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Nach Streit angeschwärzt?Sankt Augustiner Fitnessstudiobetreiber wegen sexueller Belästigung vor Gericht

3 min
Amtsgericht Siegburg

Bis zuletzt beteuerte der Angeklagte aus Sankt Augustin seine Unschuld. 

Hat ein Fitnessstudiobetreiber eine Kundin begrapscht? Oder hat diese ihn nach einem Streit um Geld zu Unrecht beschuldigt? Darum ging es vor Gericht.

Bei Sexualstraftaten steht häufig Aussage gegen Aussage, vor Gericht geht es vor allem um die Glaubwürdigkeit des Opfers. So auch in einem Fall aus Sankt Augustin. Auf der Anklagebank saß der frühere Betreiber eines Fitnessstudios. Er soll eine Kundin begrapscht und beleidigt haben. Bis zum Schluss bestritt der 34-Jährige die Anklagevorwürfe.

Die Frau habe ihn wohl aus Rache angezeigt, nach einem Streit um Geld. Sie habe vorzeitig ihren Vertrag beenden wollen. Das sei aber laut der Vertragsbedingungen nicht möglich gewesen, sagte der Angeklagte. Die ganze Geschichte, die sich an einem Sommertag vor mehr als vier Jahren – in der Coronazeit – abgespielt haben soll, sei frei erfunden. 

Der Sankt Augustiner soll das Opfer von hinten umarmt und an den Brüsten berührt haben

Das sah das Gericht anders. Die Geschädigte habe glaubwürdig die Situation geschildert, es gebe keinen vernünftigen Zweifel an ihrer Version. Demnach soll der Mann sie auf der Treppe vor dem Studio von hinten umarmt, ihre Brüste unter dem Spaghettiträger-Top berührt und ihre Figur als fett kritisiert haben, sie sehe schon aus „wie eine typisch afrikanische Mama mit fünf Kindern“.

Ihre Mutter und ihre Schwester bestätigten im Zeugenstand, dass die 33-Jährige an diesem Tag zunächst am Telefon, dann bei einem Treffen aufgewühlt ihre Erlebnisse geschildert habe, sie sei „stinksauer“ auf den Mann gewesen, den sie aus ihrer Schulzeit kannte. Eine Freundin, die ebenfalls als Zeugin gehört wurde, sagte, sie habe der Geschädigten geraten, Anzeige zu erstatten.     

Diese ging aber erst mehr als zwei Monate später zur Polizei. Das monierte der Angeklagte. So sei ihm die Möglichkeit genommen worden, anhand der Aufzeichnung einer Überwachungskamera seine Unschuld zu beweisen. Die Filmaufnahmen seien zu diesem Zeitpunkt längst gelöscht gewesen.

Der Angeklagte wird für die Sexualstraftat zu einer Geldstrafe verurteilt

Er brachte Zeugen bei, die ihn entlasten sollten: einen Freund, der auch die Familie des Opfers kennt, und frühere Angestellte des Fitnessstudios. Sie lobten seine Freundlichkeit, die Vorwürfe hätten sie sehr erstaunt. Einer erinnerte sich an den Vermerk in der Akte der Kundin, diese habe in der Coronazeit nicht mehr zahlen wollen und ihr Geld zurückgefordert.

Der Angeklagte kritisierte auch das Glaubwürdigkeitsgutachten, in dem die teils unvollständigen und abweichenden Zeugenaussagen mit Erinnerungslücken erklärt wurden. Seinen Antrag auf ein neues Gutachten wies Richterin Seda Ataer ebenso zurück wie den zweiten Antrag, seinen Pflichtverteidiger zu entpflichten, da es keine Vertrauensbasis gebe.

Ihnen geht es darum, den Prozess in die Länge zu ziehen
Die Siegburger Amtsrichterin Seda Ataer zum Sankt Augustiner Angeklagten

„Ihnen geht es darum, den Prozess in die Länge zu ziehen“, sagte Ataer und warf dem Angeklagten vor, zu einem angesetzten Termin nicht erschienen zu sein. Ursprünglich sollte das Verfahren mit einem Strafbefehl erledigt werden, der Angeklagte war zu einer Geldstrafe von 3000 Euro (100 Tagessätze á 30 Euro) verurteilt worden. Er legte Widerspruch ein, deshalb folgte eine Hauptverhandlung, die sich aufgrund der vielen Zeugen über mehrere Stunden zog. 

Am Ende stand eine Geldstrafe von 1500 Euro für eine nicht besonders gravierende Sexualstraftat; es blieb aber bei den 100 Tagessätzen, nur die Höhe wurde gesenkt, da der Angeklagte mittlerweile Bürgergeld bezieht. „Dieser Rufmord hat meine Existenz vernichtet“, sagte der Sankt Augustiner, der bereits zwei Vorstrafen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und wegen Subventionsbetrugs hat. Er aber gebe nicht auf und plane eine neue Selbstständigkeit. Das Urteil akzeptierte er nicht, er kündigte an, in Berufung zu gehen.