Villa Friedlinde in LohmarEin Treffpunkt für Jung und Alt

Lesezeit 5 Minuten
Vor acht Jahren wurde Susan Dietz Leiterin der Villa Friedlinde. Seitdem ist diese nicht nur für Senioren, sondern auch für junge Leute ein Treffpunkt.

Vor acht Jahren wurde Susan Dietz Leiterin der Villa Friedlinde. Seitdem ist diese nicht nur für Senioren, sondern auch für junge Leute ein Treffpunkt.

  • Als Susan Dietz vor acht Jahren Leiterin der Begegnungsstätte wurde, war die Villa Friedlinde als Treffpunkt nur für Seniorinnen und Senioren gedacht.
  • Doch da neben dem Gebäude sich immer wieder Jugendliche zum Abhängen, Rauchen und Trinken trafen, suchte die Leiterin mit ihnen das Gespräch.
  • Mittlerweile hat sich die Villa Friedlinde zu einer echten Begegnungsstätte für Gäste jeden Alters entwickelt. Susan Dietz sagt: „Die Villa ist wie Familie.“

Lohmar – In der Villa Friedlinde trafen sich früher täglich Dutzende Seniorinnen und Senioren und verbrachten gemeinsam ihre Freizeit. 90 Ehrenamtliche waren engagiert, eine Vielzahl von Kursen und Freizeitbeschäftigungen wurde angeboten.

Als Susan Dietz vor acht Jahren Leiterin der Begegnungsstätte wurde, war die Villa Friedlinde als Treffpunkt nur für Seniorinnen und Senioren gedacht. Hier basteln, singen und spielen sie gemeinsam. Doch direkt neben der Villa am Gebüsch trafen sich Jugendliche, rauchten, tranken und machten Lärm – das störte viele der älteren Gäste. Die Jugendlichen zu verjagen war für Dietz jedoch keine Option. „Wenn die sich immer hier treffen, dann hat das einen Grund. Dann soll das so sein“, sagt die 60-Jährige heute im Rückblick.

Sie ging auf die Gruppe zu, redete mit den Jugendlichen und stellte fest, dass diese einfach einen Ort suchten, um miteinander Zeit zu verbringen. Vor der Villa ist ein Spielplatz für Kinder, drinnen sind die Senioren, und im Park spazieren die Familien. Für die Jugendlichen war da einfach kein Platz.

Also lud Dietz die Jugendlichen in die Villa ein, und zusammen veranstalteten sie ein Grillen mit dem Bürgermeister, den älteren Gästen und der örtlichen Polizei. Alle lernten sich erstmals kennen. Heute steht am Eingang der Villa ein Schutzdach mit Holzbänken und einem Tisch. Ab dem Mittag füllt sich die Ecke mit den Jugendlichen. Dietz’ Offenheit zeichnet sich aus. Sie hat die Villa Friedlinde zu einer echten Begegnungsstätte für Gäste jeden Alters entwickelt. Selbst für Jugendliche ist nun Platz.

Susan Dietz und die Villa Friedlinde – das passt

Für Susan Dietz laufen an der Bachstraße die Fäden ihres wechselvollen Lebens zusammen. Dietz ist eine Frau, die viel lacht. Sie wollte eigentlich Künstlerin werden, wurde aber für das Kunststudium in Köln nicht angenommen. Deshalb studierte sie Pädagogik, arbeitete aber zunächst gar nicht in ihrem Beruf, sondern als Pressesprecherin bei einer Versicherung.

Während der Schulreform jobbte Dietz an zwei Gymnasien, half bei der Umstellung der Lehrpläne. Erst danach begann sie, in einer Senioreneinrichtung zu arbeiten, 2012 wurde die Stelle in der Villa Friedlinde frei. All ihre Erfahrungen konnte sie an diesem Ort mit einem Mal verknüpfen: die künstlerischen, pädagogischen, publizistischen und organisatorischen.

Die Türen der Villa Friedlinde stehen offen, Veranstaltungen finden jedoch erst ab September und nur eingeschränkt statt.

Die Türen der Villa Friedlinde stehen offen, Veranstaltungen finden jedoch erst ab September und nur eingeschränkt statt.

