Ersticktes Baby in HennefVerteidiger fordert Bewährungsstrafe

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Symbolbild

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Hennef/Bonn – Vier Jahre Haft wegen Totschlags im minder schweren Fall hat Staatsanwältin Henrike Baumgarten vor dem Bonner Landgericht am Donnerstag für die 22-jährige Henneferin gefordert, die ihr Baby nach der Geburt erstickte.

Die Staatsanwältin ist überzeugt, dass die geständige Angeklagte eine „selbstunsichere Persönlichkeit“ hat. Die Auszubildende zur Köchin habe nie gelernt, Belastungssituationen zu lösen. Im Gegenteil: Ihre Strategie bei allen Problemen sei stets gewesen, sich zurückzuziehen.

Kopf in den Sand gesteckt

Von den Eltern, deren Eheprobleme sich vor etwa drei Jahren verschärft hätten, habe die Tochter nicht lernen können, „Konflikte zu lösen“.

Selbst nach einem Selbstmordversuch der Mutter, der die Familie nach Meinung der Staatsanwältin „hätte wachrütteln müssen“, sei „einfach so weitergemacht worden“. Baumgarten: „Es wurde kollektiv geübt, den Kopf in den Sand zu stecken.“

Im Mai des vergangenen Jahres hatte die als „erheblich unreife“ bezeichnete 22-Jährige vom Arzt erfahren, dass sie schwanger ist. Der Ex-Freund habe nicht geholfen, „weil er sie nicht ernst nahm“, so die Staatsanwältin. Danach habe die junge Frau „verharrt, ohne einen Plan zu entwickeln“.

Unter anderem aufgrund einer Überforderungssituation zur Tatzeit am Morgen des 16. November 2012 geht die Staatsanwältin von einem minder schweren Fall des Totschlags aus.

Nach der Geburt hatte die 22-Jährige das Baby mit einem Kissen erstickt und es anschließend mit blutigen Betttüchern in einen Müllsack gesteckt. Eine verminderte Schuldfähigkeit lag in den Augen der Staatsanwältin allerdings nicht vor.

Inadäquates Handeln

Dies sah Verteidiger Uwe Krechel anders. Seiner Meinung nach lag eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vor. Daher müsse von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen werden.

Seine Mandantin habe alles „total dem Zufall überlassen“. Die 22-Jährige habe „in sämtlichen Situationen der Schwangerschaft völlig inadäquat gehandelt“. Nach der Geburt habe das Schreien des Kindes sie zurück in die Realität geführt. Da habe sie ein „Kissen genommen und es auf den Unruhepunkt gedrückt“.

„Es tut mir Leid“

Für Krechel reicht eine zweijährige Bewährungsstrafe aus. Er regte an, dass seiner Mandantin, der er das Fehlen jeglicher sozialer Kompetenz bescheinigte, als Auflage psychologische Maßnahmen auferlegt werden könnten.

Damit wäre die 22-Jährige nach eigenen Angaben einverstanden. Sie äußerte im letzten Wort: „Ich wollte nur sagen, dass es mir Leid tut.“

Das Urteil soll am Freitag verkündet werden. Die Kammervorsitzende Anke Klatte gab der Angeklagten mit auf den Weg: „Vielleicht sollten Sie mal einen mitbringen, der dann für Sie da ist.“

Am gestrigen Verhandlungstag war die 22-Jährige wieder ohne Familienangehörige oder Freundinnen vor Gericht erschienen.

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