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Flut, ArchiveinsturzWie durchnässte Akten im Rhein-Sieg-Kreis gerettet werden können

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Markus Vieten, Experte für die Rettung von Dokumenten (links) erklärt den Teilnehmern, wie sie Dokumente vom Schlamm befreien können.

Rhein-Sieg-Kreis – „Mit dem Schwamm vorsichtig die Flüssigkeit abtupfen. Auf keinen Fall auf dem Papier reiben, dann machen Sie alles kaputt.“ Markus Vieten vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) demonstriert gleich, wie er das meint. Wenn Akten bei einem Unglück oder Unwetter ins Wasser geraten, müssen sie noch vor Ort gesichert und zur späteren Restaurierung vorbereitet werden.

Vieten und seine Kollegin Anna Katharina Fahrenkamp sind Experten für die Rettung von Archivmaterialien. In den vergangenen Jahren hatten sie viel zu tun: der Einsturz des Historischen Archivs in Köln, die verheerende Flutkatastrophe 2021. Viele Dokumente gingen damals in den Fluten unter, konnten aber dank des Wissens der Fachleute vom LVR gerettet und später restauriert werden.

Nach dem Archiveinsturz in Köln wurde die Notwendigkeit deutlich

2019 wurde der Notfallverbund Archive und Bibliotheken aus dem Rhein-Sieg-Kreis und Bonn gegründet. „Spätestens nach dem Einsturz des Zentralarchives in Köln am 3. März 2009 war klar, dass wir besser auf solche Unglücke vorbereitet sein müssen“, berichtet Dr. Claudia Maria Arndt, Leiterin des Kreisarchivs in Siegburg. Sie machte sich dafür stark, dass ein erster Übungstag des Verbundes im Kreishaus stattfinden konnte.

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Gut durchnässt standen die Akten den Experten für die Übungen zur Verfügung.

Dezernent Thomas Wagner begrüßt die 16 Teilnehmer aus zwölf Institutionen. „Archive verwahren Kulturgüter und hüten die Schätze unserer Identität“, sagte er. Nicht nur durch Unglücke, sondern viel öfter durch Löschwasser bei Bränden würden Dokumente in Mitleidenschaft gezogen. Ihre spätere Rettung sei oft sehr aufwendig, lohne sich aber immer. Für ein realistisches Unglücksszenario wurden zahlreiche Akten und Karten 24 Stunden lang in der Tiefgarage des Kreishauses gewässert.

Gut durchnässt standen sie den Experten für die Übungen zur Verfügung. Dabei war Hanna Albers vom Gemeindearchiv Swisttal. Sie erlebte, wie die Unterlagen des Bauamtes bei der Flut 2021 buchstäblich absoffen. Immerhin gelang es mit Hilfe der Experten, 97 Prozent der Dokumente zu retten. „Auch die Feuerwehr aus Hennef hat damals Beachtliches geleistet, um uns zu helfen“, berichtet sie.

Archivrettung in Rhein-Sieg: Die Ausrüstung muss stimmen

Auch darum ging es bei der Übung: Großformatige Karten sollten mit zwei oder drei Personen gesichert werden, da sie abknicken und reißen können, wenn sie von nur einem Menschen getragen werden. Auch durchnässte Aktenordner müssten einzeln abtransportiert werden. „Durch das Wasser sind sie vollgesogen und damit gut doppelt so schwer“, schildert Vieten. Da halte die Bindung nicht mehr.

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Doch bevor man sich zum Unglücksort begibt, muss die Schutzausrüstung stimmen. Gummistiefel, Handschuhe, Atemschutz und Schutzbrille sind unabdingbar. „Auf Dachböden finden sich nicht nur alte Akten, sondern auch Vögel. Deren Kot löst sich in Flüssigkeit auf und gibt eine gefährliche Mischung“, warnt Vieten. Auch Schadstoffe, die bei Fluten ins Wasser gelangen, könnten gefährlich werden.

Vorsichtig wurden die durchnässten Akten und Archivkartons aus dem Regal zur weiteren Sicherung geborgen. „Immer gut abtropfen lassen“, riet Vieten. Denn die Dokumente werden bei einem Unglück sofort eingefroren. So wird die Zeit gewonnen, dass sie später einzeln zur sorgfältigen Aufarbeitung aufgetaut werden können. Jeder Tropfen Wasser, der vorher abgetropft sei, verkürze die Trocknungsphase. „Und die Kartons nur kniehoch und versetzt wie bei einer Mauer stapeln. Dann bricht auch nichts zusammen.“