Im Gericht laufen häufig Überwachungsvideos zu Beweiszwecken. Doch in einem Fall hatte die Polizei die CD gelocht und so zerstört.
Diebstahl mit WaffenPolizei zerstört CD mit Beweisvideo zu Diebstahl aus Sankt Augustin

Um zerstörte Beweise ging es vor dem Amtsgericht Siegburg.
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Wie rabiat hat der Angeklagte seine Verfolger weggestoßen? Wollte er nur sich oder auch seine Beute in Sicherheit bringen? Die Höhe einer Strafe hängt oft von Details ab. Im Falle eines Diebstahls mit Waffen hätte ein Überwachungsvideo für Klarheit sorgen können. Doch die Kreispolizei lochte die CD und zerstörte das Beweismittel unwiederbringlich.
Das bedauerte die Vorsitzende Richterin Julia Dibbert, die das Video aus einem Sankt Augustiner Supermarkt gerne im Gerichtssaal abgespielt hätte. Der Angeklagte, ein 28-jähriger Arbeiter, versicherte, er habe niemanden verletzen, sondern nur fliehen wollen. Auch die Beute sei ihm egal gewesen. Im Laden hatte er im November 2024 zwei Schnapsflaschen im Wert von knapp 50 Euro in die Jacke eingesteckt.
Die Beute ist in den Supermarkt in Sankt Augustin zurückgelangt
In der Hosentasche hatte er ein Messer, im Rucksack eine Eisenstange dabei, weshalb die Anklage auf Diebstahl mit Waffen und versuchte Körperverletzung lautete. Der ursprüngliche Vorwurf des räuberischen Diebstahls, der viel härter bestraft wird, war fallen gelassen worden, weil dem Angeklagten eine „Beutesicherungsabsicht“ nicht nachgewiesen werden konnte.
Die Waffen hatte er nicht eingesetzt, das Messer brauchte er für die Arbeit, auf dem Nachhauseweg habe er es noch in der Tasche gehabt. Und auch die Eisenstange diente einem anderen Zweck, was er mit ihr vorhatte, daran könne er sich heute, knapp ein Jahr nach dem Vorfall, nicht mehr erinnern.
Angeklagter muss regelmäßig Drogenfreiheit nachweisen
Der Angeklagte äußerte sich ausgesucht höflich. Vielfach vorbestraft hat er auch schon kurz in Haft gesessen, wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe. Kaum in Freiheit, suchte er sich wieder einen Job, leistet körperlich schwere Arbeit für nur 1500 Euro netto im Monat. Der befristete Vertrag werde verlängert, sagte er, dann bekomme er mehr Lohn und Zulagen: „Das ist ein harter Job, den niemand machen will.“
Der Mann wurde schon mit 18 Vater, er hat drei Kinder, lebt in Scheidung und könne derzeit leider keinen Unterhalt zahlen, sagte der Angeklagte. Nach dem Hauptschulabschluss folgten zwei abgebrochene Ausbildungen, die letzte endete durch die Corona-Insolvenz der Firma. Zum Tatzeitpunkt habe er seinen Cannabiskonsum mit Alkohol eindämmen wollen, aber wegen hoher Schulden kein Geld gehabt.
Nach einem Aufenthalt in der LVR gehe es ihm nun gut. Einmal im Monat dürfe er seine Kinder sehen. Das Schöffengericht belässt ihn vorerst in Freiheit, auch weil er in Lohn und Brot steht. Er bekommt eine sechsmonatige Haftstrafe und für die Bewährungszeit von drei Jahren einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt.
Durch regelmäßige Screenings auf eigene Kosten muss er seine Drogenfreiheit nachweisen. Klappt das nicht, muss er hinter Gitter. Und das für eine Tat, die keine Folgen hatte, betonte seine Pflichtverteidigerin: „Niemand wurde verletzt, und die Beute ist zurückgelangt.“