Obwohl vor allem Bürger aus anderen Kommunen die Strecke nutzen, muss die Stadt mit der Taktverdichtung eine Million Euro mehr Nahverkehrsumlage zahlen.
Bürgermeister zweifelt an StatistikUnterführung für Linie 66 in Sankt Augustin könnte Stauproblem lösen

Die Linie 66 quert die Südstraße, die Schranke ist zu, es staut sich an der stark befahrenen Straße.
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Irgendwann läuft ein Fass über. Und man hat den Eindruck, dass dieser Punkt in der Politik in Sankt Augustin erreicht ist. Das Ratsbündnis aus CDU, FDP und Aufbruch stellt in einem gemeinsamen Antrag die Form der derzeit geplanten Taktverdichtung bei der Stadtbahnlinie S66/67 infrage. „Ich fahre fast jeden Morgen mit der Linie 66 von Hangelar ins Rathaus und zurück, auch zu den Hauptverkehrszeiten. Ich sehe nur dann überfüllte Bahnen, wenn es Ausfälle oder größere Verspätungen gibt“, so Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf über seine Beobachtungen. Und er zieht daraus seine Schlüsse. „Die Statistik, die der Kreis heranzieht, stellt aber auch in dieser Fahrtrichtung überlastete Bahnen dar.“ Es fehle seiner Meinung nach eine saubere und glaubwürdige Datengrundlage.
Nun muss man wissen, dass Leitterstorf vor seiner Zeit als Bürgermeister an der Hochschule Bonn-Rein-Sieg als Professor Betriebswirtschaft lehrte. Mit diesem profunden Wissen stellte er jetzt in der Sitzung des Planungsausschusses des Stadtrates fest: „Wenn eine Statistik Dinge aussagt, die man in der Realität so nicht bestätigen kann, dann muss eine neue Datengrundlage geschaffen werden.“ Im beschlossenen Antrag wird nun gefordert, dass das gesamte Projekt der Taktverdichtung der Linie S66/67 noch einmal überprüft wird. Die Stadt möchte ihre Interessen gegenüber dem Rhein-Sieg-Kreis und der Stadt Bonn stärker positionieren.
Karl Stiefelhagen beschreibt Linie 66 zur Hauptverkehrszeit als „elektrifizierte Ölsardinendose“
Ausschussmitglied Karl Stiefelhagen von den Grünen hatte auch Zweifel an der von der Stadt Bonn erstellten Statistik. Sein Parteikollege Christian Günter sah eine Taktverdichtung als nötig an. Er beschrieb die Stadtbahnwagen in der Hauptverkehrszeit als „elektrifizierte Ölsardinendosen“. Einig waren sich jedoch alle Ausschussmitglieder, dass es Kompensationsmaßnahmen geben müsse, wenn die Stadtbahnlinie ihren Takt erhöhe. Denn dann wären die Schranken an der Südstraße und Arnold-Janssen-Straße viel öfter geschlossen, was unweigerlich in der Hauptverkehrszeit zu einem Stau führe.
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An der Haltestelle Zentrum, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg könnte der Umbau beginnen.
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Und da setzte Leitterstorf an. Nach groben Berechnungen sei es wohl möglich, die Gleise der Stadtbahn von der Haltestelle Zentrum/Hochschule aus in Richtung Mülldorf unter der Südstraße entlangzuführen. „Warum hat sich der Rhein-Sieg-Kreis in den letzten sechs Jahren nicht intensiv damit beschäftigt?“, fragte er deutlich. Immerhin gäbe es einen Beschluss, dass sowohl der Rhein-Sieg-Kreis als auch Bonn über Kompensationsmaßnahmen nachzudenken hätten. Passiert sei dies aber seit Jahren nicht. Für ihn „völlig unverständlich.“
Dieser Kritik schloss sich auch Michael Richter von der SPD an. „Es fehlen noch immer Ideen für Kompensationsmaßnahmen.“ Ein Bedarf der Taktverdichtung sei da, doch was mit dem Verkehr auf der Straße passiere, darüber hätte sich noch niemand ernsthafte Gedanken gemacht. Auch er sprach sich für schrankenfreie Kreuzungen aus. Allerdings spricht sich die SPD für die Taktverdichtung aus und stimmte deswegen wie auch die Grünen gegen den Antrag der CDU. Der bekam jedoch mit den Stimmen der FDP und des Aufbruch die nötige Mehrheit.
Der Kreis, der auch alle Städte und somit ihre Einwohner vertritt, muss hier stärker finanziell in die Pflicht genommen werden.
Sankt Augustin ist wochentags Transitstrecke für tausende Menschen aus Siegburg und Bonn, die dort nicht wohnen. Die Stadt muss aufgrund der Länge des Schienennetzes durch ihr Gebiet einen Großteil der Kosten der Linien S66/67 tragen. In dem Antrag wird deshalb auch eine Änderung der Kostenverteilung gefordert. „Der Kreis, der auch alle Städte und somit ihre Einwohner vertritt, muss hier stärker finanziell in die Pflicht genommen werden“, fordert Leitterstorf.

Die Linie 66 startet und endet im Siegburger Bahnhof.
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Kommt die Taktverdichtung zu den Hauptverkehrszeiten, dann wird alle fünf Minuten eine Stadtbahn parallel auf den Gleisen an der Bonner Straße fahren. Wer dann an der Strecke steht, wird alle 2,5 Minuten eine Bahn aus der einen oder anderen Richtung sehen - so die Begründung des Antrages. Dann bricht der Verkehr zusammen, weil die Schranken mehr geschlossen als offen sind. So würde in Mülldorf der Rückstau bis auf die Bonner Straße (B56) führen. Schon im Mai hatte die CDU-Fraktion im Stadtrat Nachbesserungen gefordert.
Der Bürgermeister fordert daher, dass ein Planungsbüro die Kosten für eine Unterführung, vergleichbar mit einem tiefergelegten Trog, errechnet. Wie dieses Bauprojekt bezahlt werden kann, dazu hat Leitterstorf schon Ideen entwickelt. „Durch die Taktverdichtung muss sowohl der Kreis als auch die Stadt über die ÖPNV-Umlage jährlich eine Millionen Euro zahlen“, so der Bürgermeister zur Redaktion nach der Sitzung. Würde man jetzt zehn Jahre warten, kämen 15 bis 20 Millionen Euro zusammen, die gespart und dann in das Projekt investiert werden könnten. „Dazu könnten dann auch noch Mittel von Fördermaßnahmen des Landes und des Bundes kommen“, so Leitterstorf. Jetzt sind der Kreis und die Stadt Bonn gefordert.

