Bretter, die die Welt bedeutenDeutsche Meisterschaft der Brettspiele

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Das Bonner „Team Bogdan“ beim Training für die Meisterschaft.

Das Bonner „Team Bogdan“ beim Training für die Meisterschaft.

Bonn/Bad Nauheim – Für die vier Kumpel ist das kein normaler Spieleabend – es ist Training. Alle müssen vorbereitet sein. Jonathan Leh setzt voraus, dass seine drei Freunde am Tisch die Spielregeln gelesen haben. Sein Bruder Benjamin (26), Christian Skorupa (28) und Jakob Reinke (29) nehmen als „Team Bogdan“ an diesem Samstag an der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel im hessischen Bad Nauheim bei Frankfurt teil. Sie sind Titelverteidiger. Den Wettbewerb gibt es schon seit Anfang der 1980er Jahre, er entstand aus den Krone-Spieleclubs, die sich in Hotels oder Kneipen trafen.

Strategien sind wichtig

Peter Janshoff organisiert den Wettbewerb seit Anfang der 1990er Jahre und sagt, er sei „ in dieser Form einzigartig“, weil jeder sich anmelden könne. „Es gibt auch Wettbewerbe, die die Verlage selbst organisieren. Für Siedler oder Carcassonne zum Beispiel. Die sind aber für Einzelpersonen und nicht für Teams.“

An 16 Austragungsorten gibt es regionale Vorentscheide. Die Teilnehmer bestimmen gemeinsam, was dort gespielt wird. Zwei bis drei Teams je Vorentscheid qualifizieren sich fürs Finale. Dafür wählen dann die Veranstalter vier Neuerscheinungen auf der Messe in Nürnberg aus. Dieses Jahr sind das „Race to the New Found Land“, „Photosynthese“, „Santa Maria“ und „Pioneers“, das die Bonner bei diesem Training zum ersten Mal ausprobierten. Jo baut auf dem Tisch im Wohnzimmer von Bennys WG auf: Ein großes Spielfeld, Männchen in vielen Farben, dazu passende Stäbchen, Plättchen mit Personen oder Goldstücken drauf, größere mit Kutschen. Es dauert, bis das Spiel bereit ist. „Viele Neuentwicklungen haben jede Menge Kram. Manchmal ist vieles davon unnötig, manchmal macht es das Spiel auch interessanter“, sagt er.

Während er aufbaut, kochen die anderen noch. Alle kommen direkt von der Arbeit oder Uni. Jo ist Referendar an einer Siegburger Schule, Jakob ist Arzt, Benny studiert VWL und Christian ist Politikwissenschaftler.

Als sie am Tisch sitzen, gehen sie gemeinsam die Regeln durch. Es müssen Straßen gebaut, Wegzoll eingefahren und „wie immer“ Punkte gesammelt werden. Dann geht es los. Doch wozu eigentlich das Training?

„Es gibt Spiele, da führen mehrere Strategien zum Ziel, bei anderen gibt es eine, die am besten klappt“, sagt Jakob. Die gilt es herauszufinden. Bei der Meisterschaft sitzen die vier nicht am gleichen Tisch, sondern mit drei anderen aus je drei Teams. Da ist es gut, verschiedene Strategien zu kennen und zu verstehen, welche die anderen gewählt haben, um richtig reagieren zu können.

Die Gruppen, die an der Meisterschaft teilnehmen, sind sehr unterschiedlich, sagt Veranstalter Janshoff. „Da sind Leute, die aus Spaß mitspielen, aber auch richtige Hardcore-Strategen, die verbissen rangehen.“ Auch wenn sich die vier Titelverteidiger konzentriert vorbereiten, haben sie Spaß am Spielen. Damit liegen sie im Trend, die Verlage verzeichnen seit Jahren wachsende Verkaufszahlen. Es wird also häufiger gespielt – egal ob Spiele für Kinder, Familien oder Erwachsene, ob Würfel-, Karten- oder Partyspiele. „Neben Klassikern werden auch immer mehr neue Ideen ausprobiert“, sagt der Vorsitzende des Branchenverbandes Spieleverlage, Hermann Hutter. Es gebe mehr als 1000 Neuerscheinungen pro Jahr.

Der Pokal ist futsch

Die Bonner Jungs testen die Spiele zehn bis 20 Mal vor dem Turnier.

Zu gewinnen gibt es bei dem Wettstreit am Ende vor allem Brettspiele. Und einen Wanderpokal. „Der ist aber nie bei uns angekommen“, sagt Jo lachend. Offenbar sei er verschollen.

Viele Jahre habe das Turnier in Herne stattgefunden, dieses Mal geht es zum ersten Mal in Bad Nauheim über die Bühne. Bei diesem Übergang und der Neuorganisation der Veranstalter sei der Pokal wohl irgendwo liegen geblieben. Man versuche aber noch, ihn zurückzubekommen. Aber eigentlich – so sieht es „Team Bogdan“ – geht es vor allem um die Ehre. Und um das Ziel, am Ende als Sieger zur Europameisterschaft reisen zu dürfen. (dpa)

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