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GebührenkalkulationWarum in Rhein-Sieg nur manche Patienten für den Rettungswagen zahlen müssen

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Der Rettungsdienst des Rhein-Sieg-Kreises bedient auch die Ortschaften im ländlichen Raum.

Der Rettungsdienst des Rhein-Sieg-Kreises bedient auch die Ortschaften im ländlichen Raum.

Ob und wie viel Patienten für den Rettungsdienst zahlen müssen, wird zur Wohnortfrage.

Für heftige Diskussionen hat die Entscheidung des Kreistags zur Gebührenkalkulation für den Rettungsdienst gesorgt. Wie berichtet, erhalten künftig Patientinnen und Patienten nach einem Transport mit einem Rettungswagen des Rhein-Sieg-Kreises einen Gebührenbescheid. Zwischen 200 bis 300 Euro müssen sie bezahlen.

Der Kreis begründet die Entscheidung damit, dass die Krankenkassen die Kosten für die sogenannten Leerfahrten in der Höhe nicht mehr tragen. Sie berufen sich dabei auf das Sozialgesetzbuch V, nach dem lediglich Fahrten finanziert werden, bei denen tatsächlich jemand transportiert wird. Für die Transporte darüber hinaus konnte in den vergangenen Jahren Einvernehmen erzielt werden, wie es verwaltungstechnisch heißt.

Wie ist der Stand in den Kommunen mit eigenem Rettungsdienst?

Dieses Einvernehmen gibt es jetzt nicht mehr. Die Gebühr für einen Rettungstransportwagen (RTW) ist in der jüngsten Sitzung des Kreistags auf 1207 Euro festgesetzt worden. Der Krankentransportwagen (KTW) liegt bei 886 Euro plus 2,50 Euro für jeden Einsatzkilometer, das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) bei 337 Euro.

Wie aber sieht es in den Städten aus, die ihren Rettungsdienst kommunal organisieren? Dort ist in den Gebührensatzungen kein Bescheid für die Patienten vorgesehen, sie haben Einvernehmen mit den Krankenkassen hergestellt. Wer also in Hennef, Siegburg oder den anderen vier Städten transportiert wird, muss nicht selbst zuzahlen. 

Ein Blick in die Gebührensatzungen offenbart zudem große Unterschiede. Am günstigsten ist es in Niederkassel. Da kostet der RTW 487 Euro für den Transport eines Patienten. Das NEF schlägt mit 214 Euro zu Buche, der KTW mit 294 Euro Grundgebühr und 2,90 Euro pro Transportkilometer. Troisdorf hat seine neue Gebührensatzung gerade verabschiedet, RTW 935,10 Euro, NEF 655,71 Euro, dazu kommen 2,50 Euro als Kilometergebühr.

In Lohmar läuft ausschließlich der RTW, pauschal für 641 Euro. Für den Krankentransport wird ein RTW eingesetzt, abgerechnet wird die Gebühr des Rhein-Sieg-Kreises für einen KTW. Die Gebühr dafür in Hennef ist 281,72 Euro. Der Preis für einen RTW ist 688,10 Euro, das NEF ist mit 537,67 Euro dagegen deutlich teurer, jeweils plus 1,50 Euro je Kilometer.

Die Anschaffung eines neuen Rettungstransportwagens schlägt inzwischen mit fast einer Viertelmillion Euro zu Buche.

Die Anschaffung eines neuen Rettungstransportwagens schlägt inzwischen mit fast einer Viertelmillion Euro zu Buche.

Die Kreisstadt Siegburg kommt beim RTW auf 723,29 Euro, beim NEF mit 374,91 Euro nahe an den Preis des Kreises. Für den KTW gelten dieselben Regeln wie in Lohmar. Das teuerste NEF fährt in Königswinter mit 661,14 Euro, mehr als doppelt so viel wie beim Kreis mit 326 Euro, bei dem zudem keine zusätzlichen Kilometergebühren anfallen. Der RTW ist für 800,54 Euro zu haben, der KTW für 366,21 Euro. Pro Kilometer kommen nicht einmal 6,50 Euro dazu.

Der Rhein-Sieg-Kreis übernimmt im Rettungsdienst weitere Aufgaben

Allerdings gibt es eine Reihe von Gründen, warum der Kreis mit höheren Sätzen kalkulieren muss, wie Kreispressesprecherin Rita Lorenz auf Anfrage mitteilt. Lange Distanzen führen im ländlichen Raum dazu, dass Einsätze seltener sind. Das heißt, die Kosten verteilen sich auf weniger Fahrten, der Preis steigt. Außerdem übernimmt der Kreis mehr Aufgaben bei der sogenannten taktischen Reserve. Bei Spitzen- und Sonderbedarf wächst das Rettungsdienst-System kurzfristig.

Bei größeren Einsatzszenarien wie zum Beispiel einem Massenanfall von Verletzten können innerhalb von 30 Minuten zusätzliche Rettungsmittel in den Einsatz gebracht werden. Diese Ressourcen vorzuhalten ist kostspielig, weil Personal in Rufbereitschaft bezahlt werden muss.  Die Hälfte der dann geplanten RTW kommen zum Beispiel dafür vom Kreis.

Der hat in seiner Doppelrolle als Träger des Rettungsdienstes und kreiseigener Rettungswachen zusätzliche Kosten im Gesamtsystem Rettungsdienst, die er stemmt. So müssen kreisangehörige Städte keine Leitenden Notärzte oder Organisatorische Leiter des Rettungsdienstes vorhalten.

Außerdem muss er die rettungsdienstliche Versorgung für das gesamte Kreisgebiet sicherstellen, wenn kreisangehörige Städte ihre RTW wegen Personalmangels nicht besetzen können. „Durch die Inbetriebnahme von zusätzlichen Rettungsmitteln kompensiert dies in solchen Fällen häufig der Rhein-Sieg-Kreis. Dies sind zusätzliche Kosten, die einer kreisangehörigen Stadt nicht entstehen“, schreibt Lorenz.