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Preise explodierenKönnen sich die Kunden in Rhein-Sieg noch eine Tasse Kaffee leisten?

Lesezeit 5 Minuten
Wolfgang Schmitz-Mertens führt in Troisdorf das Familienunternehmen, die Kaffeerösterei. Ein ganzes Bündel an Ursachen führe zu dem deutlichen Anstieg der Kaffeepreise, erklärt er.

Wolfgang Schmitz-Mertens führt in Troisdorf das Familienunternehmen, die Kaffeerösterei. Ein ganzes Bündel an Ursachen führe zu dem deutlichen Anstieg der Kaffeepreise, erklärt er.

Röstereien und Cafés drücken die steigenden Kaffeepreise. Davon sind auch die Kunden betroffen, doch nicht alle geben die Erhöhung weiter.

Seit etwa eineinhalb Jahren kennt der weltweite Kaffeepreis nur eine Richtung: nach oben. Verantwortlich dafür sei „ein bunter Strauß“ an Gründen, erklärte der Troisdorfer Kaffeeröster Wolfgang Schmitz-Mertens. Auch er hat seine Preise im September erhöht, eine weitere Anhebung werde es im Mai geben, sagte er.

Eine lange Trockenheit während der Blütephase und andauernder Regen danach in der Zeit, da sich die Kaffeekirschen bilden, machten den Herstellern in Brasilien im Jahr 2024 zu schaffen: Beides vertrage der Kaffee nicht gut, so Schmitz-Mertens. Die Bohnen seien kleiner, während der weltweite Markt an den Börsen mit einem Preisanstieg reagiere: Es fehle die Sicherheit, in Zukunft die benötigten Mengen noch zu bekommen.

Einen „bürokratischen Hengst“, so Schmitz-Mertens, sattelte die EU mit dem europäischen Entwaldungsgesetz, das am 1. Januar 2025 in Kraft treten sollte: Ab dann sollte nur Kaffee importiert werden dürfen, für den der Boden vor nicht weniger als 20 Jahren gerodet worden war. Gut gedacht, sagt er, aber „ein riesiger Aufwand“. Und viele Exportländer wie Äthiopien könnten die Daten dafür gar nicht liefern.

Wolfgang Schmitz-Mertens führt in Troisdorf das Familienunternehmen, die Kaffeerösterei. Ein ganzes Bündel an Ursachen führe zu dem deutlichen Anstieg der Kaffeepreise, erklärt er.

Wolfgang Schmitz-Mertens führt in Troisdorf das Familienunternehmen, die Kaffeerösterei. Ein ganzes Bündel an Ursachen führe zu dem deutlichen Anstieg der Kaffeepreise, erklärt er.

Inzwischen wurde das Inkrafttreten um ein Jahr verschoben, gleichwohl hat die verstärkte Nachfrage vor dem 1. Januar 2025 erneut zu einem Anstieg an den Börsen geführt. Dort wird Arabica-Rohkaffee in US-Cent pro britischem Pfund (453 Gramm) gehandelt. Stand der Preis vor eineinhalb Jahren noch bei 160 Cent, stieg er schon bis Ende 2023 auf 200. Ende des vergangenen Jahres kletterte der Preis auf 290 Cent, im Januar übersprang er sogar die 400-Cent-Marke. 

„Davon sind wir gerade erst wieder runter“, sagte Schmitz-Mertens; am Donnerstag nach Ostern sank der Preis auf 390 Cent. Eine echte Entspannung sieht der Troisdorfer aber nicht. Die Gründe für die Preisexplosion – wozu auch der Mangel an Seecontainern gehört und die Notwendigkeit, wegen der Rebellenangriffe im Persischen Golf Kaffee aus Asien rund um Afrika zu verschiffen – seien ja nach wie vor „am Brennen“. 

Und schließlich trägt auch das Konsumverhalten in China zum Preisanstieg bei. Das junge, urbane Publikum sei vermehrt auf den Geschmack gekommen, weiß Schmitz-Mertens. Und die Niederlassungen einer US-Kette schießen im Land wie Pilze aus dem Boden. Preise wie vor eineinhalb Jahren erwarte niemand mehr, sagt Schmitz-Mertens. Aber „Kaffee war eigentlich immer zu billig“, für die Erzeugerländer sei der Preisanstieg auch positiv. Fairer Handel bleibe dennoch wichtig, damit sich die Bedingungen der Plantagenarbeiter verbesserten.

In Deutschland hat der Fachverband festgestellt, dass die Kunden angesichts derartiger Preissteigerungen ihren Kaffeeanspruch um jeweils eine Stufe senkten: Wer bislang eine Sorte der großen Marken kaufte, greife nun eher zur Discounterware. „Wir haben es bislang noch nicht gemerkt“, freut sich Wolfgang Schmitz-Mertens. „Man kann es sich immer noch leisten“, sagten bislang seine Kunden. Aber „das heißt nicht, dass es ewig so bleibt“.

Espressostudio Lais an der Holzgasse in Siegburg, Inhaber Lais Etemadi

Lais Etemadi eröffntete vor neun Jahren sein Espressostudio an der Holzgasse in Siegburg.

„Ich hasse es, die Getränke teurer machen zu müssen“, sagt Lais Etemadi in seinem Espressostudio Lais an der Siegburger Holzgasse, doch zum Jahresende 2024 blieb ihm keine andere Wahl: Um 300 Prozent hätten sich die begehrten Bohnen verteuert, und doch blieb die Erhöhung moderat: Statt 3,50 Euro nimmt er jetzt 3,60 Euro für den Cappuccino.

117 Röstungen vor der Eröffnung in Siegburg ausprobiert

117 Röstungen habe er vor der Eröffnung probiert, dann die richtige Mischung in seiner Heimatstadt Bonn gefunden, bei der Rösterei Piazza Venezia, mit der er bei der Entwicklung der Mischungen Röstungen eng zusammenarbeitet.

Espressostudio Lais an der Holzgasse in Siegburg, Inhaber Lais Etemadi

Die Mischungen aus der Bonner Rösterei gibt es auch zum Mitnehmen.

Das Ergebnis ist keine Massenware: Auffällig ist der hohe Anteil der Sorte Robusta, der sich neben Arabica in seinem Kaffee findet. „ Sehr kräftig, nussig und schokoladig“ sei sein Kaffee, den er in einer Mischung für Espresso und Cappuccino sowie einer milderen Variante für Kaffee und Milchkaffee zubereitet. „Ich mag nun mal keinen Blümchenkaffee.“ Hinzu kommt eine entkoffeinierte Spielart. In Bonn eröffnete Etemadi vor im vergangenen Jahr seine „La Roc Espressobar“ an der Münsterbasilika.

Schlechte Ernten und Klimawandel treiben die Preise auch im Rhein-Sieg-Kreis

Auf die Ein-Kilo-Pakete zum Mitnehmen hat er 2,50 Euro aufgeschlagen. Die Mischung „Schwarzes Gold“ etwa gibt es für 22 Euro, „Gusto Bar“ mit einem Robusta-Anteil von 70 Prozent zu Arabica 30 Prozent für 18 Euro und Crema Dora (70 Prozent Arabica/30 Prozent Robusta) für 20 Euro. Crema Bar mit jeweils gleichen Anteilen der beiden Sorten ist für 19 Euro zu haben. Etemadi fragt sich, wie lange er seine Preise halten kann. Schlechte Ernten und den Klimawandel sieht er letztlich als Grund für die Probleme der Produzenten.

Peter Profittlich führt sein Café in Bad Honnef-Rhöndorf in vierter Generation und will den Aufschlag bei den Preisen nicht an die Kunden weitergeben.

Peter Profittlich führt sein Café in Bad Honnef-Rhöndorf in vierter Generation und will den Aufschlag bei den Preisen nicht an die Kunden weitergeben.

„Jeder Wanderer sollte sich noch eine Tasse Kaffee leisten können“, das meint Peter Profittlich, der das traditionsreiche Café in Bad Honnef-Rhöndorf in vierter Generation führt. Der Heimbs-Kaffee, den er ausschenkt, koste ihn zwar im Einkauf erheblich mehr als noch zu Jahresbeginn, den Aufschlag gebe er aber nicht an seine Kunden weiter. Darunter seien auch viele Familien.

So gibt es eine Tasse Kaffee am Fuß des Drachenfels nach wie vor für 2,40 Euro, einen Haferl-Becher für 3,50 Euro, Kaffeespezialitäten wie Cappuccino sind leicht teurer. Auch die Preise für Profittlichs Kuchen und Gebäck werden in den sozialen Medien als vergleichsweise niedrig gelobt. Er hoffe, dass die neue Bundesregierung die angekündigte Mehrwertsteuersenkung rasch umsetze, sagt der Bäcker- und Konditormeister. Die gesamte Gastronomie drückten ja die auch in anderen Bereichen gestiegenen Kosten. „Die Steuersenkung könnte das kompensieren.“