FahrsicherheitstrainingAutofahren für Spezialeinheiten

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16 Limousinen der Ober- und Luxusklasse stehen fürs Training bereit.

16 Limousinen der Ober- und Luxusklasse stehen fürs Training bereit.

Sankt Augustin – Röhrende Motoren, quietschende Reifen, die schwarze Spuren auf den Asphalt radieren, um die Kurve rutschende Luxuslimousinen – faszinierend, was mit Autos möglich ist. Für manche aber ist das kein Spaß am Fahrvergnügen, sie brauchen diese Fähigkeiten für die Ausübung ihres Berufs. Polizeiliche Spezialeinheiten etwa kommen immer wieder in Grenzsituationen, die die Beherrschung eines Fahrzeugs notwendig machen, bei Verfolgungsfahrten zum Beispiel oder beim Personenschutz. Der Autor hat es am eigenen Leib erfahren. Bei einem Besuch der MB Trainingsagentur wurde er als Schutzperson kurzfristig evakuiert. Aus einem gemütlichen Spaziergang heraus wurde er in ein hochmotorisiertes Auto geschubst. Die anschließende Fahrt durch das Trainingsgelände in präziser Kolonnenfahrt hatte viel Dynamik.

Einmalige Konstellation

Das ist Teil spezieller Fahrtrainings, mit denen die Spezialkräfte geschult werden. Diese Fortbildungen werden ausgeschrieben, Monique Broschek aus Sankt Augustin bewirbt sich seit 2011 mit ihrer MB Trainingsagentur regelmäßig darauf. Und erhält häufig den Zuschlag. Gemeinsam mit ihrem Mann Dirk und einem ehemaligen Kommandoführer polizeilicher Spezialeinheiten als taktischem Berater entwickeln sie passgenau auf die Bedürfnisse der Auftraggeber abgestimmte Konzepte. „Diese Konstellation ist in Deutschland wohl einmalig“, sagt Dirk Broschek. Der 36-Jährige ist Stunt-, Renn- und Rallyefahrer.

Der Motorsport liegt in der Familie, sein Großvater Albert Vincent Broschek ist mit Hans Joachim Stuck und Rudolf Carracciola Rennen gefahren. Er selbst hat schon beim „Tatort“ oder bei „Alarm für Cobra 11“ mitgewirkt. Doch es geht bei seinem Angebot nicht so sehr um die spektakuläre Verfolgungsfahrt. „Wir gehen in Grenzbereiche, aber viel wichtiger ist, dass wir den Wagen, egal bei welchem Manöver, in jedem Sekundenbruchteil absolut beherrschen.“ Bei einem kleinen Parcours zeigt er, was damit gemeint ist. Mit 120 Stundenkilometern geht es über kleine Feldwege mit feuchter Fahrbahn, mit driftenden Reifen um Haarnadelkurven, durch matschige Grünstreifen, aus voller Fahrt in einen 180-Grad-Turn, vorwärts und rückwärts. Diese Aktionen sind nie Selbstzweck, unterliegen stets taktischen Vorgaben, über die Broschek aber keine Einzelheiten verrät. Denn sie sind Teil sensibler Sicherheitskonzepte der Polizei. Deshalb ist er so glücklich über das Trainingsgelände auf einem ehemaligen Militärgelände. Es ist komplett eingezäunt und von außen nicht einsehbar. „Wir können auch nachts arbeiten.“ Der Lärm der Motoren stört niemanden und niemand stört die Arbeit der Teilnehmer.

Der Aufwand, den die MB Trainingsagentur betreibt, ist immens. 16 Limousinen der Ober- und Luxusklasse stehen bereit. Sie werden aufwendig gepflegt. „Unsere Kunden sind es gewohnt, in großen und sauberen Autos zu fahren“, sagt Broschek. Deshalb wird jeder Wagen vor Beginn des Trainings von innen und außen gereinigt. Drei Kfz-Mechaniker betreuen die Fahrzeuge, zur Not auch rund um die Uhr. Einen Satz Bremsen rechnet er für jeden Tag und jede Limousine.

Enormer Reifenverschleiß

In der Halle hinter der Werkstatt liegen etliche Sätze Reifen. Die sind bei den vielen Schleuder- und Driftaktionen in besonderem Maße Verschleißteile. Zum Fuhrpark gehören auch zwei alte BMW, die für Kollisions- und Rammübungen benutzt werden, „Rums“ und „Bums“ ist auf den Seiten schlicht aufgesprüht. Und auch hier geht es nicht um plattes Draufhalten, sondern um die Nutzung von Fahrdynamik, schlichter Physik. Leichte Anstöße, das beweist die Probe aufs Exempel, bringt einen möglichen Gegner ins unkontrollierte Schleudern. Extrem schnell und dicht fährt der Trainer an das Fluchtfahrzeug heran, Präzision in Perfektion.

1200 Liter Super tankt Broschek vor Trainingsbeginn in die Limousinen. Für die Sicherheit stellt er Helme, gefahren wird mit Sturmhauben. Das macht die Übungsszenarien realitätsnaher, schützt darüber hinaus die Identität der Teilnehmer. Und noch ein Alleinstellungsmerkmal bietet MB an. Stets sind zwei Rettungsassistenten über Funk erreichbar. Sie können in Sekundenschnelle einen Geländewagen besetzen, der notfallmedizinisch und mit Feuerwehrgerät ausgestattet ist. Der Ernstfall ist indes noch nie eingetreten: „Toi toi toi“, sagt der Trainer, setzt sich in einen Audi A 8 und dreht auf der Stelle Kreise.

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