EnergiewendeIHK Rhein-Sieg will klimaneutrale Wirtschaft – Abbau von Hürden gefordert

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Die Innenstädte müssen für den Lieferverkehr erreichbar bleiben, mahnt die IHK.

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis. – Die Wirtschaft in der Region will klimaneutral werden. Dieses Ziel hat sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg in ihrer „Agenda 2022-2026“ gesetzt, die jetzt von der neu gewählten IHK-Vollversammlung verabschiedet wurde. Die Agenda ist ein Arbeitsprogramm der Kammer mit vier strategischen Leitlinien für die kommenden Jahre. Durch alle zieht sich die Transformation der Betriebe hin zur Klimaneutralität.

Herausforderungen für die Unternehmen

Ein solch hohes Ziel sei bisher noch nicht gesteckt worden, sagte am Mittwoch IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille bei der Vorstellung der Agenda. Die Unternehmen stünden dabei vor großen Herausforderungen, für einige gehe es gar um die Existenz, weil sie fürchteten, wegen der Kosten für die Energiewende nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. IHK-Präsident Stefan Hagen: „Als Kammer werden wir uns für eine zukunftsfähige Energie-Infrastruktur einsetzen. Ökologische Notwendigkeit und ökonomische Vernunft müssen dabei ständig in Einklang gebracht werden“.

Die Region als Ganzes wahrnehmen

Die IHK beklagt in diesem Zusammenhang, dass für eine Energiewende in der Region die Infrastruktur etwa für Wasserstoff fehle (Hille: „Es gibt keine Pipeline, keine Anschlüsse“) und dass die Ausstattung von Unternehmen mit Photovoltaik erst am Anfang stehe. Fossile Energieträger wie Kohlekraftwerke seien für die Zeit des Übergangs daher weiter wichtig, weil sonst wirtschaftliche Prozesse nicht aufrechterhalten werden könnten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zur Klimaneutralität gehört die Verkehrswende, aber auch hier hebt die IHK mahnend den Finger, denn die Wirtschaftsverkehre müssten weiter fließen. Stefan Hagen: „Innenstädte müssen beliefert werden, das geht nur mit Lkw“. Neben dem Handel sind die Citys laut IHK auch Schwerpunkte für Gastronomie, Kultur, Dienstleistungen und Freizeit und sollten zu Erlebnis- und Veranstaltungsorten weiterentwickelt werden.

Ein nachhaltiger Tourismus dürfe nicht nur auf ein Zentrum beschränkt werden. Hagen: „Tourismus muss fürs ganze Rheinland gedacht werden, von der Kö in Düsseldorf, über den Dom in Köln bis zu Beethoven in Bonn“ – so wie ein Besucher aus Asien oder den USA die Region als Ganzes wahrnehme.

Gegen den Fachkräftemangel

Mit Sorge betrachtet die Kammer den Arbeitskräftemangel im Bezirk (Hagen: „Das größte Risiko“). 57 000 Fachkräfte werden nach Berechnungen der IHK bis 2035 in Bonn/Rhein-Sieg fehlen. 57 Prozent der deutschen Unternehmen hätten aktuell Probleme, neue Mitarbeitende zu finden. In Bonn dauert es laut IHK 125 Tage, im Kreis 143 Tage, bis eine Stelle mit einer Fachkraft besetzt ist.

Als Gegenmaßnahmen schlagen Hagen und Hille unter anderem vor, ausländische Berufsabschlüsse anzuerkennen und Zugangshürden für Facharbeiter aus Nicht-EU-Ländern zu senken. Auch für das Duale System, also die Berufsausbildung mit Lehre und Berufsschule, solle stärker geworben werden. Die Kammer will sich ebenso für mehr Ausgründungen aus Universität und Hochschule stark machen und dafür ihre Beratungs- und Informationsangebote ausbauen. Sie sieht gerade für Gründer große Chancen beim nachhaltigen Umbau der Wirtschaft.

Hackerangriff auf IHKs

Die Kammer selbst will sich modernisieren und die Digitalisierung im eigenen Haus voranbringen. Dabei hat sie einen herben Rückschlag erlitten. Sie ist Anfang August mit 78 anderen Kammern Opfer eines Hackerangriffs auf einen gemeinsamen IT-Dienstleister geworden. Internet und E-Mails funktionierten nicht mehr. Die Folge: Zeugnisse für Prüflinge oder Geldüberweisungen mussten wieder von Hand ausgefüllt werden. Hille: „Wir waren froh, noch Stempel und Überweisungsträger zu haben“.

Softwareanwendungen und IT-Systeme werden nach und nach hochgefahren und einzeln auf mögliche Schadsoftware gescannt. Der Hauptgeschäftsführer geht von einer kriminellen Attacke aus und vermutet Wirtschaftsspionage, möglicherweise sollten sensible Unternehmensdaten abgeschöpft werden.

KStA abonnieren