Umweltbewusst und nachhaltigEine Familie aus Eitorf lebt in einem Haus aus Stroh

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Eng verpresst wurden die Strohballen für die Wände, gestützt von Besenstielen. 

Eitorf – Ein Haus aus dem Kornfeld, aus Stroh und Erde: Diesen Traum hat Verena Bauer sich 2018 erfüllt. Von Kindesbeinen an war die heute 43-Jährige, die auch reitet, von Heu und Stroh fasziniert. Mit Ehemann Josef, drei Söhnen im Alter von 17 bis 20 Jahren sowie drei Töchtern (ein bis 13 Jahre alt), Familienhund Emma und den Laufenten zog sie ein ins neue Heim. Und das, wie Architekt Heiko Wäsche erklärt, ist in seiner Art bundesweit einzigartig.

„Die Bauweise eines Strohballenhauses ist eine sehr umweltbewusste, ökologisch-nachhaltige Bauweise, die zwar etwas arbeitsintensiver, dafür auf lange Sicht aber energieeffizienter und umweltfreundlicher ist als herkömmliche Bauweisen“, sagt der Spezialist für ökologische Architektur, „dieses Haus atmet und ist lebendig.“

Tag der Architektur: Familie Bauer aus Eitorf öffnet ihre Tür für Besucher

So dürfte es auch beim „Tag der Architektur“, aus dem Rahmen fallen: An Samstag, 26. Juni, öffnet Familie Bauer in der Zeit von 10 bis 17 Uhr ihre Tür. Bei dem von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ausgerufenen Aktionstag werden in 64 Städten und Gemeinden insgesamt 117 Architekturprojekte vorgestellt, die meisten davon sind Industrie- und Zweckbauten.

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Sogar die Farbe für die Fassade stellte die Familie selbst her. 

Während der Bauzeit ihres Strohballenhauses im Eitorfer Ortsteil Oberottersbach lebte die Großfamilie drei Monate lang in einer kirgisischen Jurte. Vor dort aus starteten Verena und Josef Bauer ihre Baustelle. Verenas Projekt: Steine aus dem in der Baugrube gelösten Lehm entfernen, das Material mit Sand mischen. 14 Tonnen Lehmputz entstanden auf diese Weise, und die Kinder halfen mit.

Hausbau aus Stroh: 480 Besenstiele und 90 Lkw-Gurte sind verarbeitet

In den Baumärkten der Region kaufte Josef Bauer Besenstiele und kam auf insgesamt 480 Stück – „ich war wohl Besenstielkönig im Rhein-Sieg-Kreis“, stellt der gelernte Gärtner und Persönlichkeitstrainer lachend fest. Wozu die Aktion? Nach historischer, aus den Vereinigten Staaten überlieferter Bauweise, stützen Weidenruten die versetzt aufeinander geschichteten und eng verpressten Ballen. Die Besenstiele tun es bei seinem Haus mit einer Wohnfläche von 138 Quadratmetern nun ebenso gut.

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Viel Eigenleistung steckten Josef und Verena Bauer in ihr Haus, hier mit ihren Kindern Salome (1), Emir (19) und Josephine (13). 

Mit 90 Lkw-Gurten spannten und pressten die Bauherren den Naturbaustoff, verliehen Außen- und Innenwänden des frei stehenden Einfamilienhauses ihre schwer entflammbare Festigkeit. „Mit der Zeit haben wir uns immer mehr zugetraut“, sagt Verena Bauer, sogar die Kaseinfarbe für den Außenputz stellte die Familien selbst her. Verzierungen an der Fassade sind das Ergebnis eines Kunstprojekts, das die 13-jährige Josephine in der Corona-Zeit mit ihrer Klasse umsetzte.

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In der großen Wohnküche mit massivem Holztisch gibt es einen Kachel- und einen Grundofen – die einzigen Wärmequellen für sechs Zimmer und ein Familienbad. Die Decke ist offen, ein opulenter Ventilator schwebt unter dem 21 Tonnen schweren, mit Stroh isolierten Dach. Einmal in Schwung, drücken die Flügel warme oder – je nach Jahreszeit– kühle Luft in die Zimmer des Hauses.

„Wir haben eben ein Low-Tech-Haus“, sagt Josef Bauer, der auf die Hilfe eines Strohballenhaus-Spezialisten aus Tschechien bauen konnte. Auf gerade einmal 200 Euro Heizkosten (Holz) kommt die Familie im Jahr; hinzu kommen Stromkosten für klassische Durchlauferhitzer in Bad und Küche.  

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