einen Unternehmer kennen, der Gästezimmer vermietete. Für ihn übernahm er bald das gesamte Online-Management. Meseg gründete die Plattform „Bonnzimmer“ für Alfter und Umgebung, der bald darauf die Online-Plattform „Deutschland-Monteurzimmer“ folgte. Sie ist in ganz Deutschland und inzwischen auch in Österreich aktiv.

Es folgte die Gründung seines Unternehmens Pixelhauer. Die Kunst lief parallel. Und zwar bis heute. Seit 2019 ist Meseg Kunststudent an der Alanushochschule. Gerade hat er seinen Bachelor mit Schwerpunkt Bildhauerei und Neue Medien gemacht. „Nächstes Ziel ist jetzt der Master“, sagt der 44-Jährige, der inzwischen optimistisch in die Zukunft blickt.