Dietz kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Villa Friedlinde, informiert einmal im Monat in einer kleinen, gelben Zeitschrift über kommende Kurse und Neuigkeiten aus der Region. Außerdem gibt sie Kurse im Gehirnjogging und singt mit im hauseigenen Chor. Dietz’ Bürotür direkt am Eingang steht offen, Gäste begrüßt sie stets persönlich. Viele kommen jeden Tag, weil sie zu Hause niemanden haben oder Zerstreuung suchen.

Wenige Kurse

Ab Anfang September sollen in der Villa Friedlinde wieder einige Kurse möglich sein, die unter Beachtung der Corona-Hygienevorschriften durchgeführt werden können. Das teilte die Stadtverwaltung mit. Weiterhin abgesagt bleiben Sing- und Spielegruppen, die Cafés, die sonst am Montag und Freitag stattfanden, sowie Zusammenkünfte mit Verzehr im Mittelpunkt, beispielsweise „Offenes Frühstück“ und „Gemeinsamer Mittagstisch“. Aber auch die monatlichen Themennachmittage fallen bis auf weiteres aus. (dk)

Doch die Corona-Pandemie hat auch vor der Villa Friedlinde nicht Halt gemacht. Im März musste die Einrichtung schließen, Veranstaltungen für die Seniorinnen und Senioren sind auch jetzt nur mit Auflagen möglich (siehe „Wenige Kurse“). „Mir fehlt das sehr“, sagt Dietz. Sie sitzt allein in der Villa, betreut das Corona-Bürgertelefon der Stadt Lohmar mit.

Die Älteren rufen öfter an, viele sind traurig, dass sie nicht mehr vorbeikommen können. „Für viele war das jeden Tag eine Anlaufstelle. Die Villa ist wie Familie.“ Auch viele Ehrenamtliche kümmern sich nun telefonisch um die Seniorinnen und Seniorinnen. Sie schreibt weiter an der Seniorenzeitschrift, „gegen die Einsamkeit“, wie sie sagt, und arbeitet an einem Liederbuch für die Seniorinnen und Senioren in der Stadt. Zudem ist für Dietz jetzt endlich Zeit, auszumisten. Viele Schränke und Ordner von Keller bis Dach sind voll. Dietz sortiert sie seit Wochen aus.

In der Villa bieten Ehrenamtliche – die meisten sind selbst schon Seniorinnen und Senioren – sonst jeden Tag etwa zehn Veranstaltungen an. Darunter Chorproben, aber auch Tanzstunden, Malen und Sprachkurse.

Für Susan Dietz ist Malen wie Urlaub

Während etwa ein Dutzend Besucher im Wintergarten Boule spielen, malen vier Frauen in einem Nebenraum Mandalas. Sie gestalten ihre Bilder selbst, mit Formen, die sie im Alltag finden. Die Umrisse der Gegenstände stellen sie auf Papier ab und umzeichnen sie, mit Bleistift. Danach wird koloriert.

Ihre Leidenschaft, das Malen, konnte Dietz in jungen Jahren nicht zum Beruf machen, aber in der Villa und auch privat bleibt sie stets damit in Kontakt. „Wenn ich male, ist das wie ein Urlaubstag.“ Früher hatte sie dafür ein eigenes Atelier, malte naturgetreu Landschaften. Heute baut sie ihre Staffelei in ihrer Wohnung auf und ab. Auch ihr Zeichenstil hat sich geändert. „Jetzt matsche ich mit Farben, Formen und Materialien“, sagt Dietz und lacht. „Da klemmt auch mal ein Dübel oder eine Wäscheklammer im Bild.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Dietz beobachtet die aktuellen Entwicklungen genau. Noch dürfen sie sich nicht treffen, die Gefahr für die Älteren ist ohnehin größer. Im August ist sowieso Sommerpause. „Bisher hatte ich keine Langweile“, sagt Dietz. Mit Telefonseelsorge und dem Aufräumen in den Schränken ist sie gut beschäftigt. Und doch hat sie wieder Lust auf den Trubel und die Menschen, ohne die die Villa nichts ist. Dietz fühlt sich als „Mutter des Hauses“. Viele der Besucherinnen und Besucher seien ihr ans Herz gewachsen. „Und das, obwohl viele älter sind als ich“, sagt Dietz und lacht.

KStA abonnieren