GeschenkeAutoren aus dem Rhein-Sieg-Kreis geben ihre Tipps für Buchgeschenke

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Bücher können in den Bann ziehen.

Bücher können in den Bann ziehen.

Rhein-Sieg – Bücher sind in diesem Corona-Advent wohl besonders wichtig – auch Menschen, die sonst wenig Zeit zum Lesen hatten, haben sie für sich entdeckt. Elf Autoren aus dem Kreis empfehlen Lesefutter als Geschenk für andere – oder für sich selbst.

Simak Büchel empfiehlt: „Im Unterland. Eine Entdeckungsreise in die Welt unter der Erde“ von Robert Macfarlane

Simak Büchel

Simak Büchel

„Im Unterland“ von Robert Macfarlane ist im besten Wortsinn ein abwegiges Buch. Der britische Naturschriftsteller verlässt die ausgetretenen Pfade an der Oberfläche und lädt ein zu Expeditionen unter Tage, die nicht nur Mut, sondern auch einen Drang zur Tiefe voraussetzen: Höhlensysteme mit geheimnisvollen Felsritzungen, Gletscherschlünde, unterseeische Stollen und Katakomben – ein schauerliches Vergnügen! Fasziniert folgt man Macfarlane durch engste Kriechgänge, hinab in jene lichtlosen, scheinbar so menschenfernen Orte, die etwas Verborgenes in uns zum Klingen bringen. Dabei erweist sich der Autor als belesener Reiseführer, der zu fesseln weiß.

Ursula Kollritsch empfiehlt: „Männer in Kamelhaarmänteln“ von Elke Heidenreich

Ursula Kollritsch

Ursula Kollritsch

Was nach Geschichten über Kleider und Mode aus verschiedenen Zeiten klingt, ist in Wirklichkeit – typisch Elke Heidenreich – ein Buch über das pralle Leben. Zum Lachen, Weinen, Nachdenken und Zurücklehnen und Mitreisen. Es ist zugleich ein Bummel über Märkte, durch italienische Boutiquen und ebenso eine Stippvisite im Himmel und im kölschen Brauhaus. Und natürlich ist es ein herzerfrischendes Wiederlesen mit Elke Heidenreich, in deren Erzählungen es vordergründig um Kleines geht und hintergründig einfach um alles.

Wer die Stimme der Autorin und Kulturjournalistin im großen Literaturbetrieb vermisst, dem sei besonders die wunderschöne Hörbuch-Fassung wärmstens ans Herz gelegt.

Sven Heuchert empfiehlt: „Der Glanzrappe“ von Robert Olmstead

Sven Heuchtert

Sven Heuchtert

Olmstead ist ein Magier – er erzählt seine Geschichte, die in den Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs spielt, mit einer ganz und gar vollendet lyrischen, intensiven Sprache. Bücher wie „Der Glanzrappe“ sind selten, denn sie versuchen sich an einer Narrative über die conditio humana, ohne den moralischen Zeigefinger zu heben, ohne jedwede Belehrung. Sie zeigen, was ist, nicht wie es sein sollte.

Der Leser erlebt, wie Robey Childs, der jugendliche Protagonist des Romans, sich auf die Suche nach seinem Vater macht, der im Chaos der blutigen Schlachten zu überleben versucht. Dem Jungen wird früh auf seiner Reise der titelgebende Rappe als Gefährte zur Seite gestellt – ein edles Tier, das tiefschwarz geboren wird und seine Farbe nicht wechselt, sie nie verliert.

Je weiter sie kommen, je grausamer die Geschehnisse, je aussichtsloser die Lage, desto mehr wird dieses Pferd zu einem mystischen Symbol, zu einer Art transzendentalem Begleiter. Die Schönheit der Natur, die Zartheit einer ersten Liebe kontrastieren mit einer brutalen, bedrohlichen Realität, die jeden Moment der Empfindsamkeit unendlich kostbar erscheinen lässt. Der Glanzrappe ist ein archaisches Meisterwerk, dessen dunkle, poetische Sprache einen nicht mehr loslässt.

