Die Traditionsbäckerei in Niederpleis geht Ende September nach 30 Jahren in andere Hände über.
Bäckerei Profittlich schließtAbschiedsbesuch aus Japan in der Backstube in Sankt Augustin

Die Bäckerei Profittlich in Niederpleis schließt. Saeko Haratake hat ihre Lehre bei Bäckermeister Stephan Profittlich gemacht.
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Bevor die Backstube von Stephan Profittlich in Sankt Augustin für immer geschlossen wird, wollte seine ehemalige Auszubildende Saeko Haratake noch einmal die früheren Kollegen besuchen. „Als ich erfahren hatte, dass der Chef aufhört, habe ich sofort überlegt, wie ich noch einmal von Japan nach Niederpleis kommen kann“, so Haratake. Sie ist begeisterte Läuferin und hatte sich eine Starterlaubnis für den Berlin-Marathon an diesem Sonntag, 21. September, gesichert. Da bot es sich an, dass sie vorher einen Abstecher ins Rheinland machte.
„Ein bisschen wehmütig war ich schon, als ich wieder in der Backstube stand“, so Haratake. Als 25-Jährige hatte die Japanerin im Jahr 2007 im Rhein-Sieg-Kreis ihre Prüfung als Bäckerin mit Bestnoten abgelegt. Sie ging dann zurück in ihre Heimatstadt Fukuoka. Dort eröffnete sie eine eigene Bäckerei mit Brot nach deutschen Rezepten.
In Sankt Augustin werden die letzten Stollen gebacken, bevor Profittlich seine Backstube für immer schließt
Die Wiedersehensfreude bei den früheren Kollegen war groß. Ganz besonders bei Manuel Osterloh, auch Manu genannt. Er wird nach der Schließung zu seinem Onkel in die Normandie ziehen, die anderen Angestellten haben alle neue Jobs in Aussicht. Brot wird es im Geschäft in Niederpleis übrigens auch weiter geben, eine Bäckereifilialist übernimmt den Standort - nur selber mit der Hand gebacken wird dort nicht mehr.
Erinnerungsfotos wurden gemacht, viel über die alten Zeiten gesprochen. Profittlich erinnerte sich, dass seine japanische Auszubildende früher immer sehr auf Sauberkeit geachtet hatte. Er schenkte ihr als Erinnerung einen Handkehrbesen für den Backtisch. „Ich hätte ihr auch gerne noch andere Dinge mitgegeben, aber wegen des Gewichtes war der Transport nach Japan im Flugzeug nicht möglich“, bedauert Profittlich.

Einen Kehrbesen für den Backtisch bekam Saeko Haratake als Erinnerungsgeschenk von Bäckermeister Stephan Profittlich.
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„Schon während der Lehre war Haratake sehr fleißig. Als sie am frühen Morgen in der Backstube stand, packte sie wieder sofort mit an“, sagt Profittlich lachend. Und auch beim Besuch der Redaktion zeigte sie, dass sie nicht nur Brote und Brötchen backen kann. Die letzten Stollen, die vor der endgültigen Schließung gebacken werden, bestrich sie liebevoll mit Butter. „Morgen werden sie in grobem Zucker gewälzt, dann kommt der Staubzucker drauf“, so die japanische Bäckerin kenntnisreich.
In Japan wird aus Wein aus dem Siebengebirge von Karl-Hein Broel erfolgreich verkauft
„Über hundert Butterstollen habe ich für gute Kunden noch extra gebacken“, berichtet Profittlich. Sie halten bis zu sechs Wochen. Wer sie allerdings erst zu Weihnachten anschneiden möchte, der solle sie einfrieren. Selbstverständlich hätten die Stollen einen Marzipankern. Das sei im Rheinland üblich. „Beim echten Dresdner Stollen gibt es diese Zutat nicht“, erklärt Profittlich.

Saeko Haratake bestreicht den Stollen mit Butter.
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Haratake schläft als Gast im Wohnhaus bei Familie Profittlich. Sie fährt nun allerdings erst einmal nach Berlin zu Deutschlands größtem Marathon. Danach kommt sie wieder zurück, um in Rhöndorf Winzer Karl-Heinz Broel zu besuchen. Seine Weine bietet sie in ihrem Geschäft in Fukuoka an. Jedes Jahr wird eine ganze Palette aus dem Siebengebirge nach Japan geliefert.
Bevor sie aber ins Flugzeug nach Berlin steigt, machte Haratake noch einen Abstecher ins Huma. Der Lindt-Shop in der Outlet-Ebene war ihr Ziel. Schweizer Schokolade ist in Japan sehr beliebt. Ihre beiden Töchter Homi (12) und Mizuki (14) bekommen sie als Mitbringsel aus Deutschland. Und noch was hat sie in ihrem Gepäck. Beim Stöbern in den Regalen der Nachbarschaftshilfe an der Bonner Straße in Sankt Augustin entdeckte sie zwei Weinpokale und einen kleinen Krug dazu. „Wir in Japan achten darauf, dass Dinge nicht weggeworfen, sondern wiederverwertet werden.“ In ihrem Laden in Japan können sie als Dekoration bei den Weinflaschen aus Deutschland Verwendung finden.