24-Stunden-Schwimmen in Sankt AugustinBahnen ziehen mit Blech-Enten und Bratwurst

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24 Stunden Schwimmen Sankt Augustin

Helle Strahler erleuchten am Abend das Becken. Die Schwimmer teilen sich je nach Tempo in Gruppen auf.

Sankt Augustin – Mit schwarzem Filzer malt das Mädchen im orangeroten T-Shirt schwungvoll drei Ziffern auf meine Schulter. Dann folgt die kalte Dusche – brrr. Kurzer Blick: Die 919 ist noch da. Hoffentlich ist das Wasser im Becken wärmer. Etwa 50 Leute ziehen ihre Bahnen im Sportbecken des Freibads, entgegen dem Uhrzeigersinn, Regel eins. Ungeschriebene Regel zwei: Die Teilnehmer des 24-Stunden-Schwimmens teilen sich offenbar auf nach Schnelligkeit, die Krauler links, in der Mitte die Brustschwimmer.

Ich wähle die gemütliche, gemischte Gruppe rechts. Seit mehr als 20 Jahren habe ich nur noch im Meer und in Seen geplanscht. Wasser mag ich, nur Hin und Her finde ich aber eigentlich zum Gähnen. Außerdem sind die anderen immer schneller. Und dazu noch das Chlorwasser im Pool, bäh. Jetzt aber habe ich den klaren Auftrag meiner Redaktion: „Mach mit!“

Wasser ist fast schon zu warm

Nach diesem heißen Tag hat das Nass auch jetzt noch, um 22.30 Uhr, Badewannentemperatur, fast schon zu warm. „30 Grad“ ruft mir einer, ebenfalls in orangerotem T-Shirt, vom Beckenrand zu: Die Organisatoren der DLRG sind überall und weithin zu erkennen. Zehn Bahnen hab ich mir erstmal nur vorgenommen, 500 Meter. Vor mir kämpft und japst ein kleines Mädchen, ein paar Züge im Freistil, ein paar Züge im Froschstil, „prima, du schaffst es“, rufen die Eltern vom Rand. Das Mädchen erreicht die Bahnenzähler, ruft „236“ und fragt: „Wie viel hab ich schon?“ 800 Meter, immerhin.

Die Ergebnisse

Rekord beim zehnten 24-Stunden-Schwimmen: 453 Sportler folgten der Einladung der DLRG Sankt Augustin und legten insgesamt 2007,5 Kilometer zurück.

Die ersten drei: (weiblich unter 18) Maren Brecker, 33 Kilometer; Caroline Dönnebrink, 28 km, Janina Kasimir, 25 km. (Weiblich über 18) Christa Berning, 27,4 km; Malin Bracht, 25,1 km; Birgit Kleber, 19,5 km. (Männlich unter 18 Jahren) Jarek Schneider, 21,5 km, Finn Graumann, 17,2 km, Justin Ackermann, 17 km. (Männlich über 18) Christian Hylla, 38 km; Carsten Kopper, 30,4 km; Harald Bracht, 23,1 km; Flossenwettkampf: Frank Bucher, 9,5 km; Britta Bucher, 5,4 km; Doris Peulen, 4,3 km.

Die besten der Schulen: Hans-Christian-Anderson-Grundschule, 32,7 km; Gutenberg-Förderschule, 10,5 km; Rhein-Sieg-Gymnasium, 137,7 km.

Beste Familie waren die Ortmanns mit 44 km. Bei den Gruppen siegte „Chaos-Squad“ von der DLRG Troisdorf mit 148 km. (coh)

Die Frau hinter mir, Brustschwimmerin wie ich, bewegt sich langsam durchs Nass. „Und, wie viel haben Sie schon?“, frage ich sie am Wendepunkt. „Fast sieben Kilometer.“ Ich staune. „Seit heute Nachmittag, mit einigen Pausen“, schiebt sie noch hinterher und gleitet weiter.

Ich setze an zum Überholen, bin ja schließlich Kurzstrecklerin. Punkten kann ich damit allerdings nicht im Wettbewerb: Hier zählt nur die Strecke, nicht die Zeit. Wer Tempo macht, muss aufpassen: Nachts sind alle Schwimmer grau, tauchen wie aus dem Nichts schemenhaft auf. Trotz der hellen Strahler am Rand sehe ich wenig – was vielleicht auch an meiner Kurzsichtigkeit liegen mag.

Blech-Enten blinken im Wasser

An, aus, an, aus: Was blinkt denn da? Sie seien „die Blech-Enten“, klären mich die Damen auf der Nebenbahn auf, allesamt Mitglieder des Posaunenchors der evangelischen Gemeinde Sankt Augustin-Ort. Die Badeentchen, mit Heißkleber auf Haargummis befestigt, leuchten nach jedem Wasserkontakt.

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Die Musikerinnen im Teenie-Alter tragen allerdings nur schlichte Leuchtbänder: Sie finden die Gummitiere auf dem Kopf zu peinlich. Übers Wasser wabern Bratwürstchenduft und Bässe. Hardrock. Ich steigere meinen Takt, fühle Leichtigkeit. Pro Bahn zähle ich 41 ruhige Züge; 500 Meter sind flugs vorbei, ich peile die 1000 an – und bewege mich mit dieser Leistung in der Gruppe der Anfänger, egal. Im kommenden Jahr komme ich wieder, dann aber in der Freizeit und mit der ganzen Familie. Und auf jeden Fall wieder nachts.

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