Judith Merchant empfiehlt: „Bowies Bücher: Literatur, die sein Leben veränderte“ von John O'Connell

Judith Merchant

Judith Merchant

Ich liebe Bowie. Und ich liebe Bücher. Insofern ist klar, dass ich dieses Buch eigentlich nicht verschenken, sondern selbst behalten möchte, aber glücklicherweise besitze ich längst eins.

Also: Der erklärte Vielleser Bowie hat kurz vor seinem Tod eine Liste der 100 Bücher, die sein Leben verändert haben, erstellt. Diese Liste arbeitet der Autor John O’Connell hier ab, indem er zu jedem Buch nicht nur den Inhalt, sondern auch Bowies Bezug dazu erklärt.

Das Tolle an diesem Buch ist eine Playlist: Jedem Buch beziehungsweise Kapitel ist ein Bowie-Song zugeordnet. Das führt zu einem auch akustischen Leseerlebnis: Während ich über Bücher lese, die ich entweder liebe und bewundere (Truman Capote, „Kaltblütig“, und Lautreamont, „Die Gesänge des Maldoror“) oder hasse (Kerouac, „Unterwegs“) oder (noch) gar nicht kenne (Broyard, „Verrückt nach Kafka“), kann ich die passende Musik hören. Mit dem passenden Getränk lassen sich so gleich mehrere wunderbare Abende verbringen. Und noch einen großen Vorteil hat dieses Buch: Wer sich coronabedingt schlecht konzentrieren kann, ist bestens bedient mit den kurzen Texten und der Möglichkeit, kreuz und quer zu blättern.

Rüdiger Kaun empfiehlt: „Chronik eines angekündigten Todes“ von Gabriel Garcìa Marquez

Rüdiger Kaun

Rüdiger Kaun

In dem kurzen Roman geht es um Ehre und um eine Gesellschaft, die glaubt, eine Ehrverletzung nur durch eine Bluttat sühnen zu können. Und es geht um eine Gemeinschaft, in der alle wissen, was geschieht; und alle, selbst die Mörder, wollen, dass es nicht geschieht. Die Handlung spielt in der bunten Atmosphäre eines kolumbianischen Dorfes. So bereitet die Lektüre neben dem intellektuellen auch ein sinnliches Vergnügen.

Michaela Küpper empfiehlt: „Die Tochter des Zauberers – Erika Mann und die Flucht ins Leben“ von Heidi Rehn

Michaela Küpper

Michaela Küpper

New York, 1936: Erika hofft darauf, mit ihrem politischen Kabarett die Amerikaner für den Kampf gegen Hitler zu gewinnen. Dann lernt sie im Kreis der europäischen Exil-Künstler den Arzt und Lyriker Martin Gumpert kennen, der ihr mehr bedeutet, als sie jemals für möglich gehalten hätte. Bald muss sie sich entscheiden: Ergreift sie die Chance, sich als Kämpferin für Frieden und Freiheit zu etablieren, oder setzt sie ihr persönliches Glück an erste Stelle? Die Geschichte einer beeindruckenden Persönlichkeit, verknüpft mit spannenden Einblicken in die New Yorker Emigrantenszene – sehr lesenswert!

Stefan Läer empfiehlt: „Hyperion oder Der Eremit in Griechenland“ von Friedrich Hölderlin

Stefan Läer

Stefan Läer

Friedrich Hölderlins 250. Geburtstag habe ich zum Anlass genommen, seinen Briefroman „Hyperion“ zu lesen, der vielen als die schönste Dichtung deutscher Sprache gilt. Die Erzählung ist eine innere und äußere Reise, die den Protagonisten auf der Suche nach Freiheit und Utopie schließlich die Harmonie der Natur erfahren lässt. Seine Reflexionen über Leben und Gesellschaft sind auch ein Appell für mehr Menschlichkeit und Gefühl. Sprache kann so machtvoll sein: „Was lebt, ist unvertilgbar, bleibt in seiner tiefsten Knechtsform frei, bleibt eins, und wenn du es scheidest bis auf den Grund, bleibt unverwundet, und wenn du bis ins Mark es zerschlägst und sein Wesen entfliegt dir siegend unter den Händen.“

Maria W. Peter empfiehlt: „Brot backen in Perfektion mit Sauerteig“ von Lutz Geißler

Maria W. Peter

Maria W. Peter

Wenn ich nicht gerade historische Romane schreibe oder mich dazu ganz tief in die Recherche von vergangenen Zeiten begebe, stehe ich am liebsten in der Küche am Herd, um dort zu backen, zu kochen und zu werkeln. Im Laufe der Zeit haben sich bei mir daher sehr viele Koch- und Backbücher angesammelt.

Seit einiger Zeit backe ich sogar mein eigenes Brot und züchte hierfür den frischen Sauerteig selbst. Seither gibt es in meinem Fundus auch verschiedene Bücher zum Brotbacken, die ich alle sehr liebe und schätze.

Doch meine ungebrochenen Favoriten stammen aus der Feder von Lutz Geissler, der wirklich die Grundlagen, Kniffs und Tricks des Brotbackens, von klassisch bis raffiniert, von einfach bis herausfordernd ganz wunderbar erklärt. Anfänger und Fortgeschrittene der Backkunst können davon gleichermaßen profitieren.

Mein Liebling unter Geisslers Büchern heißt: „Brotbacken in Perfektion mit Sauerteig“, das die Leserinnen und Leser nicht nur in die – gar nicht so schwierigen – Geheimnisse der Sauerteigzucht und des damit verbundenen Backens einführt, sondern nebenher mit vielen guten Tipps und Hintergrundinformationen zum Thema Brotbacken allgemein aufwartet, bei denen selbst ich als alter Backhase noch viel dazu lernen konnte.

Jörg H. Trauboth empfiehlt: „Du, mein geliebter Russe. Eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte“ von Nelli Kosko

Jörg H. Trauboth

Jörg H. Trauboth

Im Zweiten Weltkrieg wurden junge Deutsche in der Ukraine als sogenannte Volksdeutsche zur Wehrmacht einberufen und an die Front geschickt. Sie fielen nach Kriegsende den Sowjets in die Hände. Dieses Buch ist eine Liebesgeschichte zwischen einer in Deutschland geborenen Frau und einem Russlanddeutschen. Ich empfehle dieses Buch, weil es uns „Leidgeprüften“ in der Corona-Zeit eindringlich deutlich macht, was Verzicht, Leid und Aufstehen wirklich bedeuten. Zudem lernen wir über die fast vergessene Geschichte der Russlanddeutschen und das Deutschtum als ihren einzigen Halt. Es ist gut geschrieben und hochwertig gebunden.

Maria Uleer empfiehlt: „Wolfszeit“ von Harald Jähner

Maria Uleer

Maria Uleer

Das Hamstern, der Schwarzhandel, die katastrophale Wohnsituation, die Diskriminierung der Flüchtlinge spiegeln das schwierige Alltagsleben der Nachkriegszeit, in der die Grundlage für das heutige Deutschland gelegt wurde. Trotz allem haben Tanzlokale und Karnevalsumzüge Zulauf. Beate Uhse, der VW Käfer und der Nierentisch feiern Erfolge. Jähner erzählt so spannend, dass man das Sachbuch wie einen Roman liest. Ein informativer Lesegenuss auch für jüngere Jahrgänge.

Georg Schwikart empfiehlt: „Hallelujah, Leonard Cohen!“ von Uwe Birnstein

Georg Schwikart

Georg Schwikart

Sein Lied kennt jeder, es wird auf Hochzeiten und Beerdigungen gespielt,den Refrain können alle mitsingen. Cohens „Halleluja“ ist eine sentimentale Ballade, in die alle Sehnsucht und Betrübnis des Lebens mit einfließt. Der Journalist Uwe Birnstein erzählt von dem Mann, der diesen Mega-Hit geschrieben hat und unnachahmlich vortrug. Er lässt uns teilhaben an den wirren Wegen des Künstlers, die ihn letztlich doch zu sich selbst geführt haben. Der passende Untertitel: „Wie Leonard Cohen Gott lobte, Jesus suchte und unsere Herzen berührte“.